AA

Der schnellste Hells Angel der Welt kam aus Dornbirn

Joachim Mangard (VOL.AT) joachim.mangard@russmedia.com
"Mister 100 Prozent" mit über 325 km/h: Der Drag Bike-Racer aus Dornbirn holte zahlreiche Rekorde und Titel.

Der Dornbirner knackte mit seinem selbstgebauten Drag Bike unzählige Rekorde, durchbrach die "7-Sekunden-Schallmauer" auf der Viertelmeile und wurde Weltmeister sowie zweifacher Europameister.

Hells Angels Racing Team

In den 90er-Jahren zählte Werner "Kruse" Sohm zu den besten Drag-Racern der Welt. In den Diensten des Hells Angels Racing Team ließ der gebürtige Dornbirner auf seiner selbstgebauten, im wahrsten Sinn des Wortes, Höllenmaschine, regelmäßig den Asphalt auf den größten Rennstrecken der USA und in Europa brennen.

Im Rausch der Geschwindigkeit

Die Liebe zum Motorradsport war dem inzwischen 75-Jährigen bereits früh in die Wiege gelegt, zunächst fühlte er sich aber mehr im Motocross-Bereich zu Hause. In den USA entdeckte er dann seine Leidenschaft für den Geschwindigkeitsrausch und die legendären Viertel-Meilen-Rennen auf speziell für die Kurzstrecke angefertigten Maschinen.

Werner "Kruse" Sohm und sein selbst konstruiertes Harley Davidson Drag Bike. ©MJ

In seiner Werkstatt gewährte der passionierte Biker VOL.AT ein paar exklusive Einblicke in eine einzigartige Karriere.

"1981 entschloss ich mich zu einer Reise in die USA, eigentlich um vor Ort Motorräder zu kaufen. Das Land, die Kultur und letztlich der Rennsport haben mich aber von Anfang an gefesselt und ich schlug meine Zelte in Oakland auf. Zwei Jahre später bestritt ich mein erstes Drag-Rennen und wurde zum Piloten des Hells Angels Racing Teams", erzählt der charismatische Schrauber.

Kruse im Einsatz für das Hells Angels Racing Team. ©handout/Sohm

Die Kombination aus Technik und der Abstimmung, die nur ein gefühlvoller Pilot auf die Maschine übertragen könne, seien damals der Schlüssel zum Erfolg gewesen. Und nötig, um der unglaublichen Kräfte Herr zu werden, die bei diesem Sport auf Mensch und Maschine wirken.

In Koblach zeigte Werner Sohm dem Publikum seine spektakuläre Maschine. ©handout/Sohm

"Beim Start wirken bis zu 4,5 G auf den Piloten. Entscheidend für ein gutes Rennen sind Reaktionszeit, das Spiel mit der Kupplung, Timing und der totale Fokus auf die Strecke", führt das Gründungsmitglied des Vorarlberger Hells-Angels-Charters weiter aus. Die Gefahr fahre immer mit, sitze man doch auf einem Drag Bike, das knapp fünf Liter Nitromethan auf einer Viertelmeile verbrenne.

Eine völlig verbogene Pleuelstange belegt die extremen Kräfte, denen die Teile seines Motorrads ausgesetzt sind. ©MJ

"Wenn man nicht aufpasst, die Temperatur nicht stimmt oder man einen Fehler in der Abstimmung macht, fliegt einem der Motor um die Ohren", erläutert der Motorrad-Experte die Gefahren in diesem Rennsport-Segment.

Inzwischen hat die Rennmaschine einen besonderen Platz in der Werkstatt.

Höllenmaschine Marke Eigenbau

Unzählige Stunden hat "Kruse" in seine Maschine investiert, die vom Rahmen, über den Motor bis hin zur Verkleidung und der letzten Schraube von ihm geplant und umgesetzt wurde. Und die ihm letztlich in seiner Klasse zu zahlreichen Erfolgen, Titeln und Rekorden verhalf.

Werner Sohm verbrachte unzählige Stunden mit der Konstruktion und den Einstellungen für seine Maschine. ©MJ

Die Viertelmeile unter 7 Sekunden

1988 holte sich Sohm in Las Vegas den Weltmeistertitel, zweimal kürte er sich zum Europameister. Besonders stolz ist er aber auf eine Marke, die bis heute nur wenige aufweisen können: "In Europa bin ich 1997 in Schweden die Viertel-Meile zum ersten Mal unter 7 Sekunden gefahren. Und das mit meinem Motorrad, das im Vergleich zu meinen Konkurrenten einen schwächeren Motor und weniger Hubraum vorzuweisen hatte. Das konnte ich aber durch mein Spiel mit der Kupplung, technischen Raffinessen, wie einer von mir konstruierten Doppelzündung, und meinem Fahrergefühl wettmachen."

