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Coronakrise in Österreich: Der große Rück- und Ausblick

Anschober: "Wir stehen vor großen Herausforderungen"
Anschober: "Wir stehen vor großen Herausforderungen" ©APA/HELMUT FOHRINGER
Ab 11 Uhr gab die österreichische Bundesregierung einen Rück- und Ausblick zur Coronakrise in Österreich. Die Pressekonferenz fand im Sozialministerium statt: Live dabei waren Gesundheitsminister Anschober, sowie die Virologen Ostermann und Drosten (via Live-Schaltung).
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Anschober: "Es ist absolut noch nicht vorbei"

Österreich und Deutschland befinden sich derzeit in Sachen SARS-Cov-2 bzw. Covid-19 in einer guten Situation. Doch die Pandemie sei nicht vorbei. Jetzt gehe es darum, ein neuerliches größeres Aufflackern der Erkrankungen zu verhindern. Dies erklärten Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) und Experten, unter ihnen der Berliner Virologe Christan Drosten, Mittwoch in Wien.

Die aktuelle Situation

"Die Zahlen sind sehr gut. Es ist aber absolut nicht vorbei. Wir hatten in den letzten 24 Stunden 14 Neuinfektionen zu verzeichnen. Wir haben 417 aktuell Erkrankte. 71 befinden sich in Spitälern, nur mehr elf in intensivmedizinischer Behandlung", fasste Anschober die Situation in Österreich bei der Pressekonferenz zusammen.

"Viermal mehr Erkrankungen - nur eine Woche nach Lockdown"

Ausschlaggebend für die positive Entwicklung seien die frühen und schnellen Maßnahmen in Ländern wie Österreich und Deutschland gewesen, betonten der Minister und der per Video zugeschaltete Berliner Virologe. "Wir haben den Lockdown mit 16. März beschlossen. Das war die richtige Maßnahme zur richten Zeit. Nur eine Woche später hätte es eine Vervierfachung der Erkrankungen gegeben", sagte der Ressortchef. Drosten fügte hinzu: "Wichtig war die Kompetenz, dass schnell reagiert wurde. Wir waren in der Lage, die Situation schnell zu erfassen. (...) Wir haben gemerkt, was los ist." Jetzt sei man in der Lage, "dass uns das Virus nicht mehr auffällt".

Anschober: "Wir stehen vor großen Herausforderungen"

Allerdings müsse man die Lage rund um das Coronavirus jetzt längerfristig unter Kontrolle halten. Anschober: "Wir stehen vor großen Herausforderungen. (...) Wir müssen vermeiden, dass aus einer Sinuskurve wieder eine exponentielle Kurve wird."

Wenn die Situation aus dem Ruder laufe, werde es rasch sehr schwer, die Erkrankungsraten wieder zu senken.

19 Milliarden Euro für Corona-Maßnahmen

ÖVP und Grüne haben ihr Konjunktur- und Coronahilfspaket bei der Regierungsklausur am Dienstag noch einmal um einige Milliarden Euro aufgestockt. Nach Angaben des Finanzministeriums summieren sich die Maßnahmen auf insgesamt 19 Mrd. Euro, davon zwei Drittel "neues Geld". Die Summe der zur Bewältigung der Coronakrise und zur Belebung der Wirtschaft geplanten Maßnahmen steigt damit auf 50 Mrd. Euro.

UNTERNEHMEN & LANDWIRTSCHAFT: Der Großteil der bei der Regierungsklausur diskutierten Unterstützungsmaßnahmen (13,3 Mrd. Euro) kommt Unternehmen zugute. Teuerste Einzelmaßnahme ist die Verlängerung des Fixkostenzuschusses, mit dem Unternehmen je nach Höhe des Umsatzrückganges bis zu 90 Mio. Euro erhalten sollen. Für heuer und 2021 rechnet das Finanzministerium hier mit bis zu 6 Mrd. Euro an Kosten. Weitere 2 Mrd. Euro soll die Möglichkeit kosten, für die Steuer aktuelle Verluste von den 2018 und 2019 erzielten Gewinnen abzuziehen ("Verlustrücktrag").

