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Bundesheer: Klug will 13 Kasernen schließen und Kapellen stutzen

Sparkurs beim Heer: Weniger Kasernen, Kapellen, schwere Waffen
Sparkurs beim Heer: Weniger Kasernen, Kapellen, schwere Waffen ©APA
Verteidigungsminister Gerald Klug (SPÖ) hat am Freitag sein lange erwartetes Reformkonzept fürs Bundesheer 2018 der Öffentlichkeit präsentiert.
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Insgesamt sollen 13 Kasernen geschlossen werden, die Militärmusikkapellen will Klug von neun auf vier stutzen. Ordentlich reduziert werden die schweren Waffen. Man konzentriere sich nun auf die “einsatzwahrscheinlichsten” Aufgaben.

Weniger Kasernen, Musik und Waffen

Die Struktur des Bundesheeres wird an das geringere Budget angepasst. In jedem Bundesland soll es weiterhin ein Militärkommando geben, allerdings sollen laut dem Reformkonzept, das Verteidigungsminister Gerald Klug (SPÖ) am Freitag präsentierte, 13 Kasernen geschlossen werden. Verbände werden “gestrafft”, die schweren Waffen massiv reduziert. Im Folgenden ein Überblick:

Insgesamt sollen mit dem Konzept – wenn voll umgesetzt – rund 200 Mio. Euro im Jahr eingespart werden. Weitere Maßnahmen würden von der künftigen budgetären Entwicklung abhängig sein, heißt es.

Klug will mehr Geld für Investitionen

Klug hat bei der Präsentation des Reformplans für das Bundesheer zusätzliches Geld für Investitionen gefordert. In diesem Zusammenhang ließ der Minister auf Nachfrage auch die Zukunft der Eurofighter offen.

Es gebe Bereiche, wo Beschaffungen anstehen, die Finanzierung aber nicht gesichert sei, meinte Klug. Konkret nannte er etwa anstehende Updates für die Black Hawk-Hubschrauber, die Nachfolge für die Saab-Jets oder die Bereiche Mobilität und Miliz. Wenn es da keine Unterstützung gebe, werde es zu “massiven Einschränkungen” der Einsatzbereitschaft kommen müssen. Es habe auch schon Gespräche mit dem Koalitionspartner ÖVP, konkret Vizekanzler Reinhold Mitterlehner und Finanzminister Hans Jörg Schelling, gegeben.

Eine Größenordnung, welchen Betrag man sich für die “Sonderinvestitionen” wünscht, nannten weder Klug noch Generalstabschef Othmar Commenda auf Nachfrage. Auch ein Zeithorizont wurde nicht angegeben.

Die Situation, in der sich das Bundesheer derzeit befinde, “ist eine schwierige”, betonte Klug. In den vergangenen zehn Jahren habe man dem Heer in Summe ein Jahresbudget entzogen. “Es wurde teilweise nicht rechtzeitig und nicht angemessen auf diese Entwicklung reagiert.” Das Budget sei mit den teuren Eurofightern “über die Maßen belastet” worden, wider die Vernunft habe man schwere Waffen beschafft. Für die 2014 und 2015 einzusparenden 80 Mio. habe man Sofortmaßnahmen gesetzt, die “brutal und dermaßen hart” gewesen seien, dass es in der Truppe einen “berechtigten Aufschrei” gegeben habe.

Konzentration auf “einsatzwahrscheinlichste” Aufgaben

Mit dem neuen Strukturkonzept konzentriere man sich auf die einsatzwahrscheinlichsten Aufgaben: Schutz kritischer Infrastruktur, Katastrophenhilfe, Luftraumüberwachung, Friedenssicherung im Ausland, Ausbildung der Grundwehrdiener und Abwehr von Bedrohungen aus dem Cyberraum. Ist es voll umgesetzt, soll das Konzept rund 200 Mio. Euro pro Jahr einsparen. Davon entfallen etwa 83 Mio. pro Jahr aufs Personal, 7,8 Mio. auf Erlöse und 114,5 Mio. auf Sachaufwand.

Bei den Landstreitkräften konzentriere man sich auf die Infanterie, Spezialeinsatzkräfte, Pioniere und ABC-Abwehr. Eine “Standortkonzentration” ist bei den Luftstreitkräften vorgesehen, das heißt, in Klagenfurt und Vomp werden keine Hubschrauber mehr stationiert sein. Hier arbeite man gerade an einer Ersatzlösung für die Regionen, sagte Commenda. Das Angebot aus Tirol, einen Hubschrauber zu kaufen, der vom Bundesheer betrieben wird, wird laut Klug intern geprüft.

