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Die Lebensbilanz einer tapferen Frau

Autorin Elisabeth Amann.
Autorin Elisabeth Amann. ©Mint Studio
Feldkirch. Vor ein paar Jahrzehnten kamen zwei einfache Bäuerinnen, Anna Wimschneider (1919–1993) aus Deutschland und Barbara Passrugger (1910–2001) aus Filzmoos, durch ihre Bücher über ihr jeweils hartes und leidvolles Leben zu literarischem Bestseller-Ruhm.

Der Ruf nach weiblicher Emanzipation war auch bis tief in die bäuerliche Welt hineingedrungen. Nun, im Theater am  Saumarkt stellte kürzlich die bekannte Feldkircher Autorin Elisabeth Amann (geb. 1936 in Flachau/Pongau, Witwe seit 1982) ihr  neues Buch mit Titel „Überall Brücken und Stege“ vor; Amann ist zwar keine Bäuerin, doch wenn man in ihrem neuen Opus blättert, erinnern viele Episoden an die Lebensläufe der zitierten Autorinnen – glücklose Problem-Ehen, aber zahlreiche Kinder von schwerkranken oder dominanten Ehemännern.

Die Autorin schreibt als Autodidaktin seit den Siebzigerjahren, die bisherigen Prosawerke (neben zahlreichen Theaterstücken): „Dieses bisschen Glück“, „Frühere Hände“, „Mandala“. Amann beschönigt nichts, was ihr schicksalhaftes Leben als Frau und Mutter betraf, den Lebenskampf, die allzu verständliche Sehnsucht nach Ausbruch aus den Mauern des grauen Alltags. Der feine Charakter dieser tapferen Frau entdeckt aber auch immer wieder die oft verborgene Lebenskraft und Hoffnung, die dem Menschen gottlob innewohnt. Das 2019 erschienene „Alterswerk“ Elisabeth Amanns darf getrost als tieflotende Lebensbilanz mit manchen Ausflügen in die Philosophie verstanden werden. Ja, wohl bisweilen auch als Lebenshilfe für andere neben der eigenen Katharsis.

60 Episoden eines Lebens

Elisabeth Amann gliedert ihr Buch in 60 kurze Episoden, Blitzlichter hinein in das Auf und Ab, in das Licht und noch öfter den Schatten des Lebenslaufs. Gleich in der ersten Episode, „Sebastian“, da es um die Krebserkrankung des Enkels geht, erweist sich Amann als eine Frau, die mit ihrem Herzblut schreibt, realistisch und doch sanft poetisch, man möchte sie eine präzise „Realpoetin“ mit der beeindruckenden Balance von Herz und Hirn nennen...  Eine „Lesung in Wien“ zeigt Amanns stillen Humor, „Begegnungen mit Hilde Domin“ die Seelenverwandtschaft der beiden Dichterinnen. „Bahnhöfe der Hoffnung“ kündet exemplarisch von Amanns permanent innewohnendem Prinzip Hoffnung gegen Verlust, Leid, Depression, was ja auch im Buchtitel klar anklingt.

Eine Kuriosität sei noch vermerkt. Das Werk ist wieder klar autobiografisch, doch die Oma Katharina heißt eigentlich Elisabeth, und es kommen noch weitere Decknamen vor im Gegensatz zu den echten Personen wie Gertrud und Heiner Linder, dem befreundeten türkischen Autor Kundeyt Surdum (1937-2016) oder dem Heilpädagogen Günther Sandholzer etc. War der Deckname Katharina für Elisabeth Amann doch ein bisschen Selbstschutz gegen allzu neugierige Blicke in die innerste Seele der Autorin?

SCH

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