Pro Monat gab es heuer durchschnittlich 8 Pleiten. Zweitgrößte Pleite in Österreich – Insolvenz Bertsch Energy GmbH & Co KG.Laut aktueller KSV1870 Hochrechnung sind im Jahr 2022 in Vorarlberg 99 Unternehmen (+ 98,0 % gegenüber 2021) von einer Insolvenz betroffen.
Im Vergleich zum Vorkrisenniveau ergibt sich ein Minus von 25,6 %. Denn 2019 gingen 133 Vorarlberger Firmen pleite. Vor allem die Branchen Bauwirtschaft, Handel und Verkehr/Lagerei sind im westlichsten Bundesland von einer Insolvenz betroffen.
4.770 Unternehmen in Österreich
Österreichweit rutschten heuer 4.770 Unternehmen (+ 57,2 % gegenüber 2021) in die Pleite. Alle neun Bundesländer verzeichnen Zuwächse – am deutlichsten fällt dieses in Oberösterreich und Tirol aus.

Die größte Firmenpleite des Jahres betrifft jene der CPI Gruppe aus Wien mit geschätzten Passiva* von rund 220 Mio. Euro. Gefolgt von der Vorarlberger Firma Bertsch Energy GmbH & Co KG mit Passiva in Höhe von 138,3 Mio. Euro.
Herausforderungen für Betriebe
Die Liste an Herausforderungen, mit denen sich die Betriebe aktuell beschäftigen müssen, ist im Jahresverlauf nicht kleiner geworden. Explodierende Kosten, steigende Energie- und Rohstoffpreise, die hohe Inflation, erhöhte Zinsbelastungen und der akute Personalmangel belasten die Budgets der Unternehmen weiterhin massiv. „Angesichts der Vielzahl an Baustellen, mit denen sich die heimische Wirtschaft herumschlagen muss, ist es keine Überraschung, dass die Zahl der Firmenpleiten gegenüber dem Vorjahr um mehr als die Hälfte gestiegen ist“, erklärt Regina Nesensohn, Leiterin KSV1870 Standort Feldkirch.

Dabei fällt auf, dass insbesondere die Zahl der mangels Kostendeckung nicht eröffneten Fälle massiv gestiegen ist und auch hier wieder Sphären des Vorkrisenniveaus erreicht werden: Mussten im Vorjahr 15 Fälle abgewiesen werden, waren es heuer mit 32 Fälle doppelt so viele. „Wird eine Pleite mangels Kostendeckung nicht eröffnet, sind in dem insolventen Unternehmen nicht einmal mehr 4.000 Euro verfügbar, um Gerichtskosten zu finanzieren“, so Nesensohn und ergänzt: „Das ist sehr häufig ein Zeichen dafür, dass mit dem Insolvenzantrag solange zugewartet wurde, bis gar nichts mehr geht. In so einem Fall verliert das Unternehmen die Gewerbeberechtigung und müsste liquidiert werden. Der ‚worst case‘ für alle. Denn sämtliche Mitarbeiter verlieren ihre Jobs und die Gläubiger sehen keinen Cent.“
1.700 Geschäftsschließungen
Abseits der Insolvenzen gab es in Vorarlberg im Jahresverlauf über 1.700 zusätzliche Geschäftsschließungen, wo sich die Eigentümer entschlossen haben, den Betrieb mehr oder weniger freiwillig einzustellen. Österreichweit waren es fast 50.000 Geschäftsschließungen. Die Gründe dafür sind vielfältig. So ist es zum Beispiel nicht gelungen, einen Nachfolger zu finden oder eine Fortführung erschien aus wirtschaftlichen Blickwinkeln wenig sinnvoll. Dabei kommt es nicht von ungefähr, dass es ausgerechnet heuer eine derart hohe Zahl an Schließungen gab: „Häufig lief das Geschäft schon vor der Corona-Krise wenig erfolgreich. Während der Pandemie wurde dann versucht, sich mit finanzieller Unterstützung über Wasser zu halten. Und jetzt, wo die staatlichen Hilfsgelder ausbleiben, geht es sich für viele Betriebe einfach nicht mehr aus“, erklärt Nesensohn.

