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Die Last mit den Wohnkosten

Vorarlberg: Geringer Anteil an günstigen Mietwohnungen, und auffallend hohen Baukosten.
Vorarlberg: Geringer Anteil an günstigen Mietwohnungen, und auffallend hohen Baukosten. ©Screenshot ORF, Grafik VN
Schwarzach - Die Preisentwicklung ist für viele Vorarlberger immer schwerer zu schultern.
673 Euro Wohnkosten für Mieter
Preise durch die Decke gegangen

Von: Johannes Huber

Michael Diettrich zeigt sich nicht weiter verwundert über die Daten, die die Statistik Austria erhoben hat: Jeder sechste Vorarlberger nimmt die Wohnkostenbelastung eigenen Angaben zufolge als „stark“ wahr. Immerhin jeder Elfte muss mehr als 40 Prozent des verfügbaren Einkommens dafür aufwenden. Experten sprechen in diesem Fall von einer Überbelastung. Beide Werte sind im Bundesländervergleich außerordentlich.

Wohnkosten-Grafik
Wohnkosten-Grafik

Immer mehr junge Familien

Dass die Wohnkosten von umgerechnet rund 325 Euro pro Kopf und Monat zu einem solchen Problem geworden sind, kann Diettrich als Geschäftsführer des Vereins „dowas“ nur bestätigen. Sein Verein unterstützt Männer und Frauen auf der Suche nach einer Unterkunft: „Das geht zunehmend in die untere Mittelschicht hinein“, sagt der 63-Jährige und berichtet, wie sich das auch in der Zusammensetzung der Klienten bemerkbar mache, mit denen er und seine Kollegen konfrontiert sind: Handelte es sich einst eher um Obdachlose, so sind es heute auch mehr junge Familien. Um die Wartezeit der Kinder in der Beratungsstelle kurzweiliger zu gestalten, habe man folglich Spielzeug angeschafft, so Diettrich. Wohnraum wird in jedem Fall teurer, auch im untersten Segment. Bei „dowas“ ging man Anfang der 2010er-Jahre für 50 Quadratmeter in Bregenz von bis zu 430 Euro aus. Mittlerweile ist es laut Diettrich um fast die Hälfte mehr, nämlich rund 600 Euro.

Diese Entwicklung ist für viele schwer zu schultern: Neun Prozent der Vorarlberger müssen mehr als 40 Prozent des Einkommens fürs Wohnen aufwenden. In Kärnten, Niederösterreich und Oberösterreich sind es nicht einmal halb so viele (vier Prozent). In Salzburg handelt es sich um fünf Prozent, in Tirol um sechs, im Burgenland und in der Steiermark um acht Prozent. Einziger Ausreißer nach oben ist Wien mit zwölf Prozent.

Nur auf Zinsen geachtet

Die Dunkelziffer könnte hierzulande allerdings noch höher sein. Immobilienforscher Wolfgang Amann (54) weist darauf hin, dass bei Krediten, die insbesondere zur Eigenheimbeschaffung aufgenommen werden, lediglich Zinsen berücksichtigt werden. Der große Rest wird für die Statistik nicht beachtet.

Dass die Belastung in Vorarlberg auch so schon verhältnismäßig groß ist, hat laut Amann mehrere Gründe: „Einerseits liegen die Baukosten um 30 bis 40 Prozent über dem ostösterreichischen Niveau.“ Andererseits sei der Anteil der günstigen Mietwohnungen relativ gering: „Es gibt weniger gemeinnützige Angebote als in fast allen anderen Bundesländern und im privaten Sektor existieren kaum Gebäude, die vor 1945 errichtet worden sind und daher unter das Richtwertgesetz fallen“, das bescheidene Mieten mit sich bringt.

Michael Diettrich sieht für Vorarlberg ein echtes Dilemma: Die Wohnbeihilfen gehörten inklusive der Einkommensgrenzen deutlich angehoben.

Das würde aber letzten Endes auch zu einem weiteren Mietpreisanstieg führen. Ein Teufelskreis. Einziger Ausweg: „Gemeinnützigen Wohnbau forcieren.“ Zumindest längerfristig könnte das zu einer Entspannung führen.

Schwacher Trost: Laut Amann ist die Wohnkostenbelastung im internationalen Vergleich nicht ungewöhnlich groß. „Die österreichischen Werte liegen alles in allem im europäischen Mittelfeld und in den meisten Nachbarländern darüber, zum Teil sogar deutlich.“

(VN)

Den Artikel lesen Sie auch in der aktuellen Ausgabe der Vorarlberger Nachrichten und online auf VN.AT.

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