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EHFG: "Solidarität im Gesundheitswesen neu denken"

Reformen zur Finanzierung des Gesundheitswesens notwendig
Reformen zur Finanzierung des Gesundheitswesens notwendig ©APA/dpa
Das European Health Forum Gastein (EHFG) vom 30. September bis 3. Oktober 2025 beschäftigt sich mit dem Leitthema "Solidarität im Gesundheitswesen neu denken - Heilung des zerbrochenen europäischen Gesellschaftsvertrags". Es brauche den Mut der Regierung, Reformen im Gesundheitswesen anzugehen, ohne einer Finanzierung von ambulanter und stationärer Behandlung aus einer Hand "werden wir es nicht schaffen", sagte der ehemalige Gesundheitsminister Johannes Rauch (Grüne).

Alle Sozialversicherungen in Österreich zusammenzulegen, würde Vorteile bringen, sagte Rauch bei einem "Gipfelgespräch" am Mittwoch in Bad Hofgastein vor Medienvertretern und Stakeholdern. Sonst würde eine Welle von Privatisierung und Ökonomisierung auf die Gesellschaft zukommen. Die Devise müsse zudem lauten, "digital vor ambulant vor stationär".

Politisches Zeitfenster "für große Würfe"

Da in den nächsten eineinhalb Jahren keine Wahlen anstünden, öffne sich ein politisches Zeitfenster, um große Würfe, große Reformen anzugehen, erklärte der Ex-Minister. In einem Staat mit rund neun Millionen Einwohnern an "kleinen Dingen herumzuschrauben, da kommen wir nicht weiter, wenn sich die Sozialversicherungen mit den Bundesländern und auch untereinander in den Haaren liegen". Solange jeder auf seinen Kirchtürmen sitzt, "wird es das nicht spielen".

Zu den großen Herausforderungen im Gesundheitswesen zählt für Gesundheitsstaatssekretärin Ulrike Königsberger-Ludwig (SPÖ) in Zukunft die immer älter werdende Gesellschaft, die Spezialisierung in der Medizin, die mit hohen Kosten verbunden sei, die Stärkung des Vertrauens der Menschen in das Gesundheitssystem und mehr Prävention. Angesichts der Splittung in Planung und Finanzierung sollten alle das gemeinsame Ziel verfolgen, das solidarische Gesundheitssystem zu stärken. "Die Menschen haben ein Anrecht auf eine gute Versorgung." Vertrauen könne durch ehrliche Kommunikation gewonnen werden, sagte Königsberger-Ludwig.

Gestaltungswillen im Gesundheitswesen notwendig

EHFG-Präsident Clemens Martin Auer vermisst Gestaltungswillen und Gestaltungsfantasie, um das Gesundheitswesen auch in Zukunft finanzieren zu können, wie er erklärte. Ansonsten werde in den nächsten Jahren massiv das Geld ausgehen. Es sei dringend notwendig, auf wirtschaftlicher Ebene multilateral zu denken. Er kenne in Österreich keine Plattform, wo über eine Datennutzungsbesteuerung nachgedacht werde.

Gesundheitspolitik sei immer auch Gesellschaftspolitik, gab Herwig Ostermann, Geschäftsführer der Gesundheit Österreich GmbH (GÖG) zu bedenken. Das derzeitige Gesundheitssystem basiere auf Freiwilligkeit, jetzt müssten neue Maßnahmen und neue Regularien entwickelt werden.

Großer finanzieller und personeller Druck

Der finanzielle und personelle Druck im Gesundheitswesen sei groß, hieß es unisono. Es brauche ein "Out-of-the-box-Denken", sagte Königsberger-Ludwig. Um den Sozialstaat aufrechterhalten zu können, werde man auch über Erbschafts- und Einkommenssteuer sprechen müssen. Sie sei jedenfalls ein optimistischer Mensch und sehe große Chancen im Reformprozess, "wenn es kein Alibiprozess ist". Am Ende des Tages werde man Gesundheit "größer denken müssen". Die Gesundheits- und AMS-Leistungen pro Bundesland seien derzeit verschieden, "das versteht niemand, warum die Lebensbedingungen so unterschiedlich sind.

Zur Kritik von Rauch, wonach die Gelder, welche die Bundesländer für Reformen erhalten, im Budget versickern würden, sagte die Gesundheitsstaatssekretärin, der Bund habe im Moment keine Sanktionsmöglichkeiten. "Wenn man sich zum solidarischen Gesundheitssystem bekennt, muss man sich verändern."

Gesundheitshotline ausbauen

Kurz angeschnitten bei dem Gipfelgespräch wurde auch das Thema einer Hausarztverpflichtung. Es brauche das Angebot dazu, es müsse gelingen, junge Ärztinnen und Ärzte in das System zurückzuholen, sagte die Gesundheitsstaatssekretärin. Auch die Schaffung von Facharztzentren stärke das Gesundheitssystem. "Man muss in diese Richtung weiter denken und arbeiten, und es braucht Partner dazu." Die Gesundheitshotline 1450 auszubauen, sei ein gutes Instrument, um die Wartezeiten zu verkürzen, "hier stehen wir am Beginn".

(APA)

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