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EU-Kommission geht rechtlich gegen deutsche Pkw-Maut vor

Nicht alle sind einverstanden mit der deutschen Pkw-Maut
Nicht alle sind einverstanden mit der deutschen Pkw-Maut
Die EU-Kommission geht rechtlich gegen Deutschlands umstrittenen Beschluss zur Einführung einer Pkw-Maut vor.

Das berichtet die “Welt” und zitiert in ihrer Samstagsausgabe hochrangige Kommissionskreise mit den Worten: “Wir werden gegen Deutschland ein Vertragsverletzungsverfahren wegen der Pkw-Maut einleiten, weil sie ausländische Fahrer diskriminiert und damit gegen EU-Recht verstößt.”

Auch Österreich drängte auf Prüfung

Österreich hat immer wieder auf eine Prüfung der Mautpläne gedrängt. Verkehrsminister Alois Stöger (SPÖ) forderte zuletzt EU-Verkehrskommissarin Violeta Bulc in einem Brief auf, die Abgabe auf ihre Vereinbarkeit mit dem EU-Recht abzuklopfen.

Dem Bericht der “Welt” zufolge beginnt das Verfahren, das in einer Klage vor dem Europäischen Gerichtshof münden kann, möglicherweise noch vor Beginn der Sommerpause Anfang August. Dies hänge auch davon ab, wann der Text im deutschen Gesetzesblatt veröffentlicht wird. Der Bundesrat in Berlin hatte Anfang Mai das Prestigeprojekt der bayrischen Christdemokraten (CSU) gegen den Widerstand mehrerer anderer deutscher Bundesländer gebilligt.

Kommissionssprecher zunächst zurückhaltend

Die Kommission bestätigte den Bericht der “Welt” über Schritte gegen die deutsche Pkw-Maut zunächst nicht explizit. EU-Kommissionssprecher Jakub Adamowicz erklärte auf Anfrage zu dem Thema lediglich: “Für die Europäische Kommission ist von großer Bedeutung, dass bei der Einführung der Pkw-Maut das Prinzip der Nicht-Diskriminierung beachtet wird.” Generell begrüße die Behörde, dass die Pkw-Maut nach dem Verursacherprinzip funktioniert und die Autofahrer zur Finanzierung von Straßen heranzieht, hieß es.

Die Abgabe soll 2016 kommen. Deutsche Autofahrer zahlen dann für Autobahnen und Bundesstraßen eine Jahresmaut, die nach Größe und Umweltfreundlichkeit des Autos gestaffelt ist, im Schnitt 74 Euro. Nicht-Deutsche sind dann auf Autobahnen mautpflichtig, für sie gibt es auch eine Zehn-Tages- oder eine Zwei-Monats-Maut.

EU-Recht untersagt Benachteiligung von Ausländern

Brüssel hatte bereits angekündigt, die Maut genau unter die Lupe zu nehmen. Denn die Abgabe zahlen unterm Strich nur die ausländischen Fahrer, Inländer sollen ihr Geld über eine niedrigere Kfz-Steuer zurückbekommen. Das EU-Recht untersagt aber die Benachteiligung von Ausländern.

Die Pkw-Maut auf einen Blick

DIE MAUT…

Gilt für inländische Autobesitzer auf Autobahnen und Bundesstraßen und Pkw-Fahrer aus dem Ausland nur auf Autobahnen.

Kostet Inländer im Schnitt 74 Euro Jahresmaut, je nach Größe und Umweltfreundlichkeit des Autos; für Ausländer gibt es außerdem eine ebenso gestaffelte Zehn-Tages- und Zwei-Monats-Maut (5 bis 30 Euro).

Bezahlen müssen unterm Strich nur die Ausländer, Inländer sollen ihr Geld über eine niedrigere Kfz-Steuer zurück bekommen.

Wird kontrolliert durch elektronischen Abgleich der Autokennzeichen, es gibt also keine Klebe-Vignette.

Bringt laut Ministerium nach Abzug der Systemkosten 500 Millionen Euro jährlich ein; Kritiker bezweifeln das.

Chronologie zur deutschen Pkw-Maut

Wichtige Etappen auf dem Weg der deutschen Pkw-Maut vom Wahlkampfschlager der CSU zur Verwirklichung:

  • 23. Juni 2013: Im gemeinsamen Unions-Programm für die Bundestagswahl fehlt die Pkw-Maut – die Schwesterpartei CDU ist dagegen.
  • 15. Juli 2013: Die CSU nimmt eine Pkw-Maut “für Reisende aus dem Ausland auf deutschen Autobahnen” in ihr eigenes Wahlprogramm auf.
  • 1. September 2013: Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sagt im TV-Wahlkampfduell: “Mit mir wird es keine Pkw-Maut geben.”
  • 27. November 2013: CDU, CSU und SPD vereinbaren die Einführung einer Pkw-Maut im Koalitionsvertrag der neuen schwarz-roten Regierung.
  • 10. April 2014: Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) verkündet: “Am 1. Januar 2016 wird die Pkw-Maut scharf gestellt.”
  • 7. Juli 2014: Dobrindt präsentiert sein Konzept: Die Maut tauft er “Infrastrukturabgabe”, kassiert werden soll sie auf allen Straßen.
  • 1. September 2014: Nach Protest aus Teilen der CDU wegen befürchteter Negativ-Effekte für Grenzregionen spricht Merkel ein Machtwort für die Maut: “Sie steht im Koalitionsvertrag, und sie wird kommen.”
  • 17. Dezember 2014: Das Kabinett beschließt die Maut – für Autobahnen und Bundesstraßen, für ausländische Pkw nur auf Autobahnen.
  • 6. Februar 2015: Der Bundesrat meldet umfassende Einwände gegen die Maut-Pläne an. Zustimmungspflichtig sind sie aber nicht.
  • 18. März 2015: Die SPD knüpft ihre Zustimmung an Bedingungen, unter anderem Änderungen an den Kurzzeittarifen für ausländische Wagen.
  • 27. März 2015: Trotz offener Zweifel an den erhofften Einnahmen und der EU-Zulässigkeit beschließt der Bundestag die Einführung der Maut.
  • 8. Mai 2015: Gegen den Widerstand mehrerer Länder billigt der Bundesrat das umstrittene CSU-Wunschprojekt.

(APA/dpa/red)

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