Juni 1970 starb, war allen – die ihn gekannt hatten – klar, dass dieser Mann seine Fahne nie „in den Wind“ gehängt, dass er nie – wie viele andere – ein Opportunist gewesen war. Man hatte stets gewusst, woran man bei ihm war. Aus seiner politischen Einstellung hatte er nie einen Hehl gemacht, obwohl diese ihm immer wieder Ärger einbrockte und ihn „um ein Haar“ ins KZ-Dachau gebracht hätte.
Junger Sozialist
Friedrich Janetschka wurde am 29. Oktober 1879 in Stockach (Lechtal) geboren. Aus einer kinderreichen Familie stammend erlernte er den Beruf des Mechanikers und trat er im Alter von 19 Jahren der Sozialdemokratischen Partei als aktives Mitglied bei. Seine ersten Spuren in Vorarlberg setzte er als Austräger der sozialdemokratischen „Wacht“, die er unter anderem in 16 Bregenzer Gasthäusern auflegte. Es war dies im Jänner 1919, knapp zwei Monate nach dem Untergang der Habsburgermonarchie. Janetschka wohnte zu dieser Zeit in Bregenz, Steinebachstraße 14.
Hitler im Schaufenster
Der Harder Altarchivar Ernst Köhlmeier erinnert sich: „Ich habe Janetschka als Kind noch persönlich gekannt. Er hatte seine Werkstatt in der Hofsteigstraße an der Stelle, wo heute das Elektrohaus Kolb steht. Wenn er gut aufgelegt war, sind wir Kinder zu ihm in seine Fahrradwerkstätte gegangen. Vor dem Haus betrieb er auch eine Tankstelle. Janetschka war ein eingefleischter Sozialist und Nazigegner. Deshalb wurde er gezwungen, während der Nazizeit ein großes Hitlerbild in sein Schaufenster stellen. Als die Franzosen einrückten, war das Hitlerbild immer noch im Schaufenster, doch Hitler war mit einer Seilschlinge um den Hals ‚aufgehängt’.“
Gerade Linie
Für Janetschka war es lebenslang klar, dass er zu seiner politischen Einstellung stehen wird. Auch als er bereits als selbständiger Mechaniker ein eigenes Geschäft besaß, fühlte er mit der „arbeitenden Klasse“. Schon im österreichischen Ständestaat hatte 1934 in seiner Wohnung und Werkstätte eine Hausdurchsuchung stattgefunden. „Während der Nazizeit sollte er wegen seiner politischen Einstellung ins KZ Dachau kommen, doch er war in Hard eine geachtete Person und so setzten sich sogar örtliche Nazifunktionäre für sein Verbleiben ein“, weiß seine Tochter Monika Täferle zu berichten und sagt voller Überzeugung: „Mein Vater war ein Rebell, ein Freiheitskämpfer!“ Für seine jahrzehntelange Treue erhielt er im Alter die „Viktor-Adler-Plakette“ – die höchste Auszeichnung der Sozialdemokratie – verliehen.
Kriegsende
In den letzten Tagen des NS-Regimes wurde Friedrich Janetschka– unter der Schreibweise ‚Janetzka’ – im Bregenzer Gefangenenhaus in Geiselhaft genommen. Im Lexikon ‚Verfolgung und Widerstand in Vorarlberg 1933 -1945, erstellt und publiziert von der Johann-August-Malin-Gesellschaft wird als Quelle dafür das „GeBBr (Gefangenenbuch des Bezirksgerichts Bregenz) 683/45“ angeführt.
Am Vormittag des 1. Mai 1945 waren in Hard bereits die ersten weißen Fahnen gehisst worden. Da noch am selben Tag SS im Dorf einzog, mussten diese Fahnen auf Befehl und unter Drohung der SS schnellstens wieder entfernt werden. Der Führer dieser Truppe hatte seinen Befehlsstand ins Haus Hofsteigstraße 30 (Janetschka!) gelegt! Kurz vor Mitternacht zog die SS ab. Sogleich wurde in der Janetschka-Werkstätte – der „rote“ Mechaniker war wieder auf freiem Fuß – eine weiße Fahne gebastelt, mit der dann Bürgermeister Rudolf Gunz, Altbürgermeister Franz Josef Birnbaumer, Vinzenz Schwärzler sowie Eugen und Armin Hermann sich am 2. Mai gegen 7 Uhr morgens über die geprengte aber noch begehbare Achbrücke zu den Franzosen begaben, um die kampflose Übergabe von Hard anzubieten. Noch in der Nacht hatte ein deutsches MG-Nest am Wuhrkopf durch Handgranatenwurf Feuer von hinten bekommen. Wie in diesem Zusammenhang die Aussage von Janetschkas Tochter Monika zu verstehen ist, („Mein Vater hat MG-Nester an der Ach demoliert.“), bleibt offen. Jedenfalls scheint Janetschka auch im Besitz einer oder mehrerer Waffen gewesen zu sein, denn „die Franzosen haben meinen Vater kurze Zeit in Haft genommen.“
Der Mechaniker
Im April 1920 eröffnete der Dornbirner Mechaniker A. Feuerstein in Höchst, Brugg Nr 19, eine Filiale seiner Mechanikerwerkstätte, deren Geschäftsleiter Mechaniker Fritz Janetschka war. In der weiteren Folge muss Janetschka diese Werkstätte erworben haben, denn im August 1926 gab er bekannt, „dass ich meine Mechanische Werkstätte mit Fahrzeughandlung von Höchst, Brugg Nr 19 nach Hard, Reichsstraße Nr 204 verlegt habe. Eigene Schweißanlage und Emaillierung, Vernickelung.“ Die Werkstätte, Fahrradhandlung mit Tankstelle gehörte jahrzehntelang zum Dorfbild von Hard. Der verstorbene Harder Bürgermeister Gerhard Köhlmeier (1938 – 2006) erinnerte sich: „Mit Dosen und Flaschen sammelten wir als Kinder das Restbenzin, das aus dem Schlauch der Tankstelle beim Mechaniker Janetschka tropfte, für Vaters Motorrad.“ Janetschka war selbst bis ins hohe Alter Motorradfahrer. Am 21. Juni 1970 verstarb Friedrich Janetschka – 24 Tage nach seiner Frau – im 91. Lebensjahr. „Ein allgemein sehr geachteter Mitbürger, der auch in wechselvollen und schicksalsschweren Zeiten (…) seiner politischen Gesinnung (…) treu geblieben ist. Er musste dadurch manches Unangenehme in Kauf nehmen“, so der Harder Pfarrer bei der Beerdigung.
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