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Erste Gedenkfeier für verstorbene Flüchtende

In der Neuen Kapelle des Schrunser Friedhofes ließ Hubert Sander die Gedenkfeier musikalisch ausklingen.
In der Neuen Kapelle des Schrunser Friedhofes ließ Hubert Sander die Gedenkfeier musikalisch ausklingen. ©Gerhard Scopoli
Die HUMANITY MEMORIAL GROUP lud dazu in den Hauptort des Montafons. Als "Ort des Respekts", hat das Tal "eine lange Tradition in der Flüchtlingshilfe zur Rettung bedrohter Menschen".
Gedenkfeier in Schruns

Schruns (sco). In ehrendem Gedenken an all jene Flüchtenden, die zu Tausenden auf ihrem Weg nach Europa ihr Leben lassen “mussten”, versammelten sich unlängst Dutzende Menschen im Schrunser Münster. Fünf Minuten legte die große Münsterglocke ihre mächtige stählerne Stimme über das Herz des Montafons. Eine Einladung, ein “Weckruf”, innezuhalten und in christlicher Nächstenliebe für die Opfer zu beten.

Veränderte Realität

„Wir beobachten eine veränderte Realität. Vertreibung betrifft aktuell nicht nur viel mehr Menschen, sondern sie ist auch kein kurzfristiges und vorübergehendes Phänomen mehr”, zitierte die HUMANITY MEMORIAL GROUP beim Totengedenken den UN-Flüchtlingshochkommissar Filippo Grandi. “Wir brauchen eine grundlegend neue und positivere Haltung gegenüber allen, die fliehen, gepaart mit einem viel entschlosseneren Bestreben, Konflikte zu lösen, die jahrelang andauern und die Ursache dieses immensen Leidens sind.“

Zahl fast verdoppelt

Weltweit hat sich die Zahl der Vertriebenen binnen der letzten zehn Jahre nahezu verdoppelt. Rund 80 Millionen Menschen sind heute Flüchtlinge, Binnenvertriebene oder Staatenlose. “In Bezug auf Schruns hieße dies, dass von den ca. 3900 Einwohnerinnen und Einwohnern 23 Erwachsene und 16 Kinder auf der Flucht sind”, berichtete Elisabeth Gruber, die das Gedenken zusammen mit Karin Sander-Pichler, Christa Engstler und Andreas Postner gestaltet hatte. Bei 40 Prozent aller Vertriebenen auf der ganzen Erde handelt es sich um Kinder unter 18 Jahren. “4,2 Millionen Menschen unter den 80 Millionen sind Asylsuchende. In Österreich wurden laut Statistik des Bundesministeriums für Inneres bis vergangenen November 12.558 Asylanträge gestellt”, sagte Sander-Pichler.

40.555 dokumentierte Todesfälle

Geistlich begleitet wurde das berührende Totengedenken von Pfarrmoderator Hans Tinkhauser. Während der Feier wurde eine “List of deaths” im Mittelgang des Gotteshauses aufgelegt: 40.555 dokumentierte Todesfälle von Flüchtlingen, die auf ihrer Flucht Richtung „Festung Europa“ gestorben sind. Gesammelt wird die Liste von UNITED, dem Europäischen Netzwerk gegen Nationalismus, Rassismus und Faschismus. Davon las die offene Gruppe exemplarisch Einzelschicksale vor – alle vom Februar des Vorjahres. Dieser kleine Ausschnitt aus der gesamten Liste wurde anschließend neben dem Gedenkstein aufgehängt, der in der Neuen Kapelle des Schrunser Friedhofes niedergelegt wurde. Hubert Sander ließ die Versammlung dort mit einem handgeschlagenen Schweizer Percussionsinstrument, dem “Hang”, musikalisch ausklingen.

Offene Gruppe

Die HUMANITY MEMORIAL GROUP ist eine offene Gruppe, die im Ländle seit 2019 eine Sonntagsdemo und zwei Mahnwachen organisiert und durchgeführt hat. Schauplätze waren Bregenz und Bludenz. “Unsere letzte Veranstaltung in Bludenz war übrigens eine Herbergssuche knapp zwei Wochen vor Weihnachten – mit Zelten beim Nepomukbrunnen, Theaterstück und einem Redebeitrag des Schrunser Bürgermeisters Jürgen Kuster”, berichtete die Initiative. In der offenen Gruppe engagieren sich Franz Bickel, Christa Engstler, Dr. Renate Fleisch, Elisabeth Gruber, DI Alexander Haumer, Judith Konzett, DI Andreas Postner, Hubert Sander, Karin Sander-Pichler, Dr. Alexandra Steininger, Andrea Steurer, Konrad Steurer Msc, Mag.a Maria-Regina Tarmann, Christine Tarmann und Waltraud Travaglini-Konzett. Im Ländle soll es weitere Gedenkfeiern für die Todesopfer geben.

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