"Es muss freiwillig sein": Spitalsmitarbeiter entscheiden, ob sie Abtreibungen durchführen

Darum geht's:
- Die Mitarbeiter des LKH Bregenz können freiwillig bei Abtreibungen mitwirken.
- Die Freiwilligkeit wird betont und niemand wird zum Mitmachen gezwungen.
- Die Abtreibungen werden als privatleistung durchgeführt und nicht auf der Gynäkologie.
Ab Ende November werden Schwangerschaftsabbrüche als Privatleitung am LKH Bregenz durchgeführt. Bei der Mahnwache am Montag meinte eine diplomierte Krankenschwester, das Personal dürfe nicht gedrängt werden, bei einem Schwangerschaftsabbruch mitzuarbeiten. Er habe die Berichterstattung mitverfolgt und auch das Interview mit ihr gesehen, verdeutlicht Thomas Steurer, Zentralbetriebsrat der Landeskrankenhäuser.

Freiwilligkeit: Kein Druck auf das Personal
"Vom Personal her stellt man das jeder und jedem frei, ob er oder sie während dieser Behandlung, während dieser Abtreibung, dabei ist oder nicht", gibt Steurer gegenüber VOL.AT zu verstehen. Es beruhe auf Freiwilligkeit, erklärt Steurer gegenüber VOL.AT. "Das Wichtigste ist: Es wird niemand gedrängt, es wird niemand irgendwie genötigt oder gezwungen. Da legen wir auch viel Wert drauf. Das muss freiwillig sein." Das sei auch so mit der Krankenhausleitung, der Krankenhausbetriebsgesellschaft und der Politik besprochen worden, betont er. "Niemand muss und es wird niemand reingedrängt. Sobald wir das mitkriegen, stehen wir natürlich auf der Matte", so der Personalvertreter. Auch die von der Dornbirnerin angesprochene Gewissensfreiheit des Personals sei ein wichtiger Punkt: "Wenn jemand sagt, ja ich kann das aus Gewissensgründen nicht da mitmachen, will nicht dabei sein, überhaupt in dem Raum sein, dann muss er das auch nicht tun", meint Steurer. Es sei nun einmal so entschieden worden, dass das Krankenhaus Bregenz zuständig sei. "Aber im Prinzip könnte das jedes Haus machen", so der Personalvertreter.


Privatkliniken als Alternative?
Er habe auch das Interview mit Christoph Alton von der "Plattform für das Leben" gesehen, in der dieser sage, man solle es in Privatkliniken verlegen. "Ja in welche Privatklinik, frage ich mich", erklärt Steurer hierzu. Ihm falle in Vorarlberg keine Privatklinik ein, in der die möglich wäre. Das sei der erste Punkt. "Zweitens ist es so – wenn man das privat macht – dann handelt es sich genauso um eine Abtreibung. Ob ich das in einem Privatbereich mache oder in einem Krankenhaus, wie das andere Bundesländer offenbar können", so der Zetralbetriebsrat. Wieso das in Vorarlberg nicht möglich sein solle, wisse er nicht.


"Jetzt putzt man sich halt an Bregenz ab"
Böse Zungen behaupten, die Mitarbeiter in den Spitälern müssten nun ausbaden, was die Politik entschieden habe. "Nein, was soll man ausbaden, wir haben verschiedene Fächer und wir haben eine Gynäkologie, die übrigens zu Dornbirn gehört", erklärt Steurer hierzu. Der Hauptsitz des Primariats liege in Dornbirn. "Und jetzt putzt man sich halt an Bregenz ab", meint der Personalvertreter im VOL.AT-Gespräch. Abtreibungen würden aber eh nicht auf der Gynäkologie, sondern als ambulante Leistung durchgeführt. "Es ist, als ob man – ich sage das jetzt mal so – in die Unfallambulanz kommt: Man lässt sich den Finger anschauen, man lässt sich den Finger versorgen, muss ihn nicht nähen und geht wieder heim", zieht der Zentralbetriebsrat einen Vergleich. Sowohl bei der Ärzteschaft als auch in der Pflege passiere alles auf freiwilliger Basis, betont er.
"Das gehört alles auch dazu"
Primar Michael Rohde, Leiter der Gynäkologie und Geburtshilfe im Bregenzer Spital, wies im Rahmen der Debatte bereits darauf hin, dass das Fach gerne "in den Kontext der schönen Seite gesetzt" werde. Aber auch der "schwerere Bereich" gehöre zum Berufsfeld, so Rohde. "Ja, das gehört genauso dazu", meint auch Steurer. So könne es abseits der Abtreibungen etwa auch bei Kaiserschnitten zu Blutungen kommen. Oder es könne ein Kind bei oder nach der Geburt sterben. "Das haben wir alles. Das gehört alles auch dazu", so der Zentralbetriebsrat. Im Anderen gebe es etwa in Ordinationen die Möglichkeit einer medikamentösen Abtreibung. "Die wird das praktiziert und da redet niemand drüber", verdeutlicht er. Dabei handle es sich nur um eine andere Form. "Die Frauen kommen ja nicht rein und sagen, du, ich würde gerne mal abtreiben und man sagt ja, legst dich mal hin und jetzt machen wir das", gibt Thomas Steurer zu verstehen. Stattdessen handle es sich um einen langen Prozess.
Ein schwieriger Prozess, nicht nur für die Frauen
Es müsse eine Möglichkeit zur Abtreibung geben, meint Steurer. „Das ist mir mal lieber so, als in irgendwelchen Hinterhöfen“, gibt er zur Lösung in Vorarlberg zu verstehen. Immer wieder gebe es derzeit Mahnwachen von Gegnern. „Da werden wir uns dran gewöhnen müssen“, betont der Zentralbetriebsrat. „Das ist ihr gutes Recht, sollen sie, aber trotzdem: Ich glaube nicht, dass eine Frau sich das da einfach irgendwie so leicht macht und sagt, ja, ich gehe jetzt da mal vorbei.“ Auch für die betroffenen Frauen, die sich schlussendlich für eine Abtreibung entscheiden, sei es meist ein langer und schwieriger Prozess. Das dürfe man nicht vergessen.
(VOL.AT)
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