EU-Urheberrechtsnovelle: Twitch-User in Panik

Dass Emmett Shear, der Chef des Live-Streaming-Portals Twitch, kein Freund der EU-Urheberrechtsnovelle ist, ist kein Geheimnis. Nun äußerte er sich in einem Interview besorgt über die Konsequenzen, die diese künftig für Benutzer haben könnte, wie “futurezone.at” berichtete.
Shear: “Der Entwurf ist schlecht”
Schon vor der Abstimmung über die neue EU-Urheberrechtsnovelle stand der Twitch-Chef dieser äußerst kritisch gegenüber. Dementsprechend groß fiel Shears Missfallen über den Ausgang des Votums aus.
Besonders Artikel 13 war ihm von Anfang an ein Dorn im Auge: Dieser besagt, dass jeder einzelne Live-Stream, der auf Twitch ausgestrahlt wird, synchron analysiert werden müsse. Dies sei allerdings technisch so gut wie unmöglich.
“Der Entwurf ist schlecht. Es ist total unklar, was wir machen müssen, um uns an die neuen Regeln zu halten”, macht Shear seinem Unverständnis Luft.
Streaming von Video- und Computerspielen
Twitch wird vor allem benutzt, um Video- und Computerspiele zu streamen oder sich eben solche anzusehen. Sie nehmen sich selbst in Echtzeit beim Spielen der Spiele auf und andere sehen ihnen live dabei zu.
Die ersten potenziellen Folgen der #Urheberrechtsreform kündigen sich bereits an! Wegen anbahnenden Uploadfiltern erwägt #Twitch Ausschluss von #EU-Nutzern mit #Geoblocking!https://t.co/7mVYrg949P
— Alpha Team Systems & Consulting (@Alphateamsystem) 3. April 2019
Durch Sponsoren oder das Schalten von Werbung haben die Nutzer, ähnlich wie bei YouTube, die Möglichkeit, so ihre Brötchen zu verdienen. Das Problem an der Sache: Das Live-Streaming-Portal hat keinerlei Rechte an den Spielen, der darin vorkommenden Musik oder den Inhalten.
Durch die neue Urheberrechtsnovelle kann die EU Twitch also fortan wegen Copyrightverstößen rechtlich belangen. Im schlimmsten Fall wäre es deswegen europäischen Nutzern vielleicht nicht mehr möglich, auf dem Portal zu streamen oder andere Streams anzusehen.
Panikmache auf Twitter
Diese pessimistische Prognose löste große Panik in den sozialen Netzwerken aus. Auf Portalen wie Twitter oder Reddit werden dem Twitch-Chef die Worte im Mund verdreht. Ein Beispiel hierfür ist Shears Aussage, dass er auf keinen Fall zulassen werde, dass Streams aufgrund der Musik gesperrt werden.
“Wir werden uns dafür einsetzen,dass das Gesetz eine faire Nutzung erlaubt und Leuten ermöglicht zu experimentieren und neue Dinge auszuprobieren”, waren die Worte des Twitch-Chefs. Auf Twitter wurde daraus jedoch folgendes Statement: „User werden sofort gesperrt, wenn jemand im In-Game-Voice-Chat Musik abspielt.“
Ähnlich verhält es sich mit anderen angeblichen Statements zur momentanen Situation, welche auf Twitter veröffentlicht wurden, wie etwa “europäische Zuschauer von internationalen Streams ausgeschlossen“, „sofortige Account-Sperren, auch wenn man nichts dafürkann“ und „Europäische Twitch-Streamer werden arbeitslos“.
Die Szenarien, die in den sozialen Netzwerken als Shears Wortlaut verkauft werden, sind in Wahrheit also genau das Gegenteil von dem, was er tatsächlich möchte: Der Chef des Live-Streaming-Portals möchte nämlich genau diese Dinge verhindern.
Für #Twitch ist es lukrativer, sich aus Europa zurückzuziehen als Urheberrechtsfragen mit einer Handvoll Gamestudios zu klären, auf deren geistigem Eigentum das Twitch-Geschäftsmodell zu 100% gründet? Ich glaube das ist leider ein eher schlechtes Beispiel gegen #Artikel13
— Jonas (@HrJonas) 3. April 2019
Problem falsch angegangen
Shear sieht das größte Problem der Regelung darin, dass an die Situation falsch herangegangen werde. Die Urheber des Entwurfs verstünden nicht, worum es auf der Plattform eigentlich ginge. Die Urheberrechtsnovelle würde auf Biegen und Brechen Content-Piraterie stoppen wollen. Dabei würde aber keine Rücksicht auf IT-Unternehmen genommen.
Im Idealfall sollte mit der Novelle zwar der Diebstahl von anderer Leute Arbeit verhindert, gleichzeitig aber auch auf jene Streaming-Portale wie Twitch eingegangen werden. Für letztere sollte es bestimmte Regelungen geben, die ihnen weiterhin die Verwendung urheberrechtlichgeschützten Materials, mit gewissen Einschränkungen, erlaubt.
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