Wunschkaiserschnitt: Zwischen Risiko und Selbstbestimmung

Obwohl ein Kaiserschnitt medizinisch oft Leben rettet, birgt er auch Risiken für Mutter und Kind. Warum wünschen sich Frauen den Eingriff trotzdem – selbst wenn er medizinisch nicht notwendig ist?
Wie viele Frauen wollen wirklich selbst entscheiden?
In Vorarlberg liegt die Kaiserschnittquote laut Primar Michael Rohde (Fachbereichsleitung Vorarlberger Landeskrankenhäuser) seit Jahren stabil zwischen 25 und 30 Prozent. Doch wie viele dieser Eingriffe erfolgen tatsächlich auf ausdrücklichen Wunsch der werdenden Mutter – ohne medizinische Indikation?
Video: Geburtsmediziner Michael Rohde im Interview
"Ein echter Wunschkaiserschnitt ist selten", erklärt Rohde. Er versteht darunter einen Kaiserschnitt, den eine Schwangere aus sachlicher Abwägung heraus trifft, etwa im Vergleich möglicher Risiken einer vaginalen Geburt mit denen eines geplanten Kaiserschnitts.
"Ich erlebe nur eine Handvoll solcher Fälle pro Jahr", so der Mediziner. Das entspreche weniger als einem Prozent aller Geburten.
Angst vor natürlicher Geburt: Zählt das als Wunschkaiserschnitt?
Häufiger werde Angst fälschlich als Wunsch interpretiert. "Wenn eine Frau ausgesprochene Ängste vor der Geburt hat, dann würde ich das nicht als Wunschkaiserschnitt sehen. Ich mache das nicht freiwillig, sondern es sind entsprechende Ängste da", betont Rohde. Diese Ängste müssten ernst genommen werden, seien aber aus medizinischer Sicht keine ausreichende Indikation für eine Wahlsectio.
Solche Ängste könnten durch vorangegangene Erfahrungen, Berichte oder Unsicherheit ausgelöst und müssten ernst genommen werden. Aus medizinischer Sicht sei das kein klassischer Wunschkaiserschnitt.
Natürliche Geburt, der "Goldstandard"
Wie aber reagiert Primar Rohde, wenn eine gesunde Schwangere einen Kaiserschnitt wünscht – ohne medizinischen Grund?
"Ich würde in erster Linie herausfinden wollen, woher die Überlegungen oder Ängste stammen", sagt er. Meist gehe es um Schmerzangst. Diese lasse sich durch moderne Schmerztherapien unter der Geburt in vielen Fällen gut beherrschen. "Ein Schläuchen am Rücken, ein betäubendes Mittel – der Wehenschmerz kann nahezu vollständig aufgehoben werden."
Für Rohde ist klar: Wenn medizinisch nichts dagegenspricht, bleibt die vaginale Geburt der bevorzugte Weg. "Natürlich stellt die normale, physiologische, gesund ablaufende, vaginale Geburt immer noch den Goldstandard dar", sagt er. Besonders bei jungen, gesunden Schwangeren empfiehlt er klar den Versuch einer natürlichen Geburt.
Langfristige Risiken – vor allem bei weiteren Geburten
Ein zentrales Thema in der Beratung sei die Familienplanung. "Wenn die Betroffene sagt, sie möchte sowieso nur ein Kind – dann ist das anders zu bewerten, als wenn jemand sagt: Ich hätte gerne drei oder vier." Denn mit jedem weiteren Kaiserschnitt steigen die Risiken – für Mutter und Kind.
Besteht die Frau trotz Beratung und Aufklärung auf dem Eingriff, wird ausführlich informiert. Je "elektiver" ein Eingriff, desto höher die Aufklärungspflicht – ähnlich wie bei ästhetisch-plastischen Operationen.
Wunschdatum? Nicht um jeden Preis
Nicht selten spielt auch der Wunsch nach einem bestimmten Geburtsdatum eine Rolle. Doch auch hier zeigt sich Rohde klar: "Manche Wünsche, die überzogen früh sind, denen würden wir nicht entgegenkommen." Geplant werde in der Regel in der Woche vor dem errechneten Termin – mit begrenzter Flexibilität.
Kommt es jedoch vorzeitig zu Wehen, sei jedes Wunschdatum hinfällig: "Wenn die Geburt ihren Lauf nimmt, dann nimmt sie ihren Lauf."
Wunschkaiserschnitt bleibt Randerscheinung
Einen Trend hin zu mehr Wunschkaiserschnitten sieht Rohde nicht. Vielmehr steige die Zahl medizinischer Risikofaktoren – etwa bei älteren oder übergewichtigen Schwangeren. "Je besser es uns gelingt, eine gesunde Schwangere zu haben, umso geringer wird die Wahrscheinlichkeit für Kaiserschnitte", so der Experte abschließend.
(VOL.AT)
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