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Corona, Ukraine-Krieg, Korruption: Diese Themen beschäftigten das EU-Parlament die letzten fünf Jahre

Das EU-Parlament blickt auf bewegte fünf Jahre zurück.
Das EU-Parlament blickt auf bewegte fünf Jahre zurück. ©REUTERS/Yves Herman
Das EU-Parlament blickt auf eine bewegte Legislaturperiode zurück, in der auch weiterhin offene Baustellen wie beispielsweise die Migrationspolitik stehen. Doch in den letzten fünf Jahren wurden auch wichtige Weichen für den Klimaschutz gestellt.

Wenn das EU-Parlament im kommenden Juni neu gewählt wird, hat es eine bewegte Legislaturperiode hinter sich - ein Klischee-Satz, der angesichts der weltweiten Corona-Pandemie und dem Krieg in der Ukraine trotzdem nicht unbegründet ist. Mit dem Investitionspaket "Next Generation EU" wurden erstmals gemeinschaftlich Schulden aufgenommen. Zudem wurden wichtige Weichen gestellt hin zu einer klimaneutralen Wirtschaft.

Offen blieb zuletzt noch die Reform der europäischen Migrations- und Asylpolitik. Neben den großen politischen Vorhaben, sah sich das EU-Parlament auch mit einem Korruptionsskandal im eigenen Haus konfrontiert. Ein Überblick:

Europaparlament: Corona-Pandemie und Ukrainekrieg bestimmten das Geschehen

CORONAPANDEMIE

Während die gesundheitlichen Maßnahmen im Kampf gegen die Pandemie eher von den Mitgliedstaaten ergriffen wurden, war auf EU-Ebene vor allem der wirtschaftliche Wiederaufbau Thema. Früh sprach sich das Parlament für ein ambitioniertes Aufbauprogramm aus, das über gemeinsame EU-Anleihen finanziert werden sollte. Das am Ende beschlossene Investitionspaket "Next Generation EU" blieb zwar - was die Summe und den Anteil der (nicht zurückzuzahlenden) Zuschüssen angeht - hinter den Vorstellungen des Parlaments zurück. Erstmals in der Geschichte der Europäischen Union wurde aber das gemeinsame Aufnehmen von und Haften für Schulden beschlossen.

UKRAINE-KRIEG

Der Krieg Russlands gegen die Ukraine beschäftigte die Europapolitik der letzten eineinhalb Jahre in hohem Maße. Das EU-Parlament spielt in der europäischen Außen- und Sicherheitspolitik aber nur eine sehr untergeordnete Rolle: Sowohl bei Sanktionen als auch bei Hilfsgeldern und militärischer Hilfe für die Ukraine konnten Kommission und Mitgliedstaaten - vertreten durch den EU-Außenbeauftragten Josep Borell - weitgehend alleine handeln. Dem Parlament blieb die Symbol-Politik: So sprach der ukrainische Wolodymyr Selenskyj im vergangenen Februar vor den EU-Abgeordneten. Zwei Monate zuvor wurde das ganze ukrainische Volk mit dem Sacharow-Preis des Europaparlaments ausgezeichnet.

Klima und Migration weitere große Herausforderungen

KLIMASCHUTZ

Das EU-Parlament beschäftigte sich aber auch mit einer - im Gegensatz zu den beiden oben genannten - schon länger vorhersehbaren Krise: Dem Klimawandel. Die Kommission unter Ursula von der Leyen machte den Kampf gegen die Erderwärmung mit ihrem "Green Deal" zu einer der großen Prioritäten ihres Mandats: Die CO2-Reduktionsziele wurden deutlich verschärft.

Zweimal mussten bereits getroffene Abmachungen auf Druck großer Mitgliedsstaaten wieder neuverhandelt werden: Beim Verbrenner-Aus bis 2035 machte eine Gruppe rund um Deutschland nachträglich die Nutzung von klimafreundlichen Kraftstoffen - sogenannten E-Fuels - zu einer Kondition für ihre Zustimmung und setzten sich damit durch.

Die Antwort Frankreichs folgte prompt: Geeinigt hatte man sich bereits auf das Ziel von 42,5 Prozent Anteil erneuerbarer Energien bis 2030. Paris forderte aber, dass auch Atomstrom als erneuerbar gelten sollte. Auch hier musste das bereits beschlossene Paket wieder aufgeschnürt und ein neuer Kompromiss gefunden werden.

Beim sogenannten Renaturierungsgesetz hakte es dann im Parlament. Die EU-Mitgliedstaaten hatten sich bereits auf eine gemeinsame Position geeinigt, aber von der Leyens eigene EVP-Fraktion war mehrheitlich dagegen. Am Ende ging der Text, der dem Parlament als Vorlage für die Verhandlungen mit dem Rat dient, knapp durch.

