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Der "Engel von Cartagena" auf Heimatbesuch

Frastanz. Anlässlich ihres 90. Geburtstages besuchte Sr. Elfriede Jagersberger Österreich und informierte über ihr soziales Engagement in Kolumbien. Bei ihrem Heimatbesuch trafen wir die Franziskaner Missionsschwester im Bernardaheim in Frastanz.
Der Engel von Cartagena auf Heimatbesuch

Die Kämpferin auf der Seite der Armen lebt auch heute mit den Müllmenschen in der 40.000-Menschen-Flüchtlingssiedlung “Nelson Mandela” am Rande der Millionenstadt Kartagena. So einfach und arm wie die Flüchtlinge. 1973 hat sie angefangen mit dem Aufbau einer kleinen Kirche, hat eine Volksschule mit fünf Klassen gebaut, einen Kindergarten, eine Küche“. Dann hatte sie mit dem Sortieren von Müll als Arbeitsprojekt gestartet. Das Sortieren von Müll bringt ein bescheidenes Einkommen für die Familien. Eine Kooperative wurde dafür gegründet. Schwester Elfriede sorgt für den Verkauf aller wieder verwertbaren Materialien. Vor allem Plastik ist ein gefragter Rohstoff. In der Fabrik werden jetzt Kunststoffe gewaschen und zu Granulat gemahlen. Insgesamt 8 Franziskanerinnen leben und arbeiten ebenso bescheiden als Missionarinnen in dieser Siedlung und arbeiten überall mit.

Die rüstige Ordensfrau hat bleibende Spuren in dem von Bürgerkrieg und Drogenhandel geprägten südamerikanischen Land hinterlassen. Ihre Bilanz als Seelsorgerin und Bauherrin ist beeindruckend: sechs Kindergärten, sieben Volksschulen, fünf Gesundheitsstationen, vier Kirchen und zwei Klöster gehen auf ihre Initiative zurück. Und auch in vorgerückten Alter will Sr. Elfriede, wie sie versicherte, ihrem Motto treu bleiben, “immer einen Schritt vorwärts” zu gehen: Als nächstes plant Sr. Elfriede den Ausbau von Werkstätten in Arroz Barato, wo jetzt mit Hilfe zusätzlicher Maschinen auch Schüler ausgebildet werden sollen.
An die 3.000 Schüler sind dann im Ort Arruzbarota in mehreren Schulen untergebracht, die Lehrer dort werden aber vom Staat bezahlt. „Auch Maturanten haben diese Schulen schon im 2. Jahr (2007 und 2008) verlassen und studieren entweder weiter oder suchen sich einen Job“, betont Sr. Elfrieda stolz.

„Heute leben an die 200 Familien im aufgebauten Dorf „Heneuquen“, sie haben in den kleinen Häusern auch Wasser und Strom. Und in der Schule gibt es sogar Computer und Internet“, meint sichtlich stolz Sr. Elfriede. Im Kindergarten “Los Ninos de Nelson Mandela 1” werden 220 Kinder betreut. Wichtig ist vor allem das Mittagessen, denn viele der Kinder kommen hungrig zur Schule. Hier wird auch mit Hilfe der Welternährungsorganisation für ein Mittagessen gesorgt. Dir Schulen wurden bis zur 4. Klasse Hauptschule ausgebaut, damit die Kinder wenigstens eine Grundbildung haben. An die 300 € pro Kind und Jahr kommt vom Staat. Unterrichtsmaterial, Bücher, Strom, Wasser und die Lebensmittel müssen damit finanziert werden.

Grundsatz ihres Engagements ist stets Hilfe zur Selbsthilfe. Sie beauftragte keine Baufirmen, sondern verlangt von der Bevölkerung Mitarbeit bei Bauprojekten. Die Folge: Männer lernen das Maurern, das Tischlern usw. In den Schulküchen wechselt sie das Personal, um mehr Frauen die Chance zu geben, ein paar Monate selbst etwas zu verdienen. Die mit Spendengeldern unterstützten Studierenden hielt sie an, neben der Ausbildung auch Sozialarbeit zu leisten.

Schwester Elfriede: “In Kolumbien herrscht Bürgerkrieg. Guerilleros vertreiben die Leute aus ganzen Landstrichen. Die Armee hat ihre Macht verloren. Da gibt es riesige Flächen für Drogenanbau. Wir müssen allen helfen. Der Staat hilft etwas, aber sehr wenig”. Vor einigen Jahren planten Guerilleros, sie zu entführen, um Lösegeld zu erpressen. Da sie gerade nicht da war, nahmen sie den Architekten mit, der sich um ihre Bauten kümmert. Einen Monat lang hatte Schwester Elfriede zäh verhandelt, hat den Guerilleros ins Gewissen geredet: “Wir haben doch die selben Ziele, den Armen zu helfen. Ihr habt eure Ziele verraten. Jetzt seid ihr Terroristen, Drogenhändler und Entführer geworden. Ich habe kein Geld”. „Heute ist es besser geworden, die Guerilleros lassen uns und die Menschen hier in Ruhe“, so die willensstarke Missionsschwester.

Welchen Wunsch hätte sie noch?
“Dass alle Arbeit haben und nicht so viele Hunger leiden müssen“, ist ihre Antwort nach 73 Jahren in Kolumbien. „Nach Österreich wolle sie nicht zurück, das wäre nichts für mich“ meint sie ganz lapidar.

Bericht Helmut Köck.

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