EU-Wahl: Begeisterung bei Jungwählern besonders hoch

Unter dieser Altersgruppe herrscht eine besonders hohe Begeisterung für die Europäische Union. Laut einer aktuellen Umfrage sind 70 Prozent der 16- bis 29-Jährigen mit der EU zufrieden. Grüne und NEOS haben traditionell bei jungen Wählern die Nase vorn, aber laut der Umfrage steht auch die FPÖ derzeit hoch im Kurs.
Junge Wähler: EU-Begeisterung und Wahlbeteiligung
Die Gesamtzahl der Wahlberechtigten zwischen 16 und 29 Jahren wird laut Statistik Austria, basierend auf der aktuellen Bevölkerungszusammensetzung, am Wahltag am 9. Juni rund 1,2 Millionen betragen, darunter etwa 155.000 16- und 17-Jährige. Zusätzlich sind etwa 162.000 Wahlberechtigte unter 30 Jahren EU-Bürger mit Wohnsitz in Österreich. Sie haben die Wahl, ob sie bei der Wahl die österreichischen EU-Abgeordneten oder die EU-Vertreter ihres Heimatlandes wählen möchten.
EU-Zufriedenheit: Generationenunterschiede im Detail
Die höhere EU-Begeisterung unter den jüngeren Wählern ist wahrscheinlich darauf zurückzuführen, dass sie bereits als EU-Bürger geboren wurden. Personen, die am Wahltag im kommenden Jahr 29 Jahre alt sind, wurden bereits nach dem EU-Beitritt Österreichs am 1. Januar 1995 geboren.
Laut der Umfrage des Instituts für Demoskopie & Datenanalyse (IFDD) für die APA sind 14 Prozent der 16- bis 29-Jährigen "sehr zufrieden" und 56 Prozent "eher zufrieden" mit der Europäischen Union. Im Gegensatz dazu ist die Zufriedenheit bei älteren Altersgruppen deutlich geringer, wobei nur etwa 40 Prozent der Befragten über 30 Jahren mit der EU zufrieden sind. In der Altersgruppe von 30 bis 49 Jahren sind acht Prozent "sehr zufrieden" und 33 Prozent "eher zufrieden". Bei den Über-50-Jährigen sind nur drei Prozent "sehr zufrieden" und 37 Prozent "eher zufrieden".
Die niedrigere Zufriedenheit bei älteren Wählern spiegelt sich auch in der Wahlbeteiligung wider. Studien zeigen, dass die Wahlbeteiligung junger Menschen in der gesamten EU deutlich niedriger ist als die älterer Wähler. Bei der letzten Europawahl 2019 lag die Wahlbeteiligung der Unter-24-Jährigen laut einer Eurobarometer-Umfrage bei nur 42 Prozent, während die Wahlbeteiligung aller EU-Bürger bei 51 Prozent lag. In früheren Wahlen war die Wahlbeteiligung der jungen Wähler noch niedriger.

Parteipräferenzen: Wer hat bei den Jungen die Nase vorn?
Die Parteipräferenzen der jüngeren Wähler unterscheiden sich ebenfalls von denen der älteren Generation. Grüne und NEOS sind traditionell bei jungen Wählern beliebt. Bei der letzten EU-Wahl 2019 waren die Grünen bei den Unter-30-Jährigen mit 28 Prozent die stärkste Partei, während die NEOS von 14 Prozent der jungen Wähler gewählt wurden. Die FPÖ und SPÖ erzielten bei den Jungwählern ähnliche Ergebnisse wie insgesamt. In einer aktuellen Umfrage zur EU-Wahl hat die FPÖ derzeit bei den Jungwählern die Nase vorn, gefolgt von den Grünen und den NEOS. Die ÖVP und SPÖ liegen bei den jungen Wählern derzeit unter dem Durchschnitt.
In Österreich können junge Menschen ab 16 im kommenden Jahr bereits zum vierten Mal bei einer EU-Wahl ihre Stimme abgeben. EU-weit dürfen Wähler unter 18 allerdings nur in fünf Ländern bei den Europawahlen im Juni an die Urnen. Neben Österreich, Malta (jeweils ab 16) und Griechenland (ab 17) kommen 2024 auch Jungwähler in Deutschland und Belgien (jeweils ab 16) dazu.
Jungwähler unter 18 in fünf EU-Ländern
Was kann die Einbeziehung junger Menschen bewirken? In Deutschland kommen durch die 16- und 17-Jährigen etwa 1,3 Millionen Menschen zu den aktuell rund 60,4 Millionen Wählerinnen und Wähler ab 18 dazu, wie aus einer Studie der Bertelsmann-Stiftung hervorgeht. Der Stimmzuwachs für die Parteien würde dort somit nur im niedrigen einstelligen Prozentbereich liegen.
In Belgien können sich bei der nächsten Europawahl neben den bisher 8,2 Millionen Wahlberechtigten zusätzlich 271.000 16- und 17-Jährige sowie 575.000 Erstwähler im Alter von 18 bis 23 beteiligen. Anders als in den meisten anderen EU-Staaten gilt in Belgien eine Wahlpflicht.
