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Ein halbes Atriumhaus

Fensterspiele Als raffiniertes gestalterisches Element sind die mehr oder weniger großen Holz-Alu-Fenster in die mit unterschiedlich breiten Fichtenlatten verkleideten Fassaden geschnitten.
Fensterspiele Als raffiniertes gestalterisches Element sind die mehr oder weniger großen Holz-Alu-Fenster in die mit unterschiedlich breiten Fichtenlatten verkleideten Fassaden geschnitten. ©W. Schlocker
Lustenau. Ihren Wohntraum ließen sich Sabine und Stefan Ritter in Lustenau von Gerald Amann erfüllen. Einzige Vorgaben: Das Haus sollte aus Holz sein und kein Flachdach haben.
Haus Ritter in Lustenau

Ihren Traum von einem Haus ganz für sich allein haben sich Stefan und Sabine Ritter erfüllt. Das knapp 1100 Quadratmeter große Grundstück gab es in Familienbesitz und mit Gerald Amann stand auch der Planer von vornherein fest: sind er und der Bauherr doch Cousins. Er hatte den Ritters bereits die inzwischen zu klein gewordene Wohnung geplant, in der sie sich sehr wohl gefühlt hatten.

©Wohlfühlort In der großzügigen, zwischen Garage und Wohnraum hinter einer hölzernen Wand eingerichteten Loggia fühlen sich die Ritters sichtlich wohl: Sabine (1. v. l.), Stefan, Elea und Lio (rechts) genauso wie Hausarchitekt Gerald Amann (2. v. l.) Foto: Wolfgang Schlocker

Doch in einem Haus zu wohnen, in dem man – immerhin 150 Quadratmeter – Platz hat und auf keine Nachbarn Rücksicht nehmen muss, sei schon ein großer Luxus, sagt Sabine Ritter.Einzige Vorgaben an den Architekten: Es sollte ein Holzhaus werden und kein Flachdach haben. Ein Holzhaus nicht nur wegen der kurzen Bauzeit von nur einem halben Jahr, sondern auch wegen seiner Qualitäten in Sachen Wohlfühlen und Ökologie. Wünsche, die Amann gern erfüllt hat. „Und bereits der erste Entwurf hat gepasst“, so Ritter, nachjustiert werden mussten nur kleine Details.

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1_3_4795-x ©Innen und außen So hermetisch geschlossen sich das Haus Ritter eingangsseitig gibt, so offen ist es zum Garten hin, der ein fabelhaftes Spielparadies für die zwei Kinder des Hauses und ihre Freunde ist. Foto: Wolfgang Schlocker

Grundidee des Entwurfs ist ein Atriumhaus, das allerdings nur ein halbes geworden ist. Wollten sich die Bauherren doch nicht komplett von der heterogen bebauten Nachbarschaft abschotten und sich die Aussicht in die Landschaft auch nicht selbst verstellen. Trotzdem kommt die Eingangsseite des Hauses Ritter hermetisch geschlossen daher. Ist die aus Garage, einer Holzwand und der Eingangsfassade des Hauses gebildete straßenseitige Front doch stattliche 24 Meter lang, um sich hofseitig an zwei Seiten zu öffnen, andeutungsweise begrenzt durch den kleinen Hügel mit der Rutsche bzw. die Schaukel für Lio (6) und Elea (fast 4).

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2_1_4742-x ©Drei Viertel des Erdgeschoßes werden von dem riesigen Wohnraum samt integrierter Küche eingenommen. Die Böden und die Decken sind aus Holz, und damit es nicht allzu holzig wird, sind die hölzernen Wände weiß gestrichen. Foto: Wolfgang Schlocker

Gebaut ist das Haus Ritter auf einem betonierten Kellergeschoß aus vorgefertigten, hochgedämmten Holzmodulen. Außen überzogen mit einer Haut aus Fichtenlatten unterschiedlicher Breite, die mit den Jahren schön vergrauen wird. In den Wohnbereichen sind die Böden mit geölten Eichenparketten belegt, im Vorraum genügt ein geschliffener Estrich. Die Decke zwischen dem Erdgeschoß und dem ersten Obergeschoß ist bis auf zwei schwarze – als formales Element so stehengelassene – Stahlträger ebenfalls aus Fichte, die Türen sind aus Eiche. Damit es nicht „zu holzig wird“ (Amann), wurden die Wände weiß gestrichen, die Mittelwand der Treppe betoniert und mit einem dunkelbraunen Lehm-Anstrich versehen.