MIGRATION

Eine der großen Baustellen der Legislaturperiode ist die Reform der EU-Migrations- und Asylpolitik. Ein neues Paket soll das bisher geltende Dublin-System ersetzten. Erklärtes Ziel der meisten EU-Politikerinnen und Politiker ist es, die Reform noch vor den EU-Wahlen abzuschließen. Knackpunkt ist die sogenannte Notfallverordnung, die Ausnahmen bei der Verfahrenslänge sowie den Standards für die Unterbringung von Flüchtlingen vorsieht, wenn ein Land sich einem plötzlichen Anstieg von Asylanfragen gegenüber sieht. Nachdem sich die EU-Mitgliedsstaaten in diesem Punkt nicht auf eine gemeinsame Position einigen konnten, setzte das Parlament auch die Verhandlungen zu anderen Punkten des EU-Migrationspaktes aus: Man wolle das Paket als Ganzes verhandeln.

SPITZENKANDIDATEN

Gleich in den ersten Monaten des aktuellen Mandats kam es zu einem Streit zwischen dem EU-Parlament auf der einen Seite und den EU-Staats- und Regierungschefs auf der anderen. Letztere wollten entgegen dem Spitzenkandidaten-Prinzip Ursula von der Leyen zur Kommissionspräsidentin küren und setzten sich damit durch. Die EU-Abgeordneten, die mehrheitlich der Meinung waren, dem Spitzenkandidaten der stärksten Fraktion - Manfred Weber (EVP) - stehe der Posten an der Kommissionsspitze zu, stimmten am Ende mehrheitlich für von der Leyen; sie nutzten ihr Vetorecht aber um gleich mehrere Anwärter auf einen Kommissarsposten zu blockieren, wodurch deren Regierungen (jeder Mitgliedsstaat kann eine Kommissarin oder Kommissar nominieren) gezwungen waren, neue Vorschläge zu machen.

Schwierige Brexit-Verhandlungen und Korruptionsskandal in eigenen Reihen

BREXIT

Auch wenn der Beschluss der Briten, aus der EU auszutreten, noch in der Legislaturperiode davor fiel, so wurde die eigentliche Trennung vom aktuellen Parlament vollzogen. Im Jänner 2020 stimmte das EU-Parlament nur ein paar Tage vor dem eigentlichen Austritt Großbritanniens dem Brexit-Vertrag zu. In den darauffolgenden schwierigen Verhandlungen über die künftige Natur der Wirtschaftsbeziehungen zwischen der Insel und dem Staatenblock erhöhte das Parlament mittels Fristensetzung den Druck und drohte, einen möglichen Vertrag nicht rechtzeitig zu ratifizieren - wodurch es wohl zumindest kurzfristig zu einem "harten Brexit" - also einen ungeregelten Austritts Großbritannien aus dem Binnenmarkt - gekommen wäre. Am Ende trat der Handelsvertrag bereits mit Anfang 2021 vorläufig in Kraft. Das EU-Parlament segnete den Pakt einige Monate später nachträglich ab.

KORRUPTIONSSKANDAL

Im Dezember 2022 erschütterte dann ein Korruptionsskandal das EU-Parlament. Die Vizepräsidentin der Volksvertretung, Eva Kaili, sowie drei weitere Verdächtige wurden in Brüssel festgenommen. Der Skandal dreht sich um den Verdacht, dass Katar und Marokko mit beträchtlichen Geldsummen und Geschenken versuchten, Entscheidungen des Europa-Parlaments zu beeinflussen. In dem Kontext führte die belgische Polizei auch Durchsuchungen im Parlament selbst durch. Kaili wurde vom Parlament als Vizepräsidentin abgesetzt, befindet sich aber trotz Teil-Geständnis erneut auf freiem Fuß. Eine Konsequenz des Skandals war, dass das Parlament seinen eigenen Mitgliedern im September 2023 strengere Transparenz- und Offenlegungspflichten auferlegte.

SASSOLI

Auf der persönlichen Ebene ist dann der unerwartete Tod des EU-Parlamentspräsidenten David Sassoli zu erwähnen. Der Italiener sollte gemäß einer Abmachung zwischen der konservativen EVP- und seiner sozialdemokratischen S&D-Fraktion die ersten zweieinhalb Jahre den Chefsessel im Parlament innehaben. Er starb kurz vor seiner geplanten Ablöse im Alter von 65 Jahren. Als Parlamentspräsidentin folgte ihm die christdemokratische Malteserin Roberta Metsola nach.

(APA/Red)

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