In Österreich wird die Gruppe der wahlberechtigten 16- und 17-Jährigen nach einer Auswertung der Statistik Austria ausgehend von aktuellen Bevölkerungsstand zum Wahltag rund 155.000 Personen umfassen - 14.400 davon sind in Österreich ansässige EU-Bürgerinnen und EU-Bürger. Die 16- und 17-Jährigen werden damit knapp 2,2 Prozent der Wahlberechtigten hierzulande ausmachen.
Drei wichtige Themen für junge Menschen
In einer Eurobarometer-Umfrage des EU-Parlaments von 2021 nannten junge Menschen drei Themen, die ihnen besonders wichtig sind: den Kampf gegen Armut und soziale Ungleichheit (43 Prozent), die Bekämpfung des Klimawandels und den Schutz der Umwelt (39 Prozent) sowie Jobs und die Reduktion der Arbeitslosigkeit (37 Prozent). Was bedeutet das aber konkret für die Parteien? In Deutschland hat sich im Rahmen des bildungspolitischen Projekts U18, bei dem Kinder und Jugendliche unter 18 ihre Stimmen nur symbolisch abgeben können, gezeigt, dass sich ihr Wahlverhalten - zumindest bei gewissen Trends - nicht so stark von dem der Erwachsenen unterscheidet.
Aber wie sieht es überhaupt mit der Wahlbereitschaft der Jungen aus? Bei den Europawahlen 2019 gingen EU-weit - trotz eines deutlichen Anstiegs gegenüber 2014 - nur 42 Prozent der unter 25-Jährigen wählen. Ihre Beteiligung lag damit unter dem allgemeinen Durchschnitt von 50,66 Prozent.
In einer weiteren Eurobarometer-Umfrage gaben ein Jahr nach der Wahl 68 Prozent der Jungen an, aus praktischen und nicht aus ideologischen Gründen dem Urnengang ferngeblieben zu sein. Für das in Brüssel ansässige Europäische Jugendforum - eine Plattform von Jugendorganisationen in Europa - ist dies ein Grund, für die nächste Europawahl eine spezielle Informationskampagne für Jungwähler zu verlangen.
"Es muss noch mehr gemacht werden, um junge Menschen zur Wahl zu bringen"
Das Jugendforum appelliert an das Europaparlament und die nationalen Wahlbehörden, den jungen Menschen, von denen sich nicht wenige fernab ihrer Heimat aufhalten würden, im Vorfeld der Wahl gezielte Info-Pakete zukommen zu lassen. "Es muss noch mehr gemacht werden, um junge Menschen zur Wahl zu bringen", sagt Lauren Mason, Policy and Advocacy Managerin für das Europäische Jugendforum, im Gespräch mit der APA. Die Altersgruppe der Jungwähler sei "die mobilste" unter den Wahlberechtigten.
Die Ausweitung des aktiven Wahlrechts auf die Altersgruppe der 16- und 17-Jährigen entspricht einer langjährigen Forderung von Jugendorganisationen. Das Europäische Jugendforum verlangt in einer eigenen Kampagne im Kontext der bevorstehenden Europawahl generell die Absenkung des Mindestwahlalters auf 16 Jahre für alle lokalen, regionalen, nationalen und europäischen Wahlen. Junge Menschen seien im Europaparlament ohnehin unterrepräsentiert, argumentiert die Organisation. Das Durchschnittsalter bei EU-Abgeordneten liegt demnach bei 50 Jahren, nur sechs von 705 EU-Abgeordnete seien aber unter 30. Das seien genau so viele Abgeordnete wie mit dem Vornamen Martin.
Nach Worten von Mason ist Österreich, das sein Wahlrecht bereits 2007 angepasst hat, "definitiv" zu einem europaweiten Vorbild für Wählen ab 16 geworden. Anders als etwa in Belgien, wo die Jugendlichen nur an den Europawahlen teilnehmen dürften, habe Österreich junge Menschen auf allen Ebenen zu Wahlen zugelassen, so die Expertin.
"Mit 16 treffen junge Menschen bereits wichtige Lebensentscheidungen, indem sie aktiv zur Gesellschaft beitragen und ein ausgeprägtes Bewusstsein für aktuelle Probleme zeigen", erklärte Mason in einem Statement für die Kampagne ihrer Organisation. "Indem man ihnen das Wahlrecht gewährt, stärken wir nicht nur ihre Teilhabe an der Politik, sondern stärken auch unsere demokratischen Prozesse."
(APA/Red)
Du hast einen Hinweis für uns? Oder einen Insider-Tipp, was bei dir in der Gegend gerade passiert? Dann melde dich bei uns, damit wir darüber berichten können.
Wir gehen allen Hinweisen nach, die wir erhalten. Und damit wir schon einen Vorgeschmack und einen guten Überblick bekommen, freuen wir uns über Fotos, Videos oder Texte. Einfach das Formular unten ausfüllen und schon landet dein Tipp bei uns in der Redaktion.
Alternativ kannst du uns direkt über WhatsApp kontaktieren: Zum WhatsApp Chat
Herzlichen Dank für deine Zusendung.