Sämtliche Bundesländer mit deutlichen Insolvenzzuwächsen
Ein Blick auf die Österreich-Karte zeigt, dass alle neun Bundesländer in diesem Jahr mehr Firmenpleiten zu verzeichnen haben als im vergangenen Jahr. Das deutlichste Plus verzeichnen die Bundesländer Oberösterreich (+ 105,9 %), Tirol (+ 105,2 %) und Vorarlberg (+ 98,0 %).
Passiva um ein Fünftel gestiegen
Parallel zu den Unternehmensinsolvenzen selbst haben sich in diesem Jahr auch die geschätzten Passiva* österreichweit erhöht – seit Jänner 2022 um 27,0 Prozent auf 2,2 Mrd. Euro. Das Konkursverfahren der Firma Bertsch Energy GmbH & Co KG wurde heute eröffnet. Dem Unternehmen stehen Passiva von 138,3 Mio. Euro zu Buche. Es ist dies die zweitgrößte Firmenpleite des Jahres in Österreich und die größte Firmenpleite der letzten Jahren in Vorarlberg. Unabhängig davon ist im Jahresverlauf die Zahl der Firmenpleiten deutlich mehr angestiegen als jene der Passiva.

Dadurch bestätigt sich der jüngste Trend: Unternehmensinsolvenzen werden zunehmend kleinteiliger. Insgesamt gab es bislang 31 Großinsolvenzen mit einem Volumen von jeweils über 10 Mio. Euro. Die größte Firmenpleite des Jahres verzeichnet die CPI Gruppe (rd. 220 Mio. Euro Passiva) in Wien. Ein kurzer Blick in die Bundesländer: Am massivsten sind die Verbindlichkeiten* in Vorarlberg (+ 920 %) und Tirol (+ 208,3 %) gestiegen. In Kärnten fallen die Pleiten hingegen deutlich kleinteiliger aus. Im Süden Österreichs sind die Passiva um rund 80 Prozent gesunken, obwohl auch hier deutlich mehr Insolvenzen als im Vorjahr gezählt wurden.
*) Die Passiva für das Jahr 2022 sind vorläufige Werte und beziehen sich auf den Stichtag der Hochrechnung, den 13.12.2022. Im Zuge der fortlaufenden Insolvenzverfahren werden sich diese Passiva noch verändern.
Vorarlberger Insolvenztreiber
Es hat sich während des Jahres bereits abgezeichnet. Die Branchen Bauwirtschaft (19), Handel (18) und Verkehr/Lagerei (14) sind auch am Ende des Jahres jene Bereiche mit den deutlich meisten Firmenpleiten. Alleine diese drei Branchen machen knapp die Hälfte aller Unternehmensinsolvenzen des Jahres aus.

Entwicklung setzt sich 2023 fort
Der KSV1870 geht davon aus, dass die aktuellen Entwicklungen weiter an Tempo zulegen werden und die Zahl der Firmenpleiten im kommenden Jahr steigen wird. „Wir befinden uns nach wie vor in einer Phase der Normalisierung des Insolvenzgeschehens, doch die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen setzen den österreichischen Unternehmen mehr als sonst zu. Auch darauf ist die aktuelle Beschleunigung zurückzuführen“, erklärt Nesensohn. Und weiter: „Aus heutiger Sicht ist nicht davon auszugehen, dass der Staat ein weiteres Mal in einem dermaßen großen Ausmaß in den Wirtschaftskreislauf eingreifen wird, wie zu Beginn der Corona-Krise. Eine Fortsetzung der diesjährigen Insolvenzentwicklung ist wahrscheinlich.
(VOL.AT/KSV)
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