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Corona-Krise: Ausweitung der "Maskenpflicht" möglich

Die Maskenpflicht könnte in der Corona-Krise noch ausgeweitet werden.
Die Maskenpflicht könnte in der Corona-Krise noch ausgeweitet werden. ©APA (Sujet)
Ab Mitte der Woche muss in Supermärkten ein Mund-Nasen-Schutz getragen werden. Aber auch eine Ausweitung der "Maskenpflicht" scheint durchaus möglich. Man könne sich diese Maßnahmen zur Verhinderung der Coronavirus-Ausbreitung auch für andere "besonders frequentierte Orte" überlegen, so Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) Montag.
Neue Maßnahmen verkündet
Maskenpflicht kommt

Wo viele Menschen zusammenkommen wäre die "Maske" wohl auch beim Spazierengehen sinnvoll, merkte Kogler an - während man das "am Land, wo weit und breit keiner ist" nicht brauche. Außerdem könnte der Mund-Nasen-Schutz - wenn es in den Supermärkten gut funktioniert - ein "Modell" für die anderen Geschäfte sein, die derzeit geschlossen sind.

Auch Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) hatte zuvor im "Sonder-ZiB"-Interview erklärt, dass eine Ausweitung der Maskenpflicht auf öffentliche Verkehrsmittel, stark frequentierte Orte und die Arbeitsstätten denkbar ist. Warum die verkündeten strengeren Maßnahmen nötig sind, begründete er in klaren Worten: "Wir werden auch in Österreich bald die Situation haben, dass jeder irgendjemanden kennt, der an Corona verstorben ist."

Experten der MedUni für Ausdehnung der Maskenpflicht

Experten der Medizinischen Universität Wien begrüßen die Ankündigung der Regierung für das verpflichtende Tragen eines Nasen-Mund-Schutzes im Supermarkt. Dies sei eine "hervorragende Maßnahme", sagte MedUni Wien-Vizerektor Oswald Wagner zur APA und plädierte für eine Ausweitung. Zustimmung kam auch vom Zentrum für Public Health der MedUni Wien, dort tritt man für eine generelle Maskenpflicht ein.

Wagner lobte die Maskenpflicht in Supermärkten im APA-Interview als "großen Schritt". Man werde sehen, ob die nun gesetzte Maßnahmen ausreichen, "die Infektionskette so weit zu senken, dass jeder Infizierte weniger als eine weitere Person infiziert. Ich hoffe, dass es so ist." Beurteilen könne man das in etwa zwei Wochen, da die Inkubationszeit zwischen einigen wenigen und 14 Tagen liegt.

Das Zentrum für Public Health spricht sich in einem Brief an den Rektor der Medizinischen Universität, Markus Müller, unterdessen für Maskenpflicht im gesamten öffentlichen Raum aus: Nur unter dieser Bedingung könnte - aus fachärztlicher und epidemiologischer Sicht - eine Lockerung der derzeitigen Beschränkungen erfolgen: "Diese Maßnahme hat nachweislich zur Eindämmung der COVID 19-Epidemie u.a. in Japan beigetragen. Dabei dienen die Masken nicht dem Schutz vor Ansteckung, sondern dem Schutz der Kontaktpersonen vor einer Ansteckung durch einen latent oder asymptomatisch Infizierten", heißt es in dem der APA vorliegenden Schreiben. "Das Tragen der Masken erlaubt eine geringere Einschränkung der persönlichen Freiheit und der Berufsausübung", wird in die fernere Zukunft geblickt.

Ausgangsbeschränkungen können nicht unbegrenzt aufrechterhalten werden

Es gehe darum, dass die Ausgangsbeschränkungen nicht unbegrenzt aufrechterhalten werden können, gab Hans-Peter Hutter, der stellvertretende Leiter der Abteilung, gegenüber der APA zu verstehen. Und es gebe neben den rigorosen Bewegungseinschränkungen nur ganz wenige Chancen, das Virus einzudämmen. "Die einzige Möglichkeit, die es gibt, diese Balance (zwischen Eindämmung und dem Bedürfnis nach Freiheit, Anm.) zu gestalten, ist das Tragen der Masken - in der Öffentlichkeit, allgemein verpflichtend." Dabei müssten alle mitmachen. "Es ist eine zumutbare Maßnahme, die sehr einfach ist." Gleichzeitig müsse die Entwicklung und Prüfung von Antikörpertests vorangebracht werden, heißt es darüber hinaus in dem Schreiben.

