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Europas Schwäche im Kampf gegen den Terror

Geheimdienste und Sicherheitsbehörden tun sich mit Zusammenarbeit schwer
Geheimdienste und Sicherheitsbehörden tun sich mit Zusammenarbeit schwer ©APA/AFP
Erst vor zwei Monaten warnte die EU-Polizeibehörde Europol eindringlich vor neuen "groß angelegten Terroranschlägen" der Jihadistenmiliz IS in Europa. In vielen Ländern gelten längst dauerhaft hohe Terrorwarnstufen, doch die EU-Regierungen tun sich mit der Zusammenarbeit ihrer Sicherheitsbehörden und Geheimdienste weiter schwer. Daran werden auch die Anschläge von Brüssel so schnell nichts ändern.

Bomben in Flughäfen oder U-Bahnen wie in Brüssel; Schüsse auf Cafe-Terrassen, Selbstmordattentäter an Fußballstadien und Blutbäder in Konzerthallen wie in Paris – und dazu Attentäter, die offenbar unerkannt zwischen beiden Ländern unterwegs sind. Für Frankreichs Premierminister Manuel Valls haben die Terroristen Europa den “Krieg erklärt”.

Nach Europol-Informationen liegt er damit nicht falsch. Die Jihadistenmiliz “Islamischer Staat” (IS) habe Kommandos für Einsätze außerhalb ihres “Kalifats” in Syrien und Irak gebildet, warnte die Polizeibehörde Ende Jänner. Ziel seien in Europa “massenhaft Opfer in der Zivilbevölkerung”.

Auch wenn die belgischen Sicherheitsbehörden nun wie schon nach Paris erneut unter massiver Kritik stehen: Europa insgesamt mit seinen offenen Grenzen, nationalen Befindlichkeiten und langsamen Entscheidungsprozessen erscheint als eine einzige Schwachstelle, die Jihadisten offenbar systematisch ausnutzen.

Schon nach den Anschlägen auf die französische Satirezeitung “Charlie Hebdo” im Jänner 2015 in Paris beschlossen die Europäer ein Anti-Terrorzentrum bei Europol, um die Zusammenarbeit zu verstärken. Seine Arbeit nahm das European Counter Terrorism Centre (ECTC) erst ein Jahr später auf – nachdem abermals in Paris 130 Menschen bei einer Serie gleichzeitig verübter Anschläge getötet wurden.

40 bis 50 Spezialisten sammeln nun in Den Haag Informationen: über aus Syrien oder dem Irak zurückkehrende Jihad-Kämpfer, über Terrorismusfinanzierung und Extremisten-Propaganda im Internet. Doch der Erfolg der ECTC-Arbeit steht und fällt mit der Bereitschaft der Mitgliedstaaten, auch Informationen zur Verfügung zu stellen. (Mehr zum Thema: “5.000 Westeuropäer für IS in Syrien oder Irak”; Anm.)

Und daran hapert es weiter gewaltig. “Es ist besser geworden, aber es ist noch viel zu tun”, sagt eine EU-Diplomatin. Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) monierte erst am Mittwoch wieder, dass im Wesentlichen nur fünf Staaten Informationen lieferten. Der Rest sei säumig.

Aber ein europäisches FBI wird es wohl nie geben. Denn der Kampf gegen den gewalttätigen Extremismus ist wie die gesamte innere Sicherheit eine nationale Domäne. Hinzu kommen nicht nur lange Amtswege: Es gebe auch ein gewisses Misstrauen, ob Informationen “sicher in den Händen meiner Freunde sind”, beklagte Vizekommissionspräsident Frans Timmermans vergangenes Jahr.

Schon seit den Terroranschlägen vom 11. September 2001 in den USA gibt es die Counter Terrorism Group (CTG), der Nachrichtendienste der 28 EU-Staaten sowie der Schweiz und Norwegens angehören. Im Februar kündigten die CTG-Mitglieder eine neue “operative Plattform” zum Informationsaustausch an. Sie soll bis Ende Juni starten und voraussichtlich auch in Den Haag ihren Sitz bekommen.

Doch die Geheimdienste wollen weiter unter sich bleiben. Eine direkte Zusammenarbeit und enge Verzahnung mit dem Anti-Terrorzentrum bei Europol ist laut Bundesregierung nicht geplant. “Die Strukturen des ECTC werden nicht genutzt.” (APA/AFP)

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