Das Leben als junge Frau in der Großstadt ist anstrengend. Vor allem, wenn man eine depressive Autorin mit Schreibblockade ist. Wenn man keine Arbeit und keinen Schlafplatz hat, aber viele schlechte Dates. Doch wie lässt sich diese Geschichte neu erzählen? Am besten, indem man es wie Susanne Heinrich in "Das melancholische Mädchen" macht. Der preisgekrönte Streifen läuft ab Freitag im Kino.
Das melancholische Mädchen: Kurzinhalt zum Film
Hier hat die Protagonistin keinen Namen und keine individuelle Biografie. Man beleuchtet kein Einzelschicksal, sondern eine Struktur. "Das melancholische Mädchen" hat schon vor seinem Kinostart einige Preise gewonnen - darunter den Hauptpreis beim renommierten Nachwuchs-Festival Max Ophüls Preis. Und das zurecht: Denn obwohl sich der 80-minütige Film vom klassischen Erzählkino verabschiedet hat, ist er kurzweilig und witzig.
In 14 Episoden, die lose bis gar nicht zusammenhängen, trifft das "melancholische Mädchen" (Marie Rathscheck) auf Figuren, die eigentlich keine menschlichen Wesen, sondern roboterhafte Prototypen sind. Yoga-Mütter, die alles Seelenheil im Kind finden. Männer, die Meditation als religiöses Erweckungserlebnis feiern oder glauben, als DJ jede Frau ins Bett zu bekommen. Frauen, die ihre Emanzipation nur noch in einer Werbung für einen Online-Versandhandel thematisieren.
Das Szenenbild ist dabei so künstlich wie die emotionslosen Dialoge. Ein gewollter Verfremdungseffekt, mit dem uns die Drehbuchautorin und Regisseurin Heinrich darauf aufmerksam machen will, wie absurd unser Alltag eigentlich ist. "Die Behauptung ist, dass wir uns in unserer postmodernen Gesellschaft durch lauter Nicht-Orte bewegen und im Modus der Werbung aufeinander einreden statt uns wirklich zu begegnen", sagte die 33-Jährige in einem Gespräch, das ihr Filmverleih Salzgeber vor dem Kinostart veröffentlichte. "Wir suchen nach Ersatz für die verlorene Religion. Wir leben in einer hypersexualisierten, aber total unerotischen Welt."
Das melancholische Mädchen: Die Kritik
Auch das "melancholische Mädchen" ist eher Prototyp als individuelle Figur. "I'm every woman", heißt es im Film an einer Stelle. Oder an anderer: "Ich fange an, meine Depression als Politikum zu betrachten. Es ist kein persönliches Versagen, sondern ein strukturelles Problem." Depression ist in dieser Lesart eine Folge von Geschlechterverhältnissen oder anderen gesellschaftlichen Zwängen.
Diese werden im Film auf den Kopf gestellt. Dann macht zum Beispiel einer der Männer auf dem Bett Pin-up-Posen, während das "melancholische Mädchen" aus einem Buch des französischen Autorenkollektivs "Tiqqun" zitiert. Oder in der schönen Schlussszene des Filmes: Da schleckt das Mädchen minutenlang genüsslich ein Eis - als Gegenreaktion auf die Tatsache, dass Frauen in Filmen eigentlich nie beim Essen zu sehen sind.
(APA/Red)
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