Drei Hauptgründe – wann ein Kaiserschnitt medizinisch unumgänglich ist

Er kann Leben retten – und trotzdem emotional belasten. Er ist medizinisch oft unumgänglich – und trotzdem gesellschaftlich umstritten: der Kaiserschnitt.
VOL.AT hat mit Gynäkologe Dr. Michael Rohde über körperliche Folgen und die psychischen Auswirkungen des chirurgischen Geburtsweges gesprochen.
Wann ist ein Kaiserschnitt unumgänglich?
"Wir unterscheiden absolute von relativen Indikationen", erklärt Rohde. Absolute Gründe für einen Kaiserschnitt – also Situationen, in denen eine vaginale Geburt ausgeschlossen ist – seien etwa eine Plazenta praevia (eine vor dem Geburtskanal liegende Plazenta), eine Querlage des Kindes oder schwere Versorgungsprobleme des Babys, die sich bereits vor der Geburt abzeichnen. Auch Notfälle wie eine Eklampsie – ein Krampfanfall infolge einer schweren Schwangerschaftsvergiftung – machen den Eingriff alternativlos.

Relative Indikationen hingegen lassen Spielraum für individuelle Entscheidungen – hier wird gemeinsam mit der werdenden Mutter abgewogen.
Geplant oder ungeplant – ein emotionaler Unterschied
Die emotionale Belastung variiert stark, je nachdem, wie der Kaiserschnitt zustande kam. Ein geplanter Eingriff, der gut vorbereitet und komplikationslos verläuft, wird laut Rohde oft positiv erlebt. "Da ist die Zufriedenheit in der Regel hoch", so der Mediziner. Kritischer werde es, wenn die Frau mit gemischten Gefühlen in den Kaiserschnitt gehe – etwa, weil sie sich ursprünglich eine natürliche Geburt gewünscht hatte.
Bei einem ungeplanten oder sogar Notfall-Kaiserschnitt kommt es laut Rohde ganz auf die persönliche Resilienz und das Umfeld der Frau an. Manche seien im Nachhinein dankbar, dass durch den Eingriff Mutter und Kind wohlauf geblieben sind, andere erleben ihn als Kontrollverlust oder gar als Trauma.
Komplikationen: kurz- und langfristig
"Auch wenn der Kaiserschnitt heute ein Routineeingriff ist – er bleibt eine Operation", betont Rohde. Zu den akuten Risiken zählen starke Blutungen, Infektionen und Wundheilungsstörungen. Langfristig könne es zu chronischen Schmerzen im Unterbauch, Narbenendometriose oder leichter eingeschränkter Fruchtbarkeit kommen. Auch Zyklusstörungen seien möglich.
Besonders wichtig sei die Heilungszeit: "Eine vaginale Geburt kann, wenn alles gut läuft, in wenigen Tagen überwunden sein. Beim Kaiserschnitt dauert es deutlich länger und es werden mehr Schmerzmittel benötigt, bis die volle Belastbarkeit zurückkehrt."
Kaiserschnitt und Körperbild: Wenn die Narbe bleibt
Nicht nur körperlich – auch visuell kann der Kaiserschnitt Spuren hinterlassen. Vor allem vor dem Hintergrund gesellschaftlicher Schönheitsideale sei die bleibende Narbe für manche Frauen belastend. Ob diese Veränderung jedoch als Makel oder als kraftvolles Symbol empfunden wird, hängt stark von der persönlichen Haltung ab – und von der Art, wie die Geburt erlebt wurde.
Psychische Folgen: "Von völlig unproblematisch bis hin zu hochtraumatisch"
Ein Kaiserschnitt wirkt sich bei vielen Frauen oft auf die Psyche aus. "Das reicht von völlig unproblematisch bis hin zu hoch traumatisch", so Rohde. Die entscheidenden Faktoren: Wie verlief der Eingriff? Gab es Komplikationen? Wie resilient ist die Frau? Wie gut ist sie eingebettet in ein unterstützendes Umfeld?
Ein pauschales Urteil sei unmöglich – sowohl vaginale Geburten als auch Kaiserschnitte können emotionale Narben hinterlassen.
Der Kaiserschnitt ist heute ein wichtiger Bestandteil moderner Geburtshilfe – lebensrettend in vielen Fällen, aber auch nicht frei von Risiken. Eine differenzierte Aufklärung und eine respektvolle Begleitung der werdenden Mütter sind entscheidend dafür, dass sie den Geburtsmodus – ob natürlich oder chirurgisch – gut bewältigen können. Wie Rohde betont: "Es gibt keine pauschale Wahrheit, nur individuelle Erfahrungsberichte."
(VOL.AT)
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