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"Digitaler Airbus" für Europa

Europa wieder Flügel verleihen - das soll nach französischer Lesart nach dem gescheiterten Referendum über die EU-Verfassung vor allem durch Technologieprojekte gelingen.

Vorbild ist dabei der Flugzeugbauer Airbus. Seit Monaten wirbt Frankreichs Präsident Jacques Chirac deshalb für die Entwicklung einer deutsch-französischen Suchmaschine, die dem Branchenführer Google aus den USA den Rang ablaufen soll. Doch anders als in Frankreich ist es in Deutschland noch nicht gelungen, für das Quaero getaufte Projekt ein schlagkräftiges Firmenkonsortium zusammenzubekommen.

Quaero (Latein: „ich suche“) war im Frühjahr 2005 bei einem deutsch-französischen Ministerrat aus der Taufe gehoben worden. Im August machte Chirac die Suchmaschine – in Frankreichs Medien schon „digitaler Airbus“ getauft – zu einem der Projekte, für das die neu gegründete französische Agentur für industrielle Innovation (AII) verantwortlich ist. Noch Anfang Januar lobte der Präsident Quaero als Ansatz, „der globalen Herausforderung durch die amerikanischen Giganten Google und Yahoo“ zu begegnen. Schließlich seien Suchmaschinen im 21. Jahrhundert „die Zugangswege zum digitalen Wissen und zum elektronischen Handel“. Doch beim Besuch von Deutschlands Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) vergangene Woche einigten sich Seiten zwar darauf, Europa verstärkt durch Technologieprojekte voranzubringen – zu Quaero fiel kein Wort.

Das hatte wohl Gründe. Denn anders als in Frankreich, wo mit dem Elektronikkonzern Thomson an der Spitze eine ganze Reihe von Firmen dem Ruf des Staates zur Beteiligung folgten, sind deutsche Unternehmen zögerlich. Die Deutsche Telekom, zunächst als möglicher Referenzpartner genannt, winkte ab. Suchmaschinen gehörten nicht zum „Kerngeschäft“, heißt es dazu aus der Unternehmenszentrale in Bonn. Bertelsmann prüft immerhin, sich in kleinerem Maßstab über die Arvato-Tochter Empolis zu beteiligen. Gesucht wird aber noch ein Führungskonzern, wobei in der Presse nun teilweise über Siemens spekuliert wird. Laut Wirtschaftsministerium werden zur Zeit noch Gespräche „auf Arbeitsebene“ mit möglichen Partnern geführt. Einen Zeitplan gibt es nicht.

Damit könnte in Frage stehen, ob Quaero als Gemeinschaftsprojekt tatsächlich Anfang 2007 an den Start gehen kann, wie das in Frankreich angestrebt wird. Die technischen Herausforderungen sind jedenfalls enorm. Denn Quaero soll nicht nur Texte finden, sondern auch Fotos sowie Audio- und Video-Dateien detailliert mit Stichwort versehen und damit zugänglich machen.

Basis soll dabei das französische Suchprogramm Exalead (www.exalead.com) werden, das vom Wirtschaftsmagazin „Business Week“ zu einer der drei besten Suchmaschinen der Welt gekürt wurde. Exalead hat bisher vier Mrd. Websites mit Stichwort versehen. Das ist rund die Hälfte von Google. Doch schon bis Juli wolle Exalead mit dem US-Konkurrenten gleichziehen, sagt Firmenchef Francois Bourdoncle selbstbewusst, der durch den Verkauf seiner Suchtechnik an Unternehmen 2005 allerdings gerade mal einen Umsatz von zwei Mio. Euro machte. „Wir werden besser als Google in der Lage sein, Multimedia-Recherchen zu ermöglichen – bis hinein in Podcasts (Audioaufzeichnungen) oder bei Fotos und Videos.“

Doch die Konkurrenz aus den USA schläft nicht. Google wie auch Yahoo haben inzwischen auf ihren US-Websites Testversionen für die Audio- und Videosuche. Dort ist auch zu sehen, welche Probleme eine Codierung von Audio- und Videostücken bereitet, wenn etwa aus einem längeren Film bestimmte Personen oder Szenen erfasst werden sollen. Damit Quaero dort Paroli bieten kann, müsste Europa eine deutlich bessere Suchqualität bieten. Die Franzosen lassen sich angesichts des notwendigen technologischen Kraftaktes und der zähen Entwicklung in Deutschland aber nicht entmutigen und wollen laut Innovations-Agentur „demnächst“ die Eckdaten für das Projekt veröffentlichen.

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