Deutlich mehr Verkehrstote auf Österreichs Straßen im ersten Halbjahr

Die vorläufigen Daten zeigen einen Anstieg von 138 auf 162 Tote, was einem Plus von 17 Prozent entspricht, wie das Kuratorium für Verkehrssicherheit mitteilte. Überschattet wird die aktuelle Bilanz zudem von vier verstorbenen Kindern.
Starker Anstieg bei Verkehrstoten auf Fahrrädern, E-Bikes und E-Scootern
14 Prozent aller Verkehrstoten wurden beim Zu-Fuß-Gehen getötet. Etwa jeder Fünfte verunglückte mit einem Motorrad. Gegenüber dem Vorjahreszeitraum ist die Zahl der betroffenen Biker um 19 Prozent gestiegen. Auffällig sei weiters der starke Anstieg bei Getöteten auf Fahrrädern, E-Bikes und E-Scootern um 108 Prozent. Besonders drastisch sei die Situation heuer bisher für ungeschützte Verkehrsteilnehmer gewesen. Das KFV wertete für die Analyse die Daten des Innenministeriums und der Statistik Austria bis inklusive 29. Juni aus. Laut dieser vorläufigen Halbjahresbilanz sind 16 Prozent der insgesamt 162 Verkehrstoten mit Fahrrad, E-Bike oder E-Scooter verunglückt.

KFV fordert Helmpflicht für Fahrer von E-Bikes und E-Scootern
"Der Boom bei E-Bikes und E-Scootern sorgt dafür, dass ungeschützte Verkehrsteilnehmende heute deutlich schneller unterwegs sind und damit einem höheren Verletzungsrisiko ausgesetzt sind als früher", sagte Klaus Robatsch, Leiter der Verkehrssicherheit im KFV. Der Experte wiederholte die Forderung nach der Einführung einer Helmpflicht bei Benutzung von E-Bikes und E-Scootern. Zudem müsse die Infrastruktur für Radfahrer auf allen Ebenen deutlich ausgebaut werden.
Während im ersten Halbjahr des Vorjahres drei Kinder ihr Leben im Straßenverkehr verloren haben, sind es heuer bereits vier. Zwei davon sind unabhängig voneinander mit Fahrrädern unterwegs gewesen und bei unbeschrankten Bahnübergängen getötet worden. Das KFV fordert daher auch einen strafferen Zeitrahmen bei der Überprüfung von Eisenbahnkreuzungen, hieß es in der Aussendung.
"Das Ziel der österreichischen Verkehrssicherheitsstrategie von maximal 310 Toten bis Jahresende dürfte damit klar verfehlt werden, weil in der zweiten Jahreshälfte erfahrungsgemäß mehr Unfälle geschehen als in der ersten", sagte Robatsch. Hauptunfallursachen im 1. Halbjahr waren Unachtsamkeit und Ablenkung sowie nicht angepasste Geschwindigkeit.
Corona-Jahre brachten weniger Verkehrstote auf Österreichs Straßen
Im Zehnjahresverlauf ist zu erkennen, dass die Corona-Jahre 2020 und 2021 (153 und 151) mit all ihren Einschränkungen die niedrigsten Verkehrstoten im ersten Halbjahr hervorbrachten. 2016 waren es im Vergleichszeitraum noch 190 Verunglückte gewesen, 2018 sogar 199. Während 2022 wieder 191 Tote zu verzeichnen waren, sank die Zahl 2023 auf 179 und im Vorjahr sogar auf 138 Tote. Der Bundesländervergleich zeige laut Mobilitätsclub ÖAMTC, dass nur in Kärnten, Salzburg und der Steiermark die Zahl der Verkehrstoten gesunken ist. Zuwächse gab es hingegen im Burgenland, in Niederösterreich, Oberösterreich, Tirol und Wien. In Vorarlberg blieb die Zahl unverändert.
ÖAMTC warnt vor bevorstehenden unfallträchtigen Tagen
Mit dem Ferienbeginn im Osten Österreichs und dem einsetzenden Reiseverkehr stünden nun auch die unfallträchtigsten Tage des Jahres bevor, warnte der ÖAMTC. Eine aktuelle Auswertung des Clubs zeigt, dass sich im Zeitraum 2012 bis 2024 am 6. Juli durchschnittlich 155 Unfälle mit Personenschaden ereignet haben - rund 55 mehr als an einem durchschnittlichen Tag. "Die erste Juli-Woche ist generell besonders unfallträchtig: Fünf der zehn Tage mit dem höchsten Unfallgeschehen fallen in diesen Zeitraum", sagte ÖAMTC-Verkehrstechniker Christoph Schönlechner. Auch im Monatsvergleich liegt der Juli an der Spitze - noch vor Juni und August. In den Sommermonaten treten Unachtsamkeit, Ablenkung, Übermüdung sowie gesundheitliche Probleme durch Hitze deutlich häufiger auf als im Jahresdurchschnitt. Der Experte plädierte dafür, ausgeruht in lange Reisen zu starten, regelmäßig Pausen zu machen und auf ausreichende Flüssigkeitszufuhr achten.
VCÖ für Tempo 80 statt 100 auf Freilandstraßen
Die Mobilitätsorganisation VCÖ plädiert angesichts der hohen Todeszahlen für eine Geschwindigkeitsreduktion auf Freilandstraßen, auf die im Vorjahr 56 Prozent der Verkehrstoten entfielen. "Die verkehrssichersten Staaten Europas haben auf Freilandstraßen niedrigere Tempolimits. Auch in Österreich könnten viele schwere Unfälle vermieden und Menschenleben gerettet werden, wenn Tempo 80 auf Freilandstraßen zur Regel und Tempo 100 die zu begründende Ausnahme wird", sagte VCÖ-Expertin Katharina Jaschinsky. Wichtig seien auch mehr Tempokontrollen, insbesondere auf Freilandstraßen.
Im internationalen Vergleich zeige sich auch, dass die Verkehrsstrafen in Österreich verhältnismäßig niedrig sind. Als Beispiel wird das Handy-Telefonieren am Steuer genannt: "Wer mit dem Handy am Ohr telefoniert, reagiert so schlecht wie ein Alkolenker mit 0,8 Promille. Noch gefährlicher ist das Schreiben von Nachrichten während des Autolenkens. Die Strafhöhe von 100 Euro steht in keinem Verhältnis zur Gefahr für Gesundheit und Leben für andere Verkehrsteilnehmerinnen und Verkehrsteilnehmer", so Jaschinsky. Der VCÖ fordert die Aufnahme des Vergehens, während der Fahrt zu telefonieren, ins Vormerksystem.
(APA/Red)
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