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Coronavirus: ÖVP, Grüne und SPÖ ziehen an einem Strang

"Im Zentrum" beschäftigte sich gestern mit dem Coronavirus.
"Im Zentrum" beschäftigte sich gestern mit dem Coronavirus. ©Screenshot ORF
Kaum eine Krise löste in letzter Zeit so viel Einigkeit zwischen der Regierung und den Oppositionsparteien aus wie das Coronavirus. Gestern zeigte sich das etwa in der ORF-Sendung "Im Zentrum".
Coronavirus-Ticker

Selten gesehene Einigkeit haben Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne), Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) und Pamela Rendi-Wagner, Chefin der größten Oppositionspartei SPÖ, in der ORF-Sendung "Im Zentrum" am Sonntagabend gezeigt. "Jetzt ist nicht die Zeit für Kritik an der Regierung", formulierte es Rendi-Wagner.

Anschober betonte, in der Bekämpfung der Corona-Epidemie sei faktenbasiertes Vorgehen notwendig. Das gelte auch bei Entscheidungen für Großevents, die beispielsweise in der Schweiz zumindest bis Mitte März ausgesetzt sind. "Wir haben einen Leitfaden für Veranstalter herausgegeben. Es ist von Fall zu Fall zu entscheiden." Wenn ein Erkrankungsfall im Umfeld einer Veranstaltung auftrete, werde es angebracht sein, die Veranstaltung abzusagen. "Die Entscheidung, ob eine Großveranstaltung abgesagt wird oder nicht, ist keine Daumen-hoch-Daumen-runter-Entscheidung", assistierte Nehammer.

Coronavirus: Uni bleiben geöffnet

Die beiden Minister betonten auch, dass es derzeit nicht angebracht sei, das am Montag beginnende Sommersemester auf den Universitäten auszusetzen. "Unis zu schließen, ist ein politischer Showeffekt, und dafür sind wir nicht zu haben", sagten Anschober und Nehammer.

Rendi-Wagner erläuterte, dass das Coronavirus im Unterschied zu den jährlich auftretenden Grippewellen erst seit einigen Wochen bekannt sei. "Und das macht Angst", sagte die SPÖ-Chefin und Medizinerin. Aber Österreich habe in den vergangenen 20 Jahren mehrere Gesundheitsbedrohungen gut gemeistert, von SARS und Mers angefangen. "Wir müssen Schulter an Schulter zusammenstehen." Wichtig sei die Informationskampagne, diese müsse Vertrauen schaffen. Rendi-Wagner zeigte sich auch optimistisch, dass sich das Coronavirus in Österreich nicht ähnlich wie in Italien ausbreiten wird, "weil wir ein ganz anderes Infektionsüberwachungssystem haben".

Verschiedene Coronavirus-Szenarien möglich

Anschober sagte, es gebe derzeit drei Möglichkeiten, wie sich die Coronavirus-Epidemie entwickeln könnte, die von Experten für etwa gleich wahrscheinlich gehalten werden: Das Virus werde ähnlich wie SARS eingedämmt und ausgehungert; es komme zu einer Pandemie mit unkontrollierter Ausbreitung; oder es gebe ähnlich wie bei der Grippe jährlich zu bestimmten Jahreszeiten wiederkehrende Wellen.

Man benötige eine gemeinsame Strategie der Bundesregierung mit den Ländern und der Opposition, "um Zeit zu gewinnen", sagte der Gesundheitsminister. Zeit, um die Spitalskapazitäten zu erhöhen, bis die Grippewelle abgeklungen ist, um spezifische Medikamente gegen das Coronavirus zu entwickeln, und schließlich um einen Impfstoff zu entwickeln.

Nehammer betonte, dass Aktionen wie das Stoppen eines Zuges oder eines Busses nicht "aufgrund einer panischen Entscheidung" passieren. "Es gibt eine grenzüberschreitende Informationskette, dann wird die Information evaluiert, und dann werden Maßnahmen getroffen und umgesetzt."

Weltwirtschaftskrise unwahrscheinlich

Dass das Virus eine globale Weltwirtschaftskrise auslöst, glaubt Gabriel Felbermayr, Präsident des Instituts für Weltwirtschaft Kiel, nicht. "Die Frage ist, wie sich das Virus ausbreitet. Politischer Streit ist nicht die Art von Diskussionen, die für Vertrauen sorgen. Ich hoffe, dass sich die Österreicher das ersparen." Es wäre allerdings wichtig, dass in den Schengenraum aus Drittstaaten Einreisende "zumindest informieren", woher sie kommen.

Anschober betonte, dass Fiebermessungen am Flughafen für aus China direkt Einreisende "nur etwas über den Status quo aussagen". Rendi-Wagner ergänzte: "Eine lückenlose Testung gibt es eben auch nicht." Es gebe auf dem Weg von China nach Wien mehrere Umsteigmöglichkeiten.

Anschober gegen latenten Rassismus

Felbermayr sagte auch, dass man anhand der großteils nach Asien ausgelagerten Medikamentenproduktion sehe, dass es wichtig sei, diversifiziert zu produzieren und diversifiziert einzukaufen. "Da wird man nachbessern müssen. Man sieht, dass globale Wertschöpfungsketten fragil sind." Anschober dazu: "Ich bin überzeugt, dass wirtschaftliche Globalisierung in den Bereichen zu lenken ist, wo es um Sicherheitsfragen geht." Letztlich lasse sich das nur auf europäischer Ebene lösen.

Anschober appellierte, dem latenten Rassismus entgegenzutreten: "Es ist ja kein Zufall, dass in der Wiener U-Bahn eine jungen Frau aus China mit einem großen Plakat auftritt, auf dem steht: 'Ich bin kein Virus'." Nehammer betonte die Wichtigkeit der Eigenverantwortung: "Hände waschen, wenn ich mich krank fühle, Menschenansammlungen meiden."

(APA/red)

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