Der Rennanzug des Fahrers in Diensten der Hells Angels. ©handout/Sohm

Gemeinsam mit seiner Crew und dem Hells Angels Racing Team bereiste Sohm bis Ende der 90er-Jahre zahlreiche Rennevents in ganz Europa und der Welt und konnte dem Sport mit seiner selbstgebauten Maschine, aufbauend auf einem Harley-Motor mit 150 PS und 2150 ccm Hubraum, den Stempel aufdrücken. Das Bike besitzt ein Zwei-Gang-Getriebe mit einer Fliehkraftkupplung und beschleunigt in 0,8 Sekunden auf Tempo 100.

"Krusi" mit einer Ehrung aus seinem ehemaligen Hells Angels Charter in Oakland. ©MJ

Durch die spezielle Treibstoffmischung aus Methanol und Nitromethan steigert sich die Leistung beim Drag Racing bis um das Fünffache, im Falle von Kruse konnte er auf rund 550 Pferdestärken bauen. 1998 gelang ihm so in Hockenheim der erste Lauf mit einer Top-Geschwindigkeit über 200 mph oder 325,65 km/h.

Werner Sohm und seine Crew. ©handout/Sohm

Im Finale: "Mister 100 Prozent"

Vor allem, wenn mal als "Mister 100 Prozent" die Finalläufe bestreitet. Diesen Spitznamen erhielt Werner Sohm, da er beim entscheidenden Rennen in seinen Tank reines Nitromethan füllte und die üblichen fünf bis zehn Prozent Methanol wegließ. Das birgt natürlich Gefahren, denn Nitromethan gilt als äußerst explosiver Kraftstoff. "Im Finale geht es um alles, entweder hält die Maschine und man geht als Sieger über die Ziellinie. Oder sie fliegt einem um die Ohren. Auf dem Track habe ich aber alles ausgeblendet und bin immer am absoluten Limit gefahren", erinnert sich Kruse an jene bewegte Zeit.

Mit diesem Helm erzielte Werner Sohm unzählige Erfolge. ©MJ

Die Faszination für das Zusammenspiel zwischen Mensch und Maschine und den mechanischen Eigenheiten einer Harley Davidson, die an die Grenzen ihrer Belastbarkeit geführt wird, ließen den Mechaniker unzählige Stunden an seinem Rennmotorrad feilen. "Damals, vor die Motorleistung und die Einstellungen über Computer gesteuert wurden, waren die Fähigkeiten der Crew, der Mechaniker und des Fahrers gleichermaßen gefragt. Nur wenn man das Gefühl für die Maschine und die jeweiligen Streckenbedingungen hat, weiß man, an welchen Schrauben man zu drehen hat, um die optimale Leistung herauszuholen", informiert Sohm.

Kruse und sein holländischer Teamkollege. ©handout/Sohm

Vom Verletzungspech verschont

Trotz unzähliger Rennen und Fahrten am äußersten Limit, blieb der gebürtige Muntlixer von Verletzungen verschont. Zu verdanken habe er das auch seiner großartigen Crew, ohne die seine Erfolge nie möglich gewesen wären. "Natürlich stößt man beim Drag Racing an seine Grenzen und überschreitet diese. Ich hatte das Glück, dass ich nie gröber zu Schaden gekommen bin. Auch weil ich mich immer zu 100 Prozent auf mein Team und ihre Fähigkeiten verlassen konnte", schließt der Höllenengel.

Werner "Kruse" Sohm mit einer Abordnung der Hells Angels aus Vorarlberg, Liechtenstein und Deutschland. ©handout/Sohm

Hells Angels Open House Party
im Wolfurter Klubhaus

Mit etwas Glück trifft man den ehemaligen Rennfahrer diesen Samstag im Klubhaus des Vorarlberger Charters in der Wolfurter Kesselstraße. Der Motorradclub feiert am Samstag, den 4. März ab 19 Uhr, eine Open House Party. Und vielleicht erzählt "Kruse" dort die eine oder andere Anekdote aus dem Leben des damals schnellsten Hells Angels auf der Welt.

(VOL.AT)

  • VOL.AT
  • Vorarlberg
  • Der schnellste Hells Angel der Welt kam aus Dornbirn