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Erhöhte Sicherheitsvorkehrungen bei Terror-Prozess gegen 27-Jährigen

Der Prozess rund um einen mutmaßlichen Terroristen in Krems hat begonnen
Der Prozess rund um einen mutmaßlichen Terroristen in Krems hat begonnen ©APA
Am Dienstag begann ein mehrtägiger Geschworenenprozess rund um einen 27-Jährigen, der sich wegen Begehung einer terroristischen Straftat, versuchte Bestimmung zu Mordanschlägen, Beteiligung an einer terroristischen Vereinigung sowie Widerstand gegen die Staatsgewalt und Verleumdung zu verantworten hat.

Ein Urteil beim Prozess in Krems ist für den 24. Juli 2017 geplant, im Gerichtsgebäude galt Film- und Fotografierverbot.

Terror-Prozess in Krems mit erhöhten Sicherheitsmaßnahmen begonnen

Der staatenlose Beschuldigte, geboren in Palästina, wurde von schwerbewaffneten und maskierten Beamten in den Saal geführt. Im  Der Angeklagte war im Frühjahr 2016 nach Österreich gekommen und hatte vor seiner Festnahme im Juli 2016 in einer Asylunterkunft im Bezirk Gmünd gewohnt. Von dort aus soll er – über Gratis-WLAN – Terroranschläge in Jerusalem geplant und organisiert haben. In seiner Heimat sei er einschlägig vorbestraft und nach einem Schuldspruch in Gaza 2005 mehrere Jahre in Haft gesessen, so die Anklägerin.

Die Staatsanwaltschaft warf dem Beschuldigten vor, über Facebook-Messenger und WhatsApp zu Mordanschlägen durch Zünden und Werfen von Sprengsätzen im Nahen Osten aufgerufen zu haben. “Das ist kein ganz alltäglicher Prozess, keine ganz normale Verhandlung”, erklärte die Staatsanwältin zu Beginn ihres Vortrages. Der Angeklagte habe als Mitglied der terroristischen Vereinigung Hamas terroristische Straftaten begangen, er sei das, was man als Jurist und Nicht-Jurist als Terrorist bezeichne.

Angeklagter als mutmaßlicher Anstifter

Der 27-Jährige sei der Kopf dahinter gewesen und habe andere angestiftet, Terroranschläge für ihn zu begehen, sagte die Anklägerin. Über Facebook Messenger habe er mit zwei ihm unbekannten Personen Kontakt aufgenommen – diese wählte er laut der Staatsanwältin über ihre Facebook-Profile aus und verwendete eine codierte Sprache. Er habe die Männer gefragt, ob sie Unterstützer der Hamas seien. Mit “Äpfel” seien beispielsweise Handgranaten gemeint gewesen, diese sollten die Attentäter in Jerusalem in eine Menschenmenge von jüdischen Siedlern werfen. Die Terroranschläge sollten möglichst noch vor dem Fastenmonat Ramadan 2016 stattfinden, sagte die Staatsanwältin.

“Beide Attentäter erklärten sich bereit, sie waren bereit, die Anschläge durchzuführen.”. Die Männer wollten laut Anklägerin unabhängig voneinander illegal einreisen, wurden aber in Israel an unterschiedlichen Checkpoints festgenommen und ihre Mobiltelefone mit der Facebook- und WhatsApp-Kommunikation sichergestellt. Der Beschuldigte leugne die Taten, ein von ihm behauptetes Hacking habe es aber nicht gegeben, das sei technisch eindeutig erwiesen, betonte die Anklägerin. Sowohl in den belastenden als auch in den nicht-belastenden Chats finden sich laut Staatsanwältin die selben Rechtschreibfehler, wodurch sie von demselben Verfasser stammen müssten. Die objektive Beweislage sei “erdrückend”, sagte die Vertreterin der Anklagebehörde.

Zudem musste sich der 27-Jährige wegen Widerstandes gegen Justizwachebeamte sowie des Vorwurfes falscher Verdächtigungen gegen den Amtsarzt der Haftanstalt sowie Justizwachebeamte verantworten. Er soll mit Händen und Füßen Beamte getreten und geschlagen haben, als sie ihn zum Arzt bringen wollten. Bei einer Haftprüfungsverhandlung soll er angegeben haben, Justizwachebeamte hätten ihn auf Anordnung des Arztes geschlagen. Es handle sich um erfundene Vorwürfe, sagte die Staatsanwältin.

Der Mann bekannte sich laut Übersetzung des Dolmetschers teilweise schuldig zu den Terrorismus-Vorwürfen und nicht schuldig zu dem angeklagten Widerstand gegen die Staatsgewalt und zur angelasteten Verleumdung. Ihr Mandant sei kein Mitglied der Hamas, sagte die Verteidigerin. Er gebe den Kontakt mit den zwei Männern zu, dieser sei aber rein freundschaftlich gewesen. Die Chats habe er nicht selbst verfasst.