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2_5_4843-x ©Lio in der über zwei Geschoße offenen kleinen Bibliothek, dem erklärten Lieblingsraum der Bauherrin. Nicht zuletzt deshalb, weil sich aus den ganz hoch eingesetztem Fenster so schön in den Himmel schauen lässt. Foto: Wolfgang Schlocker

Elegant hat der Architekt den Wunsch nach einem Nicht-Flachdach gelöst: Indem er der Garage genauso wie dem Wohnhaus sanft ansteigende Flugdächer verpasst hat, die – weitergedacht – (fast) einen Giebel ergeben würden. Als bewusst gestalterisches Element sind Holz-Alu-Fenster ganz unterschiedlicher Form und Größe in die Fassaden geschnitten. Das lang hingestreckte in der Wand, die Garage und Haus verbindet, soll neugierig auf das Dahinter machen, andere ganz gezielt die Blicke nach außen lenken. Etwa in den Himmel aus der über zwei Geschoße offenen Bibliothek, dem absoluten Lieblingsraum der lesehungrigen Bauherrin.

»“Uns gefällt es richtig gut in unserem schönen, neuen Haus.” (Lio Ritter, 6 Jahre)«

So intim dieser daherkommt, so offen ist der anschließende Wohnraum samt integrierter Küche. Dieses großzügig dimensionierte Zentrum des Hauses öffnet sich durch raumhohe Fenster bzw. Türen zum Garten, wodurch Innen und Außen schwellenlos ineinander übergehen. Wunderbar für die Eltern, die auf diese Weise ihre im Garten herumtollenden Kinder immer im Blick haben. Im Sommer größtenteils gelebt wird im Haus Ritter allerdings in der überdachten, zum Garten hin offenen, großen Loggia, die gartenseitig hinter der Verbindungswand zwischen Haus und Garage eingerichtet ist.

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schnitt ©Elea ist hier im Zimmer ihres großen Bruders Lio zu Gast. Die Kinderzimmer sind geräumig und hell, die Böden mit Eichenparkett belegt. Und zum eigenen Kinderbad sind es nur wenige Schritte. Foto: Wolfgang Schlocker

Im ersten Obergeschoß werden die inneren Wände der Bibliothek zur Brüstung für den Gang, der die zwei Kinderzimmer, ihr kindgerecht dimensioniertes Bad, das Elternschlafzimmer und deren Bad erschließt. Die Wände der Nassräume sind per schlammfarbigem Spachtelanstrich wasserdicht gemacht. Die Keramik ist weiß, die Möbel sind aus massiver Eiche. Im Keller gibt es nicht nur die notwendigen Technik-, Lager- und Arbeitsräume, sondern auch einen großen Freizeitraum mit einem Tischtennistisch in der Mitte.

Beheizt wird das Haus Ritter per Erdwärme, als Sonnenschutz dienen Jalousien.


Daten & Fakten

Objekt: Haus Ritter, Lustenau
Eigentümer/Bauherr: Familie Sabine und Stefan Ritter
Architektur: Querformat ZT GmbH, Dornbirn
Statik: gbd ZT GmbH, Dornbirn
Planung: 3/2013–3/2014
Ausführung: 4/2014–9/2014
Grundstücksgröße: 900 m²
Wohnnutzfläche: 150 m²
Keller: 70 m²

Bauweise: Kellergeschoß Beton; Erd- und Obergeschoß in vorgefertigter Holzbauweise; massive Holzzwischendecke; Dachkonstruktion Holz mit Abdichtung und Wärme- dämmung; naturbelassene Holzfassade mit Nut- und Kammschalung mit unterschiedlichen Deckbreiten; Fußbodenheizung; Nassräume mit fugenloser Spachtelung

Besonderheiten: Einbaumöbel in Massivholz, keine Spanplatten verwendet; Hofsituation durch Hauptbaukörper und Garagenbaukörper

Ausführung: Baumeister: Fitz, Lustenau; Zimmerer: Kaspar Greber, Bezau; Fenster: Hagspiel, Doren, Böden: Raum + Zeit, Dornbirn, Heizung: Markus Stolz, Bregenz; Elektro: Bösch, Schwarzach

Energiekennwert: 32 kWh/m² im Jahr (Heizwärmebedarf)
Baukosten: 440.000 Euro


Quelle: Leben&Wohnen – die Immobilienbeilage der “Vorarlberger Nachrichten”

Für den Inhalt verantwortlich:
vai Vorarlberger Architektur Institut
Das vai ist die Plattform für Architektur, Raum und Gestaltung in Vorarlberg. Neben Ausstellungen und Veranstaltungen bietet das vai monatlich öffentliche Führungen zu privaten, kommunalen und gewerblichen Bauten. Mehr unter architektur vorORT auf v-a-i.at

Mit freundlicher Unterstützung durch Arch+Ing

Veranstaltungshinweis:
19. 8.–17. 10. 2015: SHIFTS. Architektur und Wirtschaftskrise
Die Ausstellung im vai Vorarlberger Architektur Institut in Dornbirn ist eine Analyse der gegenwärtigen internationalen Architekturproduktion. Eröffnung am kommenden Freitag, 18. 10. 2015, 19 Uhr

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