Und so steht man fast benommen zwischen einer hochglänzend polierten Raffinerie und Regalen säuberlich aufgereihter Flaschen, Novalis’ „Alle Sinne sind am Ende ein Sinn“ kommt einem in den Sinn, was hier soviel heißen könnte, wie: Pure Freude muss es sein, so zu schaffen. Da kommt er: Albert Büchele, Bauer, Obstbauer, Schnapsbrenner und Bauherr dieses mehrfach ausgezeichneten Betriebsgebäudes. Einer, das wird im Gespräch bald deutlich, der mit starker Leidenschaft betreibt, was er beginnt – so auch den Bau hier, über den er genau Rechenschaft abzulegen weiß, hat er doch selbst überall mit Hand angelegt.
„Ich bin nach wie vor liebend gern Bauer, sehr verwurzelt hier, bodenständig, qualitätsorientiert – nur so geht’s als kleiner Betrieb.“ So beschreibt er sein Schaffen auf 20 ha Land, das meiste Grünland, einige Stück Vieh, 2 ha Obstbau, etwas Wald. Obstbau hat hier im Delta der Bregenzer Ach immer dazu gehört, doch erst in den 70er-Jahren wurde er intensiviert, Saft und Most werden im Hofladen vertrieben. In den 90er Jahren hat sich aus dem Hobby Brennerei eine Leidenschaft, ein Beruf entwickelt, festgeschrieben mit der Gewerbeanmeldung im Jahr 2000. Seither zählt er zur Elite der Edelbrand- Destillerien, dokumentiert durch zahlreiche internationale Prämierungen. Und dass er eigenen Whiskey in seinen Fässern reifen lässt, ist auch kaum zu glauben.
Im Jahr 2005 fiel die Entscheidung, dem Edelbrand ein eigenes Gebäude zu widmen, geplant mit dem Architekten Philip Lutz, fertiggestellt 2007. Hinter dem eigentlichen Bauernhaus musste auf dem extrem schmalen, sehr langen Grundstück ein Altbau dem Neubau weichen, dem er aus baurechtlichen Gründen seine Silhouette gab – ein First, ortsübliche Dachneigung, zwei Geschoße, 50 m Tiefe bei 10- 15 m Breite. Im Kopfbau sind im Erdgeschoß Destillerie, Technik und der Laden untergebracht, im Obergeschoß eine raumhaltige Degustation. Im rückwärtigen Betriebsteil liegen Arbeitsvorbereitung, Füllerei, Kühlräume und Maschinenhalle, darüber Lager und Fassraum. Das Gebäude ist aus den Betriebserfordernissen entwickelt. Die ungewöhnliche Holzkonstruktion garantiert ein stützenfreies Erdgeschoß und ein weit auskragendes Vordach ohne Beeinträchtigung. Der niedrig gehaltene Kniestock ergibt stehende Befensterung in Gauben und kurze Kehlbalken unterm First. Die Ausführung in Massivholz führt zu einer engen Stellung der Gebinde und einem beeindruckenden Dachraum, der an ein Gerippe gemahnt – nicht jedoch im Fassraum und der Degustation, die unterhalb der Sparren gedämmt sind.
Was Wunder, dass bei einer derartigen Gestaltfindung der Bau in die Landschaft bäuerlicher Nebenbauten passt. Es ist ein ausgesprochen feiner Umgang mit Details, der ihn als unserer Zeit zugehörig zeigt: der Rhythmus der Gauben, die Proportion der Fenster, der raffinierte Verzug der Dachfläche bei zunehmender Gebäudetiefe, die Variation bei der Stulpschalung, die Ausbildung der Attika, das Spiel mit dem typischen Profil der Hohlkehlen der Klebedächer – vor allem aber der lässig eingezogene Zugang mit Schaufenster, der trockenen Hauptes Einblick gewährt ohne das Volumen durch Anbauten zu beeinträchtigen. Eine Gültigkeit entsteht so, die fast ort- und zeitlos ist – als habe Georgia O’Keefe den Bau in New-Mexico gemalt (oder Jakob Bräckle in Winterreute).
Von ähnlicher Haltung die Kundenräume: Entgegenkommend, freundlich, sachlich – Weißtanne, Fichte, Beton, polierter Edelstahl beim Gerät, Schwarzstahl beim Kamin. Wo’s dann zur Sache geht, wo man sich niederlässt um das Glas unter die Nase und zum Mund zu führen: Da wird der Stoff anspruchsvoller: Belebend in Maserung und Farbe die Stühle und Tische aus Nussbaum – alten Möbeln des Hausherrn nachempfunden und in vielen Annäherungen in geklärte Form gebracht – was Geduld und Zeit braucht. Ein Verfahren gemeinsamer Gestaltung, wobei der Architekt Philip Lutz manch Übliches seiner Profession hinter sich lassen musste, bei einem Bauherrn, der kaum zu fassen war: „Albert Büchele wollte das Projekt von Anfang an in seinem ureigensten Ambiente entwickeln, er hat diesen elterlichen Hof während der Bauzeit nicht nur neu definiert, sondern auch seine eigene Person, als Handwerker, Organisator und Auftraggeber.“
Daten & Fakten
Objekt: Brennerei mit Verkauf
Nutzfläche: 821 m²
Volumen: 3971 m³
Planung: 2005
Energiekonzept: Helmut Biegger, Bregenz
Ausführung: 2005 – 2007
Bauweise:
Kopfbau:
- Außenwände gedämmtes Holzriegelwerk,
- ungehobelte Fichten,
- innen Ziegelmauerwerk verputzt,
- Decke Ortbeton
- Stülpschalung
Wirtschaftsteil: wie oben, jedoch nur teilweise gedämmt
Dämmung neu:
- Mineralwolle
- Wände Ziegel, 12 cm Dämmung
- Dach Sparren, Dämmung 28 cm
Fußböden: Tannendielen, Beton geschliffen
Heizung: Fußbodenheizung, Heizkamin
Fenster: Dreifachverglasung bzw. Bestand mit Zweifachverglasung vergütet
Ausführung: Hoher Anteil Eigenarbeit
Erdarbeiten: I+R Schertler + Eigenleistung
Maurerarbeiten: I+R Schertler, Lauterach
Rohbau: Sohm, Alberschwende
Fenster: Künz, Hard
Innenausbau: Eigenleistung
Heizung: Stadelmann, Alberschwende
Ofenbau: Büchele, Hard
Metallarbeiten: Eigenleistung
Dachdecker: Schaffer, Hard
Auszeichnung:
Hypo Bauherrenpreis 2010,
Preis: Kategorie Industrie- und Gewerbebauten
(Leben & Wohnen/ Florian Aicher)
Für den Inhalt verantwortlich:
vai Vorarlberger Architektur Institut
www.v-a-i.at
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