Anlaufkosten von 900 Mio. Euro soll auch die "degressive Abschreibung" von Investitionen verursachen. Dies deshalb, weil Unternehmen die Investitionskosten nicht mehr gleichmäßig über die Laufzeit verteilen, sondern am Anfang einen höheren Anteil geltend machen können. Mittelfristig hält das Finanzministerium die Maßnahme aber für kostenneutral. Und 1 Mrd. Euro soll eine Investitionsprämie kosten. Für die angekündigte Mehrwertsteuersenkung sind 900 Mio. Euro eingeplant. Garantien für ein geplantes Kreditmoratorium und Maßnahmen zur Eigenkapitalstärkung sollen je 800 Mio. Euro kosten. Dazu kommt ein "Gründerpaket" um 450 Mio. Euro.

ARBEITNEHMER & FAMILIEN: Für Arbeitnehmer und Familien sind in Summe etwa 2,6 Mrd. Euro vorgesehen: Die Senkung des Eingangssteuersatzes bei der Lohn- und Einkommensteuer kostet 1,6 Mrd. Euro. Dazu kommt ein "Kinderbonus" von 360 Euro pro Kind (600 Mio. Euro) sowie eine Einmalzahlung von 450 Euro für Arbeitslose (250 Mio. Euro). Wer so wenig verdient, dass er von der Steuersenkung nicht profitiert, soll bis zu 100 Euro zusätzliche Negativsteuer erhalten (180 Mio. Euro).

UMWELT & INVESTITIONEN: Weitere 3,7 Mrd. Euro sind für Investitionen und Investitionsanreize vorgesehen sowie für Umweltmaßnahmen vorgesehen. Letztere summieren sich auf 1,3 Mrd. Euro, davon 240 Mio. Euro für das geplante "1-2-3-Ticket" und 750 Mio. Euro für Maßnahmen wie Heizkesseltausch und thermische Sanierung von 2020 bis 2022. In erneuerbare Energien sollen 260 Mio. Euro fließen. Weitere 200 Mio. Euro sind von 2020 bis 2022 für Digitalisierung in der Bildung eingeplant.

GESAMTKOSTEN: In Summe kosten die bei der Regierungsklausur verkündeten Maßnahmen 19 Mrd. Euro. Weil gut ein Drittel aber aus dem schon bisher von der Regierung eingeplanten Kostenrahmen für die Coronahilfen (38 Mrd. Euro) finanziert wird, erhöhen sich die Gesamtkosten für die Coronakrise laut Finanzministerium "nur" um 12 auf 50 Mrd. Euro. In Gesetzesform gegossen und im Parlament beschlossen werden müssen die Maßnahmen allerdings noch.

Kogler: Millionärs-Beitrag noch in dieser Periode

Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) rechnet damit, dass zur Finanzierung der Coronavirus-bedingten Kosten auch die Millionäre noch in dieser Legislaturperiode einen Beitrag leisten werden. "Selbstverständlich wird es einen Beitrag der Millionäre geben müssen, wenn es einmal soweit ist. Und das wird noch in dieser Legislaturperiode sein", sagte er am Dienstagabend in der "ZiB 2" des ORF.

Gleichzeitig sagte Kogler auf die Frage, wer denn die am Dienstag verkündete Aufstockung auf insgesamt 50 Mrd. Euro Corona-Hilfen bezahlen soll und wann denn nun der Beitrag der Millionäre kommen wird, es stehe jetzt die Krisenbekämpfung im Vordergrund. "Jetzt ist es einmal daran, die Maßnahmen zu setzen, damit wir einmal die Nothilfe und Überlebenshilfe organisieren können."

Der Vizekanzler betonte freilich, dass es ja er gewesen ist, der die Debatte (um die Vermögensbesteuerung) "in die Regierung getragen" habe - "und dabei bleiben wir auch". Kogler hatte sich zunächst im April in einem Interview für einen "rigorosen Beitrag von Millionen- und Milliarden-Erben" ausgesprochen, Anfang Mai dann erklärt, diese Frage werde sich "erst in ein paar Jahren" stellen.

Den Sommer über werde die Regierung jedenfalls "ein großes Paket" für den Arbeitsmarkt ausarbeiten müssen, kündigte der Vizekanzler weitere Maßnahmen für den Herbst an. Dabei werde die Frage des Arbeitslosengeldes "eine Rolle spielen". Zu Kritik, dass es jetzt nur eine Einmalzahlung für Arbeitslose gibt und keine dauerhafte Erhöhung, sagte der Grünen-Chef, er verspreche, dass man hier in weitere Verhandlungen eintreten werde.

(APA)

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