Neben der geplanten Personalreduktion hob Klug hervor, dass man mit einer Dienstgradreform die Anzahl der Generäle um die Hälfte reduzieren wolle. Einen direkten Zusammenhang zwischen Gehalt und Dienstgrad gibt es freilich nicht. Einsetzen will sich der Minister für ein neues Dienstrecht – Stichwort Zeitlaufbahnen.

Keine Abstriche bei Auslandseinsätzen und Wehrdienstreform

Nicht alle Bereiche sind von den Einsparungen betroffen: Die Auslandseinsätze werden laut Klug nicht reduziert. Auch die Wehrdienstreform soll unverändert durchgeführt werden, wobei die Einsparungen Auswirkungen etwa im Bereich der Mobilität haben. Die Luftraumüberwachung – die bereits mit 1. September reduziert wurde – sei auch nicht weiter betroffen. Auch die Cyberabwehr ist vom Sparkurs ausgenommen.

Reformkonzept: Noch kein Sanktus

“Wir haben unsere Hausaufgaben gemacht”, findet Klug. Den Sanktus der ÖVP hat er zum Konzept noch nicht, die Gespräche seien am Laufen. Mit einem Ergebnis rechne er in den kommenden Wochen. Klug will zum Konzept auch den Nationalen Sicherheitsrat einberufen, eine Umsetzung müsse es “so rasch wie möglich” geben. Ziel sei es, die neue Struktur bis 2018 eingenommen zu haben. Die Einschnitte seien “schmerzhaft”, aber “der einzige Weg”.

Aktuelle Engpässe bei den Fahrzeugen mildere man etwa durch Umschichtungen im Budget ab, betonte Klug. “Das Jahr 2015 wird trotzdem eine erhebliche Herausforderung.”

Fischer: Schmerzlich, aber notwendig

Bundespräsident Heinz Fischer hat die von Klug vorgelegten Sparvorschläge für das Bundesheer als “schmerzliche aber notwendige Schritte in der derzeitigen Situation” bezeichnet. Weitere Entscheidungen, die die Qualität und das Ausmaß der Einsatzbereitschaft des Bundesheeres betreffen, werden aber noch zu treffen sein, sagte Fischer in einer Aussendung.

ÖVP sieht noch viel Klärungsbedarf

Bei der ÖVP erntete Klug keinen bedingungslosen Beifall für sein Konzept. Der schwarze Wehrsprecher Bernd Schönegger fand dieses in einer ersten Reaktion vielmehr “nicht schlüssig und nicht nachvollziehbar”. Er gehe davon aus, dass Klug noch “die Klärung vieler offener Fragen herbeiführen wird”.

Wenig Begeisterung bei der Opposition

Die Oppositionsparteien kommentieren die Bundesheer-Sparpläne überwiegend ablehnend. Die FPÖ sieht ein Bundesheer-Begräbnis, das Team Stronach ortet “Sparen am falschen Platz”. Die NEOS können den Maßnahmen auch Positives abgewinnen, vermissen aber echte Reformen.

Mikl-Leitner nicht vorinformiert

Innenministerin Johanna Mikl-Leitner indes wollte das Bundesheer-Sparpaket vorerst nicht beurteilen. Einfacher Grund: Sie wurde “leider” als Spiegelministerin im Vorfeld nicht informiert und könne daher noch nichts zum Konzept sagen, teilte ihr Sprecher auf Anfrage der APA mit.

Gewerkschaft “nicht glücklich”

Bundesheergewerkschafter Wilhelm Waldner (FCG) ist mit einigen der am Freitag präsentierten Reformvorstellungen erwartungsgemäß “nicht glücklich”. Statt Kasernen wie jene in Horn zu schließen und beim Personal zu sparen, solle man lieber über eine Reduktion der Soldaten für Auslandseinsätze nachdenken, forderte er im Gespräch mit der APA.

Es sei ihm bewusst, dass die Situation schwierig sei, aber man solle “nicht auf dem Rücken der Bediensteten” sparen, meinte Waldner. Das Konzept sei “nichts anderes als Geldbeschaffung” und habe nichts zu tun mit einer Strukturänderung Richtung bessere Einsatzfähigkeit oder Attraktivierung als Arbeitgeber. Für “sachlich nicht nachvollziehbar” hält er etwa die geplante Schließung der Radetzky-Kaserne in Horn. “Absolut nicht glücklich” ist er auch mit der geplanten Personalreduktion – setze man das um, gebe es auch weniger Leistungen.

