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"Eines Tages kam eine Rechnung zurück"

Feldkirch (VN)  Wie der ­mutmaßliche Express-Kopierer Harald S. am Landes­gericht Feldkirch aufflog. Gerichtssprecher Reinhard Flatz im VN-Interview.
Geld für Gerichtstermin verlangt

Die Staatanwaltschaft wirft dem suspendierten Gerichtsbeamten vor, er habe zwischen 1995 und 2009 Aktenkopien für Verfahrensbeteiligte hergestellt und sich dafür 400.000 Euro auf ein privates Konto überweisen lassen. Wieso hat das Präsidium den Fall erst 2009 angezeigt, obwohl die Praktiken des Mitarbeiters bei Gericht offenbar schon länger bekannt waren und mehrmals untersagt wurden?

Reinhard Flatz: Die für die Justizverwaltung verantwortlichen Personen haben von den Vorgängen, so wie sie jetzt bekannt sind, keine Kenntnis gehabt. Unbestritten ist die Tatsache, dass es in der Vergangenheit in Sachen Aktenkopien Probleme und auch eine Beschwerde gegeben hat.

 

Was waren das für Vorfälle, wann sind sie aufgetreten und was wurde konkret dagegen unternommen?

Reinhard Flatz: Grundsätzlich muss man sagen, dass es bezüglich der Kopien bis 1984 überhaupt keine klare Regelung gab. Dadurch hat sich für die Justizverwaltung eine Praxis herausgebildet, die schließlich Anlass für entsprechende Dienstanweisungen und Erlässe war. Nach den mir zur Verfügung stehenden Unterlagen hat es im Jahr 1988 eine Beschwerde eines Anwalts aufgrund von Kopierkosten gegeben. Das hat nach Nachforschungen zu einem Erlass geführt, in dem klargestellt wurde, dass das private Kopieren von Akten nicht zulässig ist.

Spätestens aber seit dem Erlass aus dem Jahre 1995 durfte es überhaupt keinen Zweifel mehr daran geben, dass die Anfertigung von Kopien im Rahmen der Akteneinsicht und nur im Hause und gegen amtlichen Kostenersatz zulässig war. Das sieht ja auch die Staatsanwaltschaft so. 2007 gab es dann noch einen anonymen Hinweis, dass es trotz dieser Regelung wieder private Kopien geben soll – allerdings nichts Konkretes und ohne Bezug auf eine Geschäftszahl. Auch da gab es Nachforschungen, die allerdings zu keinem konkreten Ergebnis führten. Ansonsten hat es in all der Zeit keine Hinweise oder Beschwerden gegeben.

 

Wurde der betreffende Beamte nach dem Hinweis im Jahr 2007 konkret zur Rede gestellt?

Natürlich hat man ihn darauf angesprochen. Er beteuerte aber, er mache nichts Ver­botenes.

 

Gab es denn keine sonstigen Auffälligkeiten, zum Beispiel in der Buchhaltung?

Das Kopieren von Akten gehörte zu den Amtspflichten des Beamten und war deshalb in keiner Weise auffällig. Er war ja auch nicht der Einzige, der Akten kopierte. Weiters waren in unseren Eingängen stets Kopierkosten in großem Ausmaß zu finden. Da gab es keine Unregelmäßigkeiten.

 

Und wie ist die Sache schlussendlich aufgeflogen?

Im Zuge einer internen Revision im Jahr 2009 sind mehrere Akten mit unerledigten Aktenkopie-Ansuchen von Verfahrensbeteiligten aufgefallen. Bei Nachforschungen hat man dann herausgefunden, dass in diesen Fällen sehr wohl Akten kopiert und auch bezahlt wurden. Jedoch nicht auf das Amtskonto, sondern auf ein privates Konto. Ab diesem Zeitpunkt, das war im Mai, war dann auch die Staatsanwaltschaft involviert. Wie es der Zufall wollte, wurden eines Tages auch noch Aktenkopien samt einer Rechnung mit der privaten Kontonummer des nun Beschuldigten an das Gericht zurückgeschickt – wegen einer falschen Adresse. Das wurde dann ebenfalls gemeldet.

 

Können Sie den finanziellen Schaden, der dem Staat entstanden ist, schon beziffern?

Meines Wissens gibt es da noch kein endgültiges Ergebnis. Das wird aber sicherlich genau verfolgt werden.

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