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Die Wütenden - Les Misérables: Kritik und Trailer zum Film

Stephane hat sich in die Anti-Verbrechenseinheit in Montfermeil nahe Paris versetzen lassen. Was der Einsatz in dem Vorort bedeutet, wird ihm schnell bewusst. Diverse Clans haben sich das Areal aufgeteilt, und seine Kollegen haben ihre eigenen fragwürdigen Methoden, mit denen sie versuchen, für Respekt und Ordnung zu sorgen. Dabei kommt es immer wieder zu Spannungen und Auseinandersetzungen.

Mit seinem Langfilmdebüt "Die Wütenden - Les Miserables" zeigt Regisseur Ladj Ly eindringlich die Konsequenzen von Perspektivlosigkeit von Migranten in einem Pariser Vorort: Ohne Melodramatik und erhobenen Zeigefinger beschert der Film dem Publikum einen spannenden Höllenritt, der in Anlehnung an Victor Hugos Klassiker ein beklemmendes Bauchgefühl zurücklässt. Ab Freitag im Kino.

Die Wütenden - Les Misérables: Kurzinhalt zum Film

Der Polizist Stephane (Damien Bonnard) hat seinen ersten Arbeitstag mit seinen neuen Kollegen Chris (Alexis Manenti) und Gwada (Djibril Zonga) im Pariser Vorort Montfermeil, der von Banden, Drogendealern und religiösen Fundamentalisten kontrolliert wird. Als der junge Issa einer Gang ein Löwenbaby stiehlt, droht die Situation zu eskalieren. Während Issas Festnahme, wird er von einem Gummigeschoss der Polizei schwer verwundet. Weil ein Kind diesen Zusammenstoß mit einer Drohne gefilmt hat, befürchten die Polizisten nun, dass das fragile Gleichgewicht in Montfermeil außer Kontrolle gerät.

Ly, der selbst aus Montfermeil stammt, verarbeitet mit diesem Film auch Autobiografisches: 2005 kam es dort zu schweren Unruhen, 2008 filmte Ly selbst einen brutalen Polizeieinsatz. Lys Arbeit ist zwar keine Verfilmung von Hugos Roman (der auch in Montfermeil spielt), doch adaptiert und aktualisiert sie die Problematik mühelos. Viele Schauspieler sind Laiendarsteller aus dem Vorort, was dem Film zusammen mit der teils wackeligen Kamera und der fehlenden Musik wie eine 100-minütige Dokumentation wirken lässt.

Die Wütenden - Les Misérables: Die Kritik

Gleich zu Beginn setzt der Film Frankreichs Einheit auf den Champs-Elysees im WM-Freudentaumel der harten Realität in den von Migranten, Banden und Kriminalität geprägten Vororten entgegen, die mit dem Postkarten-Paris nichts zu tun hat. Der Staat ist de facto nicht präsent, da sich selbst die Polizei nicht an die Regeln hält. Chris und Gwada rechtfertigen ihre Übertretungen damit, dass sie sonst nicht ernst genommen würden. "Ich bin das Gesetz!", schreit Chris in Judge-Dredd-Manier und unterstreicht damit die Ordnung aus Drogenbaronen, Fundamentalisten, Gangstern - und Polizisten.

Während es die verschiedenen kriminellen Banden und fundamentalistischen Gruppen zunächst irgendwie schaffen, in der Gewaltspirale miteinander auszukommen, verlieren besonders die Kinder. Niemand interessiert sich für sie, sie werden lediglich von den verschiedenen Gruppierungen für ihre eigenen Interessen angeworben und sind sonst wüsten Beleidigungen ausgesetzt. Diese vernachlässigte, in den Straßen verwahrlosende Jugend explodiert darum auch in realer Gewalt. Besonders die jungen Schauspieler zeigen hier eindringlich, dass menschliche Herzlichkeit in dieser Umgebung zwar dringend nötig ist, aber vollkommen auf der Strecke bleibt.

Allein der noch nicht verrohte Stephane gibt dem Publikum die Hoffnung, dass dieser Teufelskreis durchbrochen werden könnte. Tatsächlich ist er der Einzige, der die Bewohner von Montfermeil mit Respekt behandelt. Ob sich dies bezahlt macht, oder ob die ohne Perspektiven aufgewachsenen Kinder dafür nicht mehr empfänglich sind, lässt der Film offen.

Lys Film ist irgendwo zwischen Action, Thriller und Sozialdrama anzusiedeln, wird dabei aber weder banal noch oberlehrerhaft. Er ist nicht zuletzt durch Julien Poupards exzellente Kameraarbeit bis zum Schluss eine Nervenzerreißprobe, an deren dichtem Inhalt das Publikum länger zu kauen hat: Das Pulverfass fehlender Perspektiven kann schließlich nicht nur in Pariser Vororten beobachtet werden.

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(APA/Red)

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