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EU schlägt schrittweise Einführung der deutschen Pkw-Mau vor

Kommission hält Tür für einen Kompromiss offen
Kommission hält Tür für einen Kompromiss offen
Im Streit um die Einführung der Pkw-Maut in Deutschland hält die Europäische Kommission der deutschen Regierung laut einem Zeitungsbericht die Tür für einen Kompromiss offen. Die EU-Kommission habe ihre Bereitschaft signalisiert, einer möglichen schrittweisen Einführung der Maut zuzustimmen, berichtete die Zeitung "Die Welt.
Brüssel plant Verfahren gegen Maut
EU-Kommission geht gegen Maut vor
Deutsche Pkw-Maut ist beschlossen

Den Vorschlag habe die Europäische Kommission bereits im vergangenen November in Verhandlungen mit deutschen Beamten gemacht. Der Vorteil dieser Lösung sei es, dass damit auch die von der Regierung geplante Entlastung der deutschen Autofahrer durch Nachlässe bei der Kfz-Steuer von der Einführung der Maut entkoppelt werde, hieß es laut “Welt”.

Brüssel: “Ausländermaut” wäre Diskriminierung

Vor allem an diesem Gegengeschäft stößt sich die Europäische Kommission, aber auch Mitgliedstaaten wie Österreich. Brüssel befürwortete zwar eine Maut in Deutschland, wie sie in Europa weitgehend üblich ist. Doch eine de-facto-“Ausländermaut” lehnt Brüssel als unzulässige Diskriminierung der EU-Nachbarn ab. EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker kündigte daher ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Berlin an.

Die “Welt” schrieb weiter, bisher habe der Kompromissvorschlag der Kommission nicht die Zustimmung von Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) gefunden. Die Gespräche würden aber fortgeführt. “Wir stehen weiterhin im intensiven Kontakt mit den deutschen Behörden”, erklärte die Europäische Kommission auf Anfrage der Zeitung.

Opposition fordert Stopp der Vorbereitungen

Unterdessen forderte die deutsche Oppositionspartei Die Linke, dass der Bund die Vorbereitungen zur Maut-Einführung wegen hoher finanzieller Risiken bis zur Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) stoppen solle. “Solange die europarechtlichen Fragen um die Pkw-Maut nicht geklärt sind, darf die Bundesregierung keinen Cent in das Mautsystem stecken”, sagte der Linken-Verkehrspolitiker Herbert Behrens der “Welt”. Behrens warnte: “Sollte die Senkung der Kfz-Steuer vor dem Europäischen Gerichtshof scheitern, liefe das angesichts der Bestimmungen des Koalitionsvertrages auf einen haushälterischen Schaden von 450 Millionen Euro hinaus.”

Bund müsste 447,9 Mio. Euro im Voraus investieren

Anlass von Behrens’ Forderung ist laut “Welt” die schriftliche Antwort des Verkehrsministeriums auf Anfragen der Linken zu den im Voraus anfallenden Implementierungskosten, die vor Einführung der Pkw-Maut vom Bund getätigt werden müssen. Daraus gehe hervor, dass der Bund 447,9 Millionen Euro im Voraus investieren müsse. Der größte Teil entfällt demnach auf den Aufbau des elektronischen Systems, mit dem ein noch zu suchender Privat-Betreiber die Maut erheben soll. Hierfür seien laut Ministerium einmalig 321 Millionen Euro geplant.

Hinzukämen beim Bundesamt für Güterverkehr in den Jahren 2015 und 2016 Kosten von rund 40,3 Millionen “für die Implementierungsphase” und weitere zehn Millionen einmalig beim Kraftfahrt-Bundesamt. Zusätzliche Vorab-Kosten fallen dem Bericht zufolge beim deutschen Finanzministerium an, das alle Sätze der Kfz-Steuer um die entsprechenden Maut-Beträge senken müsse. Für jene Umstellung der Kfz-Steuer sei im entsprechenden Gesetz ein einmaliger Erfüllungsaufwand von insgesamt 76,6 Millionen Euro bis 2017 festgelegt worden. Insgesamt ergäben sich somit an Implementierungskosten 447,9 Millionen Euro, berichtete die “Welt” unter Berufung auf die Stellungnahme des Ministeriums.

Die Pkw-Maut auf einen Blick

DIE MAUT…

Gilt für inländische Autobesitzer auf Autobahnen und Bundesstraßen und Pkw-Fahrer aus dem Ausland nur auf Autobahnen.

Kostet Inländer im Schnitt 74 Euro Jahresmaut, je nach Größe und Umweltfreundlichkeit des Autos; für Ausländer gibt es außerdem eine ebenso gestaffelte Zehn-Tages- und Zwei-Monats-Maut (5 bis 30 Euro).

Bezahlen müssen unterm Strich nur die Ausländer, Inländer sollen ihr Geld über eine niedrigere Kfz-Steuer zurück bekommen.

Wird kontrolliert durch elektronischen Abgleich der Autokennzeichen, es gibt also keine Klebe-Vignette.

Bringt laut Ministerium nach Abzug der Systemkosten 500 Millionen Euro jährlich ein; Kritiker bezweifeln das.

Chronologie zur deutschen Pkw-Maut

Wichtige Etappen auf dem Weg der deutschen Pkw-Maut vom Wahlkampfschlager der CSU zur Verwirklichung:

  • 23. Juni 2013: Im gemeinsamen Unions-Programm für die Bundestagswahl fehlt die Pkw-Maut – die Schwesterpartei CDU ist dagegen.
  • 15. Juli 2013: Die CSU nimmt eine Pkw-Maut “für Reisende aus dem Ausland auf deutschen Autobahnen” in ihr eigenes Wahlprogramm auf.
  • 1. September 2013: Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sagt im TV-Wahlkampfduell: “Mit mir wird es keine Pkw-Maut geben.”
  • 27. November 2013: CDU, CSU und SPD vereinbaren die Einführung einer Pkw-Maut im Koalitionsvertrag der neuen schwarz-roten Regierung.
  • 10. April 2014: Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) verkündet: “Am 1. Januar 2016 wird die Pkw-Maut scharf gestellt.”
  • 7. Juli 2014: Dobrindt präsentiert sein Konzept: Die Maut tauft er “Infrastrukturabgabe”, kassiert werden soll sie auf allen Straßen.
  • 1. September 2014: Nach Protest aus Teilen der CDU wegen befürchteter Negativ-Effekte für Grenzregionen spricht Merkel ein Machtwort für die Maut: “Sie steht im Koalitionsvertrag, und sie wird kommen.”
  • 17. Dezember 2014: Das Kabinett beschließt die Maut – für Autobahnen und Bundesstraßen, für ausländische Pkw nur auf Autobahnen.
  • 6. Februar 2015: Der Bundesrat meldet umfassende Einwände gegen die Maut-Pläne an. Zustimmungspflichtig sind sie aber nicht.
  • 18. März 2015: Die SPD knüpft ihre Zustimmung an Bedingungen, unter anderem Änderungen an den Kurzzeittarifen für ausländische Wagen.
  • 27. März 2015: Trotz offener Zweifel an den erhofften Einnahmen und der EU-Zulässigkeit beschließt der Bundestag die Einführung der Maut.
  • 8. Mai 2015: Gegen den Widerstand mehrerer Länder billigt der Bundesrat das umstrittene CSU-Wunschprojekt.

(APA, DPA)

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