Schließung des Militärgymnasiums

Für Wiener Neustadts Bürgermeister Bernhard Müller (SPÖ) ist die Schließung des Militärrealgymnasiums (MilRG) “nicht akzeptabel”. Der Schritt komme einer bildungspolitischen Kapitulation gleich. Die Stadt halte ihr Hilfsangebot aufrecht.

Er werde in den nächsten Tagen gemeinsam mit Unterrichtsministerin Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ) einen Termin mit Verteidigungsminister Gerald Klug (SPÖ) vereinbaren. “Ziel muss es sein, diese wichtige Bildungseinrichtung noch zumindest für vier Jahre zu retten, damit alle der aktuell 188 Schüler maturieren können.”

Die Maßnahmen im Detail

Kasernen

Insgesamt stehen 13 Kasernen auf der Schließungsliste, wobei sechs davon bereits länger Schließungskandidaten waren. Geschlossen werden sollen die Goiginger-Kaserne in Bleiburg (Kärnten), in Niederösterreich die Radetzky-Kaserne in Horn, die Magdeburg-Kaserne in Klosterneuburg und der Kornellhof in Wiener Neustadt. In Oberösterreich betroffen sind die Hiller-Kaserne in Ebelsberg, die Tilly-Kaserne in Freistadt und die Garnisonstraße in Linz. Weiters zusperren sollen die Strucker-Kaserne in Tamsweg, die Kirchner Kaserne in Graz und ebenfalls in der Steiermark die Hadik-Kaserne in Fehring, in Tirol die Frundsberg-Kaserne in Vomp und die Franz Joseph-Kaserne in Lienz. In Wien ist die Starhemberg-Kaserne in Favoriten betroffen.

Bundesheer-Sparkonzept
Bundesheer-Sparkonzept

Die im künftigen Bundesheer verfügbaren Hubschrauber werden laut Konzept für Einsätze in Österreich grundsätzlich zentral sowie lageangepasst auch temporär vor Ort bereitgehalten. Der Hubschrauberstützpunkt in Annabichl in Kärnten soll deshalb geschlossen werden. Der Flugplatz Wiener Neustadt wird auf temporären Betrieb umgestellt. Linz verliert zwar seine Stellungsstraße, diese wird aber nur innerhalb Oberösterreichs verlegt, und zwar nach Hörsching.

Verbände

Das Fliegerabwehrbataillon 3 in Salzburg und das Miliz-Versorgungsbataillon in Gratkorn werden aufgelöst, die Milizsoldaten werden in das Versorgungsregiment 1 integriert. In Fehring wird eine Aufklärungskompanie aufgelöst, eine weitere nach Feldbach verlegt. Eine Kompanie des Aufklärungs- und Artilleriebataillons 3 mit Standort Horn wird aufgelöst, eine nach Allentsteig verlegt. Eine Jägerkompanie des Jägerbataillons 26 in Tamsweg und eine Jägerkompanie des Jägerbataillons 24 in Lienz werden aufgelöst. Im Zuge der Reduktion der schweren Waffen wird das Panzerbataillon 33 in Zwölfaxing in ein Jägerbataillon umgewandelt.

Die fünf ABC-Abwehrkompanien bleiben an ihren Standorten erhalten und werden spezialisiert. Geplant ist eine verstärkte Ausrichtung auf die Inlandsaufgaben “sicherheitspolizeiliche Assistenzen” und “qualifizierte Katastrophenhilfe”, wie beispielsweise Strahlenschutzeinsätze, sowie Auslandseinsätze (zum Beispiel zur Trinkwasseraufbereitung). Die drei Pionierbataillone verbleiben an ihren Standorten, werden aber spezialisiert: Das Pionierbataillon 1 in Villach im Brückenbau, das Pionierbataillon 2 in Salzburg in der Gebirgsbeweglichkeit und das Pionierbataillon 3 in Melk in der Wasserbeweglichkeit. Der “nicht mehr einsatzwahrscheinliche” Bereich der Pionierkampfunterstützung (z.B. Verlegung von Minen) wird “personell und materiell gestrafft”.

Schwere Waffen

Das Bundesheer soll sich von einer großen Anzahl schwerer Waffen trennen. Verwertet werden 106 Artilleriegeschütze (von 136), 25 Kampfpanzer (von 59), 23 Bergepanzer (von 48), 285 Panzerabwehrlenkwaffen (von 350) sowie 424 Granatwerfer (von 606). Dass nicht gleich ganze Waffengattungen stillgelegt werden, argumentiert man im Heer damit, dass man so noch reagieren könne, sollte sich die sicherheitspolitische Lage in Europa drastisch ändern. Im Anlassfall könne so nämlich der bestehende Kern ausgebaut werden.

