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Etappenwerk

"Wir wollten mit wenig Mitteln ökologisch sanieren und Räume schaffen, in denen wir uns wohlfühlen können." (Josef Fersterer, Bauherr)
"Wir wollten mit wenig Mitteln ökologisch sanieren und Räume schaffen, in denen wir uns wohlfühlen können." (Josef Fersterer, Bauherr) ©vai | Sonja Entner
Göfis - Ein Altbestand aus den 1960er-Jahren war Ausgangspunkt für die etappenweise Sanierung eines Wohnhauses in der Gemeinde Göfis. Mit wenigen Eingriffen und einfachen Mitteln findet eine Familie neuen Wohnraum in alten Mauern.
Umbau Haus Wehinger-Fersterer

Das Szenario, mit dem sich das Ehepaar Wehinger-Fersterer in Göfis konfrontiert sah, kennen viele Bauherren: ein geerbter Altbestand, eingebettet in eine dörfliche Siedlungsstruktur, ca. 50 Jahre alt und dringend sanierungsbedürftig. Die Bauaufgabe, die sich daraus ergab, war ebenso klassisch: Aus dem Altbestand sollte ein ökologisch vertretbares Einfamilienhaus werden, das den Ansprüchen der Bauherrenfamilie sowohl räumlich, gestalterisch als auch finanziell entsprechen sollte. Darüber hinaus musste die permanente Bewohnbarkeit des Hauses, das zu Beginn der Bauzeit noch von zwei Parteien bewohnt war, während der gesamten Umbauzeit garantiert sein. Die Besitzerfamilie entschied sich so für ein Etappenwerk, das zunächst die thermische Sanierung des Gebäudes vorsah, um sich in einer zweiten Bauphase den Innenräumen und deren Neugestaltung zu widmen.

Architektin Sonja Entner begleitete die Bauherren durch eine langwierige Planungsphase. „Ziel war nicht die Schaffung einer neuen, herausragenden Architektur, sondern die Begleitung einer Familie bei der Gestaltung eines soliden Wohnraumes, der gut gegliedert, ökologisch wertvoll ausgestattet und energetisch sinnvoll im Betrieb sein sollte“, bringt die Architektin die Bauaufgabe auf den Punkt. „Wir hatten familienintern ganz unterschiedliche Prioritäten“, ergänzt der Bauherr.

„Während mir vor allem die ökologisch effiziente Sanierung des Gebäudes und die neue Heizanlage am Herzen lagen, waren meiner Frau Barrierefreiheit, die Verwendung von möglichst natürlichen Materialien und ästhetische Gestaltung wichtig.“ Im Bereich der Haustechnik entschied sich das Paar für den Einsatz einer Erdwärmepumpe mit Grabenkollektoren in Kombination mit einer Photovoltaikanlage, die zusammen mit neuen Fenstern und einer entsprechenden Wärmedämmung für die Energieeffizienz des Gebäudes sorgen soll.

Es brauchte viele Anläufe und Gespräche mit der Architektin, um in den bestehenden Räumen alle Funktionalitäten unterzubringen und herauszufiltern, welche Teile Bestand haben und welche erneuert und ausgetauscht werden sollten. Der erhaltenswerte Buchenboden im Obergeschoß gab so den Ausschlag für die Wahl von geölter Buche als bevorzugtem Oberflächenmaterial im ganzen Haus. Erhalten blieben auch die funktionstauglichen Bodenelemente im Eingangsbereich und auf der Terrasse sowie die grundsätzliche Aufteilung der Räume und ein gewundenes, metallenes Stiegengeländer, das charmant auf die ursprüngliche Errichtungszeit des Gebäudes verweist.

