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Ex-Neonazi warnt Jugendliche vor Rechtsruck

Philip Schlaffer galt als gefürchteter Neonazi, heute ist er als Anti-Gewalt und De-Radikalisierungstrainer unterwegs und klärt über die Gefahren des Rechtsextremismus auf.
Philip Schlaffer galt als gefürchteter Neonazi, heute ist er als Anti-Gewalt und De-Radikalisierungstrainer unterwegs und klärt über die Gefahren des Rechtsextremismus auf. ©bvs
Neonazi-Aussteiger Philip Schlaffer und ehemaliger Hells Angels Kassra Zargaran klären Jugendliche in ihrem Vortrag „Hass schafft Gewalt“ über die Gefahren des Rechtsextremismus auf.
Ex-Neonazi warnt Jugendliche vor Rechtsruck

Lustenau. Es war ein Vortrag, der unter die Haut ging. Rund 300 Jugendliche aus Lustenau und Bregenz sind mit ihren Schulklassen zum Vortrag des ehemaligen deutschen Neonazis Philip Schlaffer (46) und Hells-Angels-Aussteiger Kassra Zargaran (38) am Freitag in den Reichshofsaal gekommen. Der Vorarlberger Familienverband und das dô haben die zwei namhaften Referenten nach Vorarlberg geladen. „Jugendliche sollten alles aus erster Hand erfahren. Über die Gefahren eines Rechtsruckes können die zwei Referenten am besten erzählen. Denn sie kommen aus der Szene“, erklärte Florian Gerer vom dô.

Menschen in Rassen eingeteilt

Aufmerksam hörten die Schüler den ungeschönten Ausführungen der beiden zu. Die Botschaft der beiden Extremismus-Aussteiger aus Deutschland: Lasst euch keinen Hass in eure Köpfe einpflanzen. Weder von eurem persönlichen Umfeld noch von hasserfüllter Musik und irgendwelchen radikalen Personen im Internet. Philip Schlaffer erzählte von seiner Kindheit, die entgegen allen Vorurteilen, schön verlief. Durch zwei von seinen Eltern erzwungenen Wohnwechseln kamen bei ihm Aggressionen auf. Irgendwann kam er in Kontakt mit der rechten Szene und tauchte dort immer tiefer ein. „Ich war derart mit Hass erfüllt und teilte die Menschen in Rassen ein, wobei ich mich selbst zur besten gezählt habe“, erzählte er. Bei den Neonazis fand er seine Ersatzfamilie, die Gemeinschaft und das Zugehörigkeitsgefühl, dass er suchte. 20 Jahre war er Teil der Neonazi-Szene, bis er dann – beim Verbot seiner Gruppe „Kameradschaft Werwolf“ – den Ausstieg schaffte. Heute ist er als Anti-Gewalt- sowie De-Radikalisierungstrainer unterweges und vermittelt seine Erfahrungen bei Konferenzen und Schulklassen. Seine wichtigste Mission: Vorurteile abbauen und aufklären. Den Rechtsruck in Deutschland sieht er mehr als kritisch.

Vom Traum zum Albtraum

Ähnlich verlief die Geschichte des ehemaligen Hells-Angels-Mitglied Kassra Zargaran, der durch Feindseligkeiten in der Schule gegen seine Hautfarbe irgendwann entschloss, lieber Täter als Opfer zu sein. Er landete bei den Hells Angels und wurde durch einen Mord in seinem Umfeld zu sieben Jahren Isolationshaft verurteilt. Er galt als Kronzeuge gegen die Hells Angels. Auch er will heute junge Menschen aufklären, dass sie nicht dieselben Fehler wie er begehen. „Das Leben ist zu schön, um sie für so eine Scheiße zu vergeuden“, sagte er den Schülern. Beide, Schlaffer und Zargaran, suchten in der Gemeinschaft der rechtsextremen Gruppierungen Halt und Anerkennung. „Wenn ihr ein komisches Bauchgefühl habt, wenn jemand in der Gruppe sagt, dass du etwas Bestimmtes machen oder nicht tun sollst, dann passt auf“, warnte Schlaffer.

Rechte Gruppierungen auf Vormarsch

Philip Schlaffer hätte nicht gedacht, dass die vielen rechten Gruppierungen wieder auftauchen. „Doch das tun sie gerade. Sie versprechen Gemeinschaft und Überlegenheit gegenüber Personen, die scheinbar schlechter sind, als ihr“, warnt er. „Passt auf, denn Hass kann sehr einfach in unsere Köpfe gesetzt werden!“ Die beiden Referenten gaben am Samstagabend einen weiteren Vortrag im Lustenauer dô, wo sie auch den Erwachsenen von ihren Erfahrungen und den Gefahren, die der Rechtsextremismus mit sich bringt, berichteten. Bvs

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