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Damals-Heute: Vom Gasthaus zum Krankenhaus

Johann Josef Beck baute 1840 ein Wohnhaus mit Gasthaus und Stall, das später der Sommersitz Industriellen "S’Herrassa-Amman" wurde
Johann Josef Beck baute 1840 ein Wohnhaus mit Gasthaus und Stall, das später der Sommersitz Industriellen "S’Herrassa-Amman" wurde ©Helmut Köck
Maria Ebene heute

Frastanz. Im Rahmen der VOL-Serie “Geschichtliche Bilddokumente” berichten wir über den geschichtlichen Hintergrund des heutigen Krankenhauses Stiftung Maria Ebene. Kaum einer dürfte erahnen, das hier einst ein Gasthaus und später ein Kinderheim betrieben wurde.

Vorarlberger Pioniere

Die beiden Brüder Johann Amman und sein Bruders Franz Xaver aus Göfis waren bekannte Industriepioniere mit Spinnerei und Färberei in Oberitalien, in der damals noch österreichische Lombardei. Eine der jüngeren Schwestern der beiden Amman-Brüder war Maria Elisabeth, genannt Lisa. Sie verheiratete sich mit Johann Josef Beck aus Fellengatter und gründete mit ihm eine große Familie. Sechs Kinder schenkte sie ihrem Mann, der 1836 das landwirtschaftliche Areal in Fellengatter, wo heute das Krankenhaus steht, erwarb.

Bau des Wohn- und Gasthauses

Die Familie hatte große Pläne und reichte 1840 reichte beim löbl. kaiserl. königl. Land- und Criminalgericht Sonnenberg das Gesuch ein, “man möge ihm doch die Bewilligung erteilen, zu Fellengatter in der Gegend Maria Ebene, ein neues Wohn- und Gasthaus nebst Stall erbauen zu dürfen. Als Grund dafür führte er an, dass “die Wahlfahrtt zu Maria Ebnit eine größere Aufnahme gefunden, seit eine Kirche für das dortige Gnadenbild erbaut wurde, so zwar, dass die Andächtigen aus der Nähe und Ferne, sehr zahlreich dahin strömen. Die meisten bedürfen nach einem stundenlangen Marsche auch einer Labung für den Körper, welche sie bei dem unterzeichneten berechtigten Schankwürth suchen und bestmöglichst finden”.

Mit Feuereifer ging es an die Verwirklichung des Projektes, das zu einem wesentlichen Teil durch den Durst und den Hunger der erhofften frommen Wallfahrer finanziert werden sollte. Aber die Baukosten überstiegen bald alle Berechnungen und die Frömmigkeit der Wallfahrer war oft größer als Hunger und Durst. 1843 waren Josef Beck und seine Frau Elisabeth gezwungen, und dafür ihr gesamtes Anwesen zu verpfänden. Johann Beck verstarb am 19. November 1848 wohl nicht zuletzt aus Sorgen und Verzweiflung über die schwierige Situation und hinterließ seiner Witwe und seinen sechs minderjährigen Kindern einen Berg von Verbindlichkeiten.

Johann Amman übernimmt den Landsitz

Die Witwe Elisabeth Beck hatte es wirklich schwer. Auf ihren Schultern lastete nun die alleinige Verantwortung für die gesamte Familie. Da schlug das Schicksal erneut zu. 1854 verstarb sie und hinterließ eine unmündige Kinderschar, die nun weder Vater noch Mutter hatten. Schließlich war es Johann Amman der 1855 die angeführten Realitäten samt dem Wohn- und. Gasthaus in Fellengatter übernahm.

Jedes Jahr auf “Sommerfrische” nach Maria Ebene

Die “Sommerfrische” auf Maria Ebene, im alten traditionsreichen Landgut in der Nähe der kleinen Wallfahrtskirche gehörte dann zum jährlichen Zeremoniell der Familie. Bis zum 2. Weltkrieg waren “S’Herrassa-Amman” jedenfalls regelmäßig in Vorarlberg anzutreffen und noch heute noch erinnern sich ältere Bürger von Feldkirch, wie jede Woche Geschäftsleute nach Maria Ebene “pilgerten”, um dort ihre Waren anzupreisen bzw. zu verkaufen. Kontakt wurde zur großen Verwandtschaft gehalten und die Besuche auf der “Letze”, dem nur wenige Gehminuten entfernten Sommerwohnsitz der Familie Getzner gehörten zum Urlaubsprogramm. Um 1895 wurde in Carate, kaum eine Autostunde von Monza entfernt, ein neuer Sommersitz “Riverio Superiore” erworben. Aber “Maria Ebene” blieb ein Zauberwort in der Familie und durfte jedenfalls zu Lebzeiten von Ferdinand und Pauline nicht verkauft werden und blieb bis 1956 im Besitz der Familie. Die Wirtschaft wurde noch für einige Jahre verpachtet.

Das Kinderheim entsteht

Im November 1956 übergaben die Erben ihren traditionsreichen Besitz an das Seraphinische Liebeswerk für Vorarlberg und Liechtenstein. Der legendäre Pater Josef errichtete dort mit Hilfe der Gönnerin Olga Nagel ein Heim für sozial geschädigte Kinder. Viele der älteren Mitbürger können sich noch an den etwas “raubeinigen” Kapuziner erinnern: Nach dem Klosterdienst sah man Pater Josef, die Arbeitsschürze über das Ordenskleid gebunden, mit seinem “Lastwägele”, beladen mit Baumaterial, Pickel und Schaufel über die Felsenau nach seiner Wirkungsstätte Maria Ebene fahren. Er sorgte auch für eine bessere Infrastruktur in der Parzelle, suchte mit der Wünschelrute selbst nach Wasser, baute den Kindern in Fellengatter einen Schilift, half bei der Renovierung der Kapelle und war an der Vergrößerung der Schule interessiert.

Gründung Krankenhaus Stiftung Maria Ebene

Die allzu rasch fortschreitende Eingliederung der sozialgeschädigten Kinder in Familien machte der Notwendigkeit solcher Heime ein rasches Ende. So konnte die Sozialerrungenschaft des Pater Josef im späteren Suchtkrankenhaus eine sinnvolle Nachfolge antreten. 1975 ermöglichte das Seraphinische Liebeswerk durch die Einbringung des Objektes Kinderheim und die Mitgliedschaft in der Stiftung Krankenhaus Maria Ebene die Errichtung dieser Institution. Das Krankenhaus sollte ein Teil der Behandlungskette sein – sowohl im Vorfeld als auch in der Nachbetreuung, gemeinsam mit psychosozialen Stellen wie dem Sozialmedizinischem Dienst (SMD) der Caritas sowie mit Haus- und Nervenärzten. Am 19.10.1976 wurde der erste Patient in Maria Ebene aufgenommen.

Das waren einige Details aus dieser interessanten Geschichte, die Manfred A. Getzner in einem umfassenden Artikel dokumentiert hat: “Vorarlberger als Industriepioniere in Oberitalien” in Montfort Vierteljahresschrift für Geschichte und Gegenwart Vorarlbergs Jg. 53, 2001, Heft 4, S. 433 – 461.

Maria Ebene 17,Frastanz, Austria

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