Neu hingegen ist das von Licht bestimmte Raumgefühl. Zusätzliche Fenster, die in Fensterbändern vertikal und horizontal angeordnet wurden, verleihen den Innenräumen eine der Hausstruktur ursprünglich nicht eigene Großzügigkeit. Ein besonderer Kunstgriff war die Strukturierung der Räume durch Schiebetüren, die zwischen abgeteilten Räumen oder großer Wohnfläche entscheiden lassen. Der Wohnraum erweitert sich so nach Bedarf um ein Vielfaches von der Küche bis zum eigentlichen Wohnzimmer in den Gang hinein und nimmt so in kleinem Maßstab die historische Idee des fließenden Raumkontinuums auf.

Der Wunsch nach Barrierefreiheit war eines der dringenden Anliegen der Bauherrin, die bedingt durch ihre berufliche Tätigkeit am ifs Institut für Sozialdienste Vorarlberg hier besonders sensibilisiert auf die sich im Laufe des Lebens ändernden Wohnbedürfnisse ist, sowie um die Schwierigkeit der nachträglichen Implementierung behindertengerechter Ausstattung weiß und diese Erfordernisse daher bereits beim Umbau mitdenken wollte. „Diese Anforderung umzusetzen, war eine der schwierigsten Aufgaben, ist aber durch einen breiten Gang und den Einsatz von verschiebbaren Türen weitestgehend gelungen und setzt sich auch im Obergeschoß fort. Dieses birgt die Rückzugsorte der Familie: Schlafräume, Kinderzimmer und ein weiteres Bad“, so Entner.

Die Küche, von Architektin Sonja Entner gemeinsam mit dem Tischler Leo Metzler geplant, ist ebenso von Kompaktheit und Sparsamkeit geprägt, bei Erfüllung aller wichtigen Funktionen. „Wir haben die Verwendung geölter Buche auch in der Wohnküche fortgesetzt und das Holz mit einer dunklen Steinarbeitsplatte kombiniert. Die Durchgängigkeit der Materialien ist besonders in diesem, eigentlich kleinen Raum wichtig. Die Verwendung von dunklem Naturstein findet sich im Eingangs- sowie Badbereich wieder. Darüber hinaus habe ich mir einen Computerarbeitsplatz am Fenster in der Küche gewünscht und bekommen“, freut sich die Bauherrin. Auf die bald fünfköpfige Familie wartet nun nach der eineinhalbjährigen Bewohnung einer Baustelle ein entspannter Frühling im neuen Heim.

Daten & Fakten

Objekt: Umbau Haus Wehinger-Fersterer, Göfis
Bauherr: Angelika Wehinger und Josef Fersterer
Architektur: entnerarchitektur ZT GmbH
Planungszeitraum: 2011–2013
Ausführung: 2011–2013
Grundstücksgröße: 1163 m²
Nutzfläche: 152 m²
Besonderheiten: Ausführung in 2 Bauetappen, Thermische Sanierung Gebäudehülle 2011, Innenausbau 2013
Haustechnik: Wärmepumpe Erdwärme mit Grabenkollektor, Photovoltaikanlage
Ausführende Firmen: Baumeister Nägelebau GmbH, Sulz, Fenster Kieber Johannes, Schruns, Dämm- und Verputzarbeiten Momcilo Stankovic, Hohenems, Sonnenschutz Nelu, Bludesch, Spengler Entner Dach GmbH & Co KG, Rankweil, Photovoltaikanlage, Lins Dach & Fassade GmbH, Feldkirch, Heizung-Sanitärinstallation Dorfinstallateur, Feldkirch, Elektroinstallation Reisegger, Feldkirch, Bodenleger Parkett Nikl, Rankweil, Steinmetz Stein Lampert, Göfis, Glaser Lechleitner Herbert, Koblach, Tischler Leo Metzler, Bezau
Energiekennwert: 38 kWh/m²a
Baukosten: 200.000 Euro

Quelle: Leben & Wohnen – die Immobilienbeilage der Vorarlberger Nachrichten

Für den Inhalt verantwortlich:
vai Vorarlberger Architektur Institut
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