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"Es fehlen nur noch Menschen mit Herz" – Lustenauer Verein sucht verzweifelt Nachfolger

Astrid Übelhör, Schriftführerin des Marionettentheaters.
Astrid Übelhör, Schriftführerin des Marionettentheaters. ©VOL.AT/Emilia Waanders
Ein Stück Vorarlberger Geschichte droht zu verschwinden: Nach 50 Jahren soll das letzte Marionettentheater Vorarlbergs schließen. Doch eine Frau kämpft mit Herzblut darum, dass die Puppen weiter tanzen dürfen.

Es ist ein Abschied, der weh tut. Seit über einem halben Jahrhundert verzaubert das Lustenauer Marionettentheater Kinder und Erwachsene mit liebevoll handgefertigten Figuren, fantasievollen Stücken und jeder Menge Herzblut. Doch jetzt steht der Verein vor dem Ende.

"Wir müssen unseren Verein schweren Herzens auflösen", sagt Astrid Übelhör, Schriftführerin und seit über 20 Jahren Teil des Ensembles. "Viele unserer Mitglieder sind inzwischen über 70 Jahre alt – und wir finden einfach niemanden mehr, der das weitermachen möchte."

Video: Nach 50 Jahren droht Vorarlbergs Marionettentheater zu verstummen

"Das ist unbezahlbar"

Astrid Übelhör war gerade einmal Anfang zwanzig, als sie zum ersten Mal hinter die Bühne trat. "Ich war damals die Jüngste im Verein", erzählt sie mit einem Lächeln. "Wir haben zusammen gebastelt, gebaut, geprobt – das war fast wie eine kleine Familie."

Die Faszination, aus Holz und Fäden lebendige Figuren entstehen zu lassen, hat sie nie losgelassen. "Das war immer das Schönste – zu sehen, wie aus einem Stück Holz plötzlich eine Persönlichkeit wird", sagt sie. "Und wenn man dann auf der Bühne steht und sieht, wie die Kinderaugen leuchten – das ist unbezahlbar."

Die Puppen, Kostüme und Bühnenbilder sind alle handgefertigt. ©handout/privat

Besonders am Herzen liegt ihr ein Stück: "Die feuerrote Friederike" nach dem Buch von Christine Nöstlinger. "Das war mein erstes Stück hier – und gleichzeitig das erste, das wir restauriert haben. Die alte Puppe haben wir wieder hergerichtet, frisch bemalt, neu eingekleidet – das war eine richtige Herzensarbeit."

"Wir sind die Einzigen, die solche Stücke für Kinder machen"

Über 60 Puppen wurden im Verein selbst angefertigt. ©handout/privat

Was viele nicht wissen: Das Lustenauer Marionettentheater ist das einzige seiner Art in ganz Vorarlberg. "Das nächste Marionettentheater ist in Lindau, aber die spielen Opern für Erwachsene", erklärt Übelhör. "Wir sind die Einzigen, die solche Stücke für Kinder machen."

Gerade in Zeiten von Handys und Tablets sei es schade, dass diese Kunstform verschwindet. "Viele Kinder kennen so etwas gar nicht mehr – eine Bühne, auf der Puppen von echten Menschen gespielt werden. Und selbst Erwachsene sind immer wieder fasziniert, wie lebendig das wirkt." Nach jeder Vorstellung habe es Applaus und staunende Gesichter gegeben.

Hinter den Kulissen. ©handout/privat

"Es wäre einfach schade"

Hinter den Kulissen steckt jahrelange Arbeit. Jede Marionette ist ein Einzelstück – vom Kopf über die Hände bis zum Spielkreuz wurde alles selbst gefertigt. "Da sind tausende Arbeitsstunden drin", sagt Übelhör. "Wir haben rund 60 Puppen und acht komplette Stücke – mit Bühnenbildern, Requisiten, Tonaufnahmen, Licht- und Tonanlage. Alles ist bereit zur Aufführung."

Umso trauriger wäre es, wenn all das in Kisten landet. "Es wäre einfach schade, wenn diese Figuren und Geschichten in einem Keller verschwinden", sagt sie leise.

Der Verein sucht begeisterte Nachfolger. ©handout/privat

"Es fehlen nur noch Menschen mit Herz"

Ganz aufgegeben haben die Lustenauerinnen den Traum noch nicht. "Wir hoffen, dass sich jemand findet, egal wo in Vorarlberg findet, der das weitermachen möchte", betont Übelhör. "Wir würden am Anfang auch helfen, das Wissen weitergeben, beim Spielen unterstützen. Das kann jeder lernen, wirklich!"

Mindestens zehn engagierte Menschen würde es brauchen, um das Theater wiederzubeleben – für Ton, Licht, Bühne, Puppenspiel. "Alles ist da – es fehlen nur noch Menschen mit Herz", sagt sie und lächelt hoffnungsvoll.

Über 50 Jahre Arbeit steckt in der Puppensammlung des Lustenauer Marionettentheaters. ©handout/privat

"Ich wäre glücklich, wenn ich wieder in einer Aufführung sitzen dürfte"

Zum Schluss wird Astrid Übelhör nachdenklich. "Wenn sich wirklich niemand findet, dann wäre das wahnsinnig schade. Aber wenn irgendwo in Vorarlberg jemand die Bühne übernimmt – dann wäre ich einfach nur glücklich, wenn ich einmal als Zuschauerin dabei sein darf."

Und wer weiß – vielleicht findet sich ja doch jemand, der die Fäden übernimmt und die Magie des Lustenauer Marionettentheaters weiterleben lässt.

Kontakt

Interessierte können sich direkt bei Astrid Übelhör unter der Nummer 0664/88786851.

Astrid Übelhör mit Rumpelstilzchen. ©handout/privat

(VOL.AT)

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