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Bush acht Prozentpunkte vor Kerry

Rund zwei Wochen vor der US-Präsidentenwahl liegt Amtsinhaber George W. Bush einer Umfrage zufolge in der Wählergunst acht Prozentpunkte vor seinem demokratischen Herausforderer John Kerry.

Nach der USAToday/CNN/Gallup-Umfrage sprachen sich 52 Prozent der Befragten für Bush aus, der damit auf denselben Wert kam wie vor den drei Fernsehdebatten gegen Kerry. Für diesen sprachen sich wie damals 44 Prozent derjenigen aus, die wahrscheinlich zur Wahl gehen werden. Für die Umfrage wurden in der Zeit von Donnerstag bis Samstag rund 1000 Wähler befragt. Die Fehlermarge liegt bei plus/minus vier Prozent.

Bei der Wahl am 2. November wird wie bereits vor vier Jahren ein knapper Ausgang erwartet. Damals hatte Bush gegen den früheren Vizepräsidenten Al Gore durch einen Vorsprung von nur 537 Stimmen in dem entscheidenden BUS-Staat Florida die Wahl gewonnen. Da die Wähler in den USA nicht direkt den Präsidenten wählen, sondern über die Wahlmänner der einzelnen US-Staaten führt ein landesweiter Vorsprung bei den Gesamtstimmen nicht zwangsläufig zum Wahlsieg. Gore hatte im Jahr 2000 landesweit mehr Stimmen erhalten als Bush, jedoch nicht die Mehrheit der je nach der Bevölkerungsgröße der US-Staaten vergebenen Wahlmännerstimmen für sich gewinnen können.

US-Wahlkampf brutal

Wahlkämpfe in den USA waren schon oft schmutzig und brutal. Aber noch nie wurde so aufwändig und systematisch der Gegner diffamiert wie diesmal. Die berühmt-berüchtigten „Spin- Doktoren“, die Wahlkampfstrategen, lassen im Kampf um das mächtigste Amt der Welt keines ihrer Gift-Rezepte aus: Vor allem soll die Glaubwürdigkeit des Gegners vernichtet werden. Negativ-Propaganda und hemmungslose Emotionalisierung prägen die „Kampagnen“.

Kriegsversehrte, die anklagend ihre Armstümpfe zeigen und schluchzende Mütter toter Soldaten beschuldigen in TV-Spots US- Präsident George W. Bush der Lüge. Vietnam-Veteranen prangern den demokratischen Kandidaten John Kerry an, mit seiner Kriegskritik die Brutalität des Vietkong gegen US-Gefangene gerechtfertigt haben. Kerry selbst lanciert vor zig-Millionen Fernsehzuschauern scheinbar respektvoll, dass die Tochter des Vizepräsidenten Dick Cheney lesbisch ist. Katholische Bischöfe bezeichnen laut der „New York Times“ eine Wahl des (Abtreibungsbefürworters) Kerry als „Sünde“.

Demokraten präsentieren Bush als stotternden, hochmütigen Versager, der das Volk hinters Licht führe. Republikaner zeigen Kerry als elitären Windsurfer, als Radikal-Liberalen, der vor dem Ausland kuschen und die Steuern dramatisch erhöhen würde. „Kerry frisst Kinder“ (so ein Plakat in Arizona) ist eine eher witzige Entgleisung. Aber bis zu solchem „Wahlkampf“ ist es nicht mehr weit. Die Demokraten mussten sich in Florida schon entschuldigen, weil in einer Anzeige gefordert wurde, Verteidigungsminister Donald Rumsfeld zu erschießen.

In der Wahlschlacht 2004 geht es trotz der politischen Unterschiede zwischen Bush und Kerry vor allem darum, die Gefühle anzusprechen. Die gigantische Summe von über eine Milliarde Dollar (800 Millionen Euro) im Kampf um den Wahlsieg wird vor allem dazu verwendet, den politischen Gegner fertig zu machen. Die Demokraten können sich bei der Bush-Dämonisierung auf Künstler und Intellektuelle stützen. Neben Bestsellern seriöser Kritiker wie Ex- Bushberater Richard Clarke gibt es unzählige Anti-Bush-Polemiken: Skandalautorin Kitty Kelley beschreibt ihn als Ex-Kokser und Säufer. Filmemacher Michael Moore feiert einen Erfolg nach dem anderen mit „Bush-bashing“.

Bei den Republikanern gilt Bush-Vertrauter Karl Rove als der Meister des gnadenlosen Wahlkampfs. Das „Gehirn von Bush“ (so Buch und Film über Rove) wird wegen seiner Macht als „Rasputin im Weißen Haus“ bezeichnet. 34 von 41 Wahlkämpfen soll er gewonnen haben. Dem Bush-Lager unter Roves Regie und angeblich unabhängigen Wählerinitiativen war es bisher gelungen, mit aggressiver Werbung das Ansehen Kerrys zu beschädigen. Veteranengruppen stellten ihn als Aufschneider und Vaterlandsverräter dar. Aber inzwischen wachsen Zweifel am Erfolg dieser Strategie.

“100 Millionen Dollar Werbegelder waren vertan, als Kerry die Bühne betrat“, freute sich Kerrys Wahlkampfmanager Tad Devine über den Popularitätschub für Kerry seit den TV-Debatten. Die „Negativwerbung schuf eine Karikatur“ Kerrys als „flip-flopper“ und Verlierer-Typ – umso eindrucksvoller habe dieser dann punkten können. Die Macht der Bilder – ein entschlossen und klar auftretender Kerry und ein zuweilen nervös und unsicher wirkender Bush – waren stärker als alle noch so geschickte Propaganda.

Rove könnte sich verrechnet haben. Allerdings fürchten seine Gegner kaum mehr als einen Rove, der sich in die Verliererecke gedrängt fühlt. Er sei zwar hoch intelligent, aber für einen Wahlsieg auch bereit, „schonungslos moralische Grenzen zu überschreiten“, so der Publizist Joshua Green.

In Florida kann schon gewählt werden
Obwohl die US-Präsidentenwahl noch zwei Wochen entfernt ist, können in Florida seit Montag die ersten Stimmen abgegeben werden. Die Frühwahlmöglichkeit wurde in dem Staat infolge der chaotischen Auszählung nach der Wahl vor vier Jahren eingeführt, als George W. Bush erst nach wochenlangen juristischen Querelen der Sieg über den Demokraten Al Gore zugesprochen worden war.

Weil auch in diesem Jahr mit einem knappen Ergebnis gerechnet wird, bemühen sich die Wahlkampfteams von Bush und seinem demokratischen Herausforderer John Kerry intensiv um das Lager der Frühwähler. Mit Telefonkampagnen, Massen-E-Mails und Sonderveranstaltungen wollen sie die Aufmerksamkeit auf die neue Wahlmöglichkeit lenken.

Einige Gruppen drängen die Wahlberechtigten zur Frühwahl, um mögliche Schwierigkeiten mit den neuen Touch-Screen-Wahlmaschinen vorzubeugen, die am 2. November erstmals eingesetzt werden. Andere sehen darin die Chance für beschäftigte Bürger, lange Warteschlangen am eigentlichen Wahltag zu umgehen. In der Nacht zum Montag kampierten zahlreiche Studenten vor den Wahllokalen, um als erste ihre Stimme abzugeben.

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