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"Es sagte mir, bleib drinnen"

"Jo hoi, Isabella“. Die korpulente Dame richtet sich von ihrem Krankenbett leicht auf und begrüßt ihre Besucherin. Sonntagnachmittag, Stadtkrankenhaus Dornbirn. Ein sicherer und guter Ort für Rosa Meusburger.

Weit weg vom Schrecken, der sie zwei Tage zuvor aufsuchte. Dem sie aber im Gegensatz zu elf ihrer MitbewohnerInnen des Vinzenzheims von Egg lebend entkam. „Es geht mir gut“, sagt Rosa Meusburger. Und schickt zur Untermauerung ihrer Aussage ein überzeugendes Lächeln nach.

Es wurde laut

Eingebrannt in ihrem Bewusstsein sind freilich die furchtbaren Momente an diesem verhängnisvollen Freitag­abend. „Ich saß in meinem Zimmer und schaute fern. Zuvor hatte ich noch Strümpfe gewaschen“, beginnt die frühere Magd ihre Schilderung. Zufrieden sei sie auf ihrem Stuhl gesessen, „als es auf einmal nach Rauch stank. Ich habe das nicht verstanden. Sehr wohl konnte sie, die sonst schwerhörig ist, akustisch verstehen, „dass es draußen im Gang plötzlich sehr, sehr laut wurde. Ich ging zur Tür und öffnete sie. Draußen im Gang war alles nur noch voll Rauch.“ Warum sie nicht auch versuchte zu flüchten, wie viele ihrer Heimkollegen? „Es sagte mir: Rosa, bleib drinnen. Schließ die Tür und warte. Warum das so war, kann ich nicht sagen.“

Später informiert

Warum auch immer: Rosa tat genau das Richtige. Sie verharrte in ihrem Zimmer und wartete auf Hilfe. Wie lange das dauerte, weiß sie nicht. Doch irgendwann einmal kam Rettung durch das Fenster. Mit einem Korb wurde sie nach unten gelassen. Meusburger wusste nicht gleich, was passiert war. „Nur gingen mir einige der anderen Heiminsassen ab. Vor allem die Paulina, denn die mochte ich sehr.“ Als sie dann im Dornbirner Krankenhaus über das Ausmaß der Tragödie mit den vielen Toten informiert wurde, „war ich vollkommen verzweifelt. Es ist das alles so schlimm.“ Rosa war sehr gerne im Vinzenzheim. 1995 kam sie dorthin. „Nie und nimmer wolle sie in ein Altersheim, hat sie zuerst gesagt. Doch als sie dann, nach dem Tod ihres Bruders mit dem sie zusammen wohnte, doch ging, gefiel es ihr bald“, berichtet Isabella Hiller, Frau eines Cousins von Rosa Meusburger. Wie es jetzt weitergeht, weiß Rosa nicht. Auch nicht, wo sie hinkommt. Sie weiß nur: Ihr heiß geliebter Fernseher ist verbrannt. Genauso wie all ihre Kleidung, außer jener, die sie in der Brandnacht am Leibe trug. Doch das, so weiß sie, wird irgendwie zu ersetzen sein. Nicht jedoch ihre liebe Freundin Paulina.

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