Chats auf Tablet und Handy sichergestellt

Der Angeklagte war im Frühjahr 2016 nach Österreich eingereist, seine mit dem zweiten gemeinsamen Kind schwangere Ehefrau blieb in Gaza. Auf Tablet und Handy des 27-Jährigen wurden Chats mit den mutmaßlichen potenziellen Attentätern sichergestellt, etwa über die politische Zugehörigkeit. “Ich habe ihn gefragt, ob er Grün ist. Das bedeutet Hamas”, berichtete der Beschuldigte laut Übersetzer. Auf einen der beiden mutmaßlichen potenziellen Attentäter wurde der Angeklagte durch das Facebook-Profil aufmerksam, das den Mann in der Al Aqsa-Moschee in Jerusalem zeigte. Der 27-Jährige initiierte den Kontakt via Freundschaftsanfrage. Es folgten zahlreiche Nachrichten zwischen den beiden Männern über Facebook Messenger und WhatsApp, der Beschuldigte gab vor, das Studium der Militärwissenschaften und Scharia abgeschlossen zu haben. Auf Tablet und Handy wurden laut der Richterin Videos und Bilder u.a. zu Hamas und Munition sowie Kampfgesänge sichergestellt – diese hatten ihm Bekannte geschickt, meinte der 27-Jährige, der in der Justizanstalt Wien-Josefstadt in U-Haft sitzt.

Hamas habe er während seiner neunjährigen Haft in Israel kennengelernt und sich dieser Gruppierung zugehörig gefühlt, gab der Angeklagte an. Zwei seiner Brüder seien Hamas-Mitglieder, einer der beiden sei umgebracht worden. Nach seiner Haftentlassung Mitte 2013 arbeitete der Angeklagte eigenen Angaben zufolge als Goldschmied und setzte sich dafür ein, den von Israel verhafteten Palästinensern zu helfen. Dadurch sei er auch in den Medien präsent gewesen.

Ehefrau war als Journalistin tätig

Der Angeklagte berichtete, Informationen an seine als Journalistin tätige Frau weitergegeben zu haben, die diese im Internet veröffentlichte. Die Hamas habe ihn verdächtigt, mit den Israelis zu kooperieren, derartige Anschuldigen gebe es auch in den eigenen Reihen. Ende 2014 sei er deshalb von Vertretern der Organisation befragt worden. “Ich habe mich zurückgezogen und mich entschieden, das Land zu verlassen”, meinte er laut Übersetzer. Als Gründe für seine Ausreise nannte er seine Haft in Israel, Krieg und seine Erfahrung mit Hamas.

In Einvernahmen während des Ermittlungsverfahrens hatte der Angeklagte unterschiedliche Versionen dazu erzählt, hielt ihm die vorsitzende Richterin vor. Unter anderem hatte der Mann berichtet, nach mehreren Befragungen aus Angst vor der Hamas ausgereist zu sein. Er sei verbal gefoltert worden, meinte der 27-Jährige dazu. Es seien weitere schriftliche Ladungen zu Befragungen durch die Hamas gefolgt, er habe um sein Leben gefürchtet. Nach rund einem Jahr an Planung und Vorbereitung war er Richtung Österreich ausgereist.

Buchstabenkombinationen BO und MB

In der weiteren Befragung des Angeklagten im Terror-Prozess in Krems standen am Dienstagnachmittag Protokolle der Nachrichten des 27-Jährigen mit den beiden mutmaßlichen potenziellen Attentätern im Mittelpunkt. So schickte der Beschuldigte laut dem aus dem Arabischen übersetzten Chat-Protokoll u.a. die Buchstabenkombinationen BO und MB – was zusammengesetzt das englische Wort für Bombe ergibt. Der 27-Jährige antwortete während der Verhandlung immer wieder ausweichend. Er gab zu, die Nachrichten verfasst zu haben, meinte mitunter aber zur vorsitzenden Richterin: “Ich kann mich nicht genau erinnern.” bzw. “Ich habe mich verschrieben.” Zuerst kommunizierte der Angeklagte jeweils mit den Männern über Facebook, dann über WhatsApp. In Bezug auf “Äpfel” – laut Staatsanwältin ein Codewort für Handgranaten – hieß es etwa am 27. Juni: “Bei Gott, die sind vorhanden.” bzw. “Was vorhanden ist, sind Nägel und Schrauben und so.” Weiters war zum laut Anklage beabsichtigen Anschlagsort Jerusalem im Chat zu lesen: “Dort wird es verlangt, weil es dort viele Menschen gibt.”

Mehrmals hieß es “Die Äpfel sind bereit”, außerdem drehte sich die Unterhaltung darum, Unterstützer anzuheuern. Der Angeklagte beteuerte, er habe den Mann nur aufgefordert, Fotos von der Al Aqsa-Moschee auf dem Tempelberg in Jerusalem zu machen: “Mit Bomben und solchen Geschichten habe ich nichts zu tun.” Er sei “kein Psychologe und kein Prophet” und könne andere Leute nicht innerhalb von fünf Tagen für Hamas gewinnen bzw. von einem Anschlag überzeugen, übersetzte der Dolmetscher die Angaben des Angeklagten. Dem gegenüber steht laut Gerichtsangaben die Aussage eines in Israel inhaftierten mutmaßlichen potenziellen Attentäters, wonach er einen Anschlag in Jerusalem begehen sollte. Das stimme nicht, meinte der Beschuldigte.

Auch “Ellbogen” erwähnte sein Kontakt – ein Begriff “für Bomben, jeder Junge in Palästina kann die herstellen”, meinte der 27-Jährige. Er bestritt, wegen Herstellung und Mithilfe bei der Produktion von Rohrbomben mehrere Jahre in Haft gewesen zu sein. Grund für seinen Gefängnisaufenthalt sei gewesen, dass er Steine geworfen habe.

(APA/Red.)

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