Gespart werden soll auch beim Personal, in der Logistik sollen die Strukturen gestrafft werden. Künftig soll es weiters nicht mehr in jedem Bundesland eine Militärmusikkapelle geben.

Personal

Die Personalkosten machen rund 65 Prozent des Budgets aus. Bis 2018 ist eine Verringerung von 1.400 Arbeitsplätzen oder 5,9 Prozent geplant. Derzeit beschäftigt das Heer rund 15.690 Soldaten und 8.300 Zivilbedienstete. Im Heer verweist man darauf, dass seit 2000 die Anzahl der Vollbeschäftigten um 16,5 Prozent reduziert wurde. Die nun vorgesehene weitere Reduktion will man durch Pensionierungen, Reduktion der Aufnahmequoten und Personalfluktuation erreichen, außerdem soll weiter der Wechsel in andere Bereiche des öffentlichen Dienstes unterstützt werden. Bis 2018 werden rund 1.600 Bedienstete in den Ruhestand versetzt.

Laut Konzept sollen auch Mehrdienstleistungen weiter gestrichen werden. Die 41. Wochenstunde und die Truppendienstzulage werden mit Verweis auf das geringe Grundgehalt der Soldaten nicht gestrichen. Betont wird seitens des Ressorts, dass durch die Standortschließungen nicht jeder Bedienstete gleich seinen Arbeitsplatz verliert, oft werde dieser nur verlegt.

Klug will sich auch für ein neues Dienstrecht einsetzen.

Militärmusik

Künftig soll es nur mehr vier statt neun Militärmusikkapellen geben. Standorte gibt es dann nur mehr in Wien, Klagenfurt, Innsbruck und Linz.

Logistik

In der Logistik sollen die Strukturen gestrafft werden. Das Konzept sieht vor, die Kommanden der Heeresmunitionsanstalten aufzulösen, ebenso ein Munitionslager in Bruckneudorf. Die Militärmeteorologischen und Militärgeologischen Dienste des Bundesheeres sollen zusammengeführt, das Militärische Servicezentrum in der Welser Hessen-Kaserne geschlossen werden.

Miliz

Die Miliz erhält laut Konzept einen verstärkten regionalen Bezug und einen klaren militärischen Auftrag, nämlich den Schutz kritischer Infrastruktur. Zusätzlich werden bis 2018 zwölf Miliz-Kompanien neu aufgestellt. Unter den derzeitigen finanziellen Rahmenbedingungen könnten Übungen abgehalten werden. Für die volle Einsatzfähigkeit bis 2018 sei aber ein Sonderinvest notwendig.

Bildung

Die Bildungseinrichtungen des Bundesheeres werden neu ausgerichtet, bleiben aber an ihren Standorten erhalten. Der Reitausbildungszug an der Theresianischen Militärakademie wird allerdings gestrichen. Die Offiziersausbildung wird an der Theresianischen Militärakademie in Wiener Neustadt zusammengezogen.

Das Militärrealgymnasium in Wiener Neustadt wird aufgelöst, wobei zwei Jahrgänge noch die Matura absolvieren können. Das Bundesheer beendet außerdem seine Kostenbeteiligung an der Bundesfachschule für Flugtechnik in Langenlebarn. Argumentiert wird dies mit der Konzentration auf Kernaufgaben.

Sonderfinanzierung

In der Presseunterlage wird festgehalten, dass trotz der Kürzungen zusätzliche Mittel notwendig seien, um die verfassungsmäßigen Aufgaben zu erfüllen. Sonderinvestitionen sind demnach vor allem bei der Wehrdienstreform, Miliz, den Luftstreitkräften, der Mobilität oder der Infrastruktur notwendig.

So ist etwa der Ankauf von neuen Fahrzeugen geplant. Konkret geht es unter anderem um geschützte Mehrzweckfahrzeuge (18,5 Mio. Euro), Pkw (8 Mio. Euro) und geländegängige Fahrzeuge als Ersatz für PuchG und Pinzgauer (10,5 Mio. Euro) – insgesamt ist hier von fast 54 Mio. Euro die Rede.

Im Bereich der Luftstreitkräfte steht beispielsweise ein Update der Black Hawk-Hubschrauber um 80 Mio. Euro an. Weiters braucht es eine Nachfolge für die Saab 105-Flieger sowie die Hubschrauber Alouette III und Bell OH-58. (APA/red)

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