Auch Wagner plädiert für eine Ausweitung der Maskenpflicht: "Dort wo Menschen arbeiten müssen, würde ich es begrüßen, den Mitarbeitern Maskenpflicht zu verordnen" - etwa in Spitälern, Altersheimen, Büros und Betrieben, die sukzessive wieder aufsperren werden, aber auch in öffentlichen Verkehrsmitteln oder auf Universitäten. "Schaden tut es auch nicht im Freien, wo sich viele Menschen gleichzeitig aufhalten."

Wagner wie auch Hutter wiesen einmal mehr auf die Funktion der einfachen Schutzmasken hin, die nun in Supermärkten ausgegeben werden sollen. Hier gehe es nicht um den Eigenschutz, sondern darum, andere nicht anzustecken. Denn beim Husten oder Niesen gehen größere Speicheltropfen in einem Radius von etwa zwei Metern zu Boden. "Um diesen Bogen zu verkleinern, hat man diese Maske auf, weil dann wesentlich weniger dieser Tröpfchen durch diese Maske durchgehen und man für das Visavis wesentlich weniger infektiös wird", so Wagner. "Wenn alle diese Masken tragen, dann werden alle auch geschützt." Auch selbst gebastelte Stoffmasken seien geeignet, diese seien auf jeden Fall besser als nichts. "Die Botschaft ist: Die Maske schützt andere vor mir", sagte Hutter.

Maßnahme mit psychologischem Effekt

Beide Experten betonten auch den psychologischen Effekt: Die Maßnahme beruhige die Menschen, aber nicht so, "dass sie sich dann in Gefahr begeben, weil sie die Distanz aufgeben", sagte Wagner. Denn die sichtbaren Masken funktionierten auch als Warnung: "Es ist letztlich etwas, das Distanz schafft, weil man gewarnt wird: 'Wir sind in schwerer Situation, wir müssen etwas bekämpfen'." Man habe dann stets die Warnung "Halte Abstand" vor Augen. Und es entstehe, so Hutter, auch das Signal "Wir passen aufeinander auf".

Das Maskentragen ersetze freilich keinesfalls die wichtige Regel, Abstand zu halten, untermauerten beide Wissenschafter. Dabei gelten ein Meter, noch besser zwei Meter als Vorgabe, so Wagner. "Die Masken alleine reichen nicht. Abstand halten und Händehygiene sind extrem wichtig." Sinnvoll sei es auch, etwa in öffentlichen Verkehrsmittel waschbare Handschuhe zu tragen. Die von der Regierung geplanten Abstands-Regeln im Supermarkt begrüßt der Vizerektor als "äußerst sinnvoll".

Akzeptanz steigt mit wachsender Coronavirus-Infektionsrate

Auch wenn Schutzmasken in Europa und den USA (anders als in Asien) sehr ungewohnt sind, rechnen sowohl Wagner als auch Hutter mit baldiger Akzeptanz in der Bevölkerung. Diese werde mit der Erkenntnis steigen, "dass man dieses Virus ausrotten und nicht nur reduzieren muss", so Wagner. Auch dass die Maßnahme erst jetzt und nicht schon früher gesetzt wurde, argumentieren die beiden Mediziner mit der Akzeptanz in der Bevölkerung. Vor zwei Wochen hätte das angesichts der damals niedrigen Infektionsrate kaum jemand hingenommen.

Gefragt nach der ablehnenden Haltung der Weltgesundheitsorganisation (WHO) gegenüber den Masken sagte Wagner: "Ich würde vielmehr dem Direktor des chinesischen CDC (Zentrum für Krankheitskontrolle, Anm.), George Gao, vertrauen, der das Virus besser kennt als wir alle. Der sagt: 'Der größte Fehler, den die Europäer und Amerikaner machen, ist es, keine Masken zu tragen'."

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(APA/Red.)

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