Götzis. (sch) Der markige Satz stammt vom Komponisten Gustav Mahler (1860-1911) selbst; der Meister wünschte sich aber auch, dass man die Fünfte 50 Jahre später doch werde aufführen können. Nun, es dauerte für das 1904 uraufgeführte Monumentalwerk, das viele übliche Grenzen sprengte, immerhin sehr lange, bis etwa mit Bruno Walter und Leonard Bernstein die Mahler-Pflege so richtig begann. Die heutige Popularität der 5. Symphonie ist vor allem auch durch die Visconti-Verfilmung der Novelle „Der Tod in Venedig“ begründet, in der das schillernde Adagietto den morbiden Klangteppich für die Meisternovelle Thomas Manns darstellt.
Michael Löbl hat als Geschäftsführer der Kulturbühne AMBACH bekanntlich eine Klassik-Reihe initiiert, die am Karsamstag eine öffentliche Generalprobe der 5. Symphonie von Gustav Mahler mit dem Symphonieorchester Vorarlberg (SOV) unter der Leitung des bereits international berühmten russischen Dirigenten Kirill Petrenko (geb. 1972 in Omsk) präsentierte. Der junge Maestro studierte am Landeskonservatorium in Feldkirch und in Wien, seine Weltkarriere verlief rasant; aktuell ist er GMD der Bayerischen Staatsoper und designierter Chefdirigent der Berliner Philharmoniker. Die Treue des heutigen Weltstars zu seiner einstigen zweiten Heimat Vorarlberg fordert Respekt und brachte dem Publikum im ausverkauften Saal der Kulturbühne einen raren Kunstgenuss.
Schmutzhard mit Mahler-Liedern
Der Tiroler Bariton Daniel Schmutzhard (geb. 1982) eröffnete mit seiner sonoren Stimme, die er wortdeutlich einsetzt, das Nachmittagskonzert mit den 4 „Liedern eines fahrenden Gesellen“ von Gustav Mahler. Der schon weltweit prominente Sänger (Schubertiade, Bregenzer Festspiele, Berlin, Paris, München usw.) sang die im Volkston geschriebenen Mahler-Lieder mit großer Inbrunst, etwa das dramatische „Ich hab´ein glühend Messer in meiner Brust“ oder das lyrisch-zarte „Die zwei blauen Augen von meinem Schatz“. Das SOV unter Petrenko begleitete sensibel.
Petrenko, der werktreue Maestro
Nach der Pause dann die fünfsätzige Fünfte Mahler in cis-Moll. Kirill Petrenko ist heute schon weltweit ein Begriff für absolute Werktreue, präzise Schlagtechnik und ein Magier köstlicher musikalischer Farben mit ökonomischem gestischem Einsatz. Keine Sekunde eine Pultdiva oder ein Selbstdarsteller, aber stets ein demütiger Diener der Tonschöpfer. Das anfangs zitierte „verfluchte Werk“ war für Mahler eine schwere Bürde, denn er litt unter einem beinahe krankhaften Drang immer neuer Überarbeitungen, an einer Fülle trivialer wie auch monumentaler Polyphonien und bisweilen an deren instrumentaler Ausuferung. Die Uraufführung 1904 wurde ein Misserfolg, auch weiteren Aufführungen erging es nicht besser. Mahler starb früh; aber wie erwähnt, etwa Bernstein oder aktuell Petrenko erfüll(t)en nun den Wunsch Mahlers nach Anerkennung und Verständnis des Werks. In Götzis erklang die sehr lange Fünfte mit dem Dirigat Petrenkos jedenfalls als prächtiger Klangkosmos, der sicher auch heute noch mehr das Gefühl als den Intellekt (zum „Kapieren“) animierte. Das Trompetensignal zu Beginn und der von düsterem Glanz umflorte Trauermarsch, das volkstümlich unbeschwerte Scherzo, das flirrend dekadente Adagietto der Harfe oder das fiebrige Streben zur Stretta und der Schlussapotheose hin – nur ein paar Aspekte mit einem hochrangigen Orchester unter einem singulären Dirigenten. Langer Jubel!
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