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Buch von Piraten-Politikerin schlägt hohe Wellen im Netz

ulia Schramm, Mitglied im Bundesvorstand der Piratenpartei
ulia Schramm, Mitglied im Bundesvorstand der Piratenpartei ©dapd
Mit ihrem Buch "Klick mich. Bekenntnisse einer Internet-Exhibitionistin" erregt die Berlinerin Piratin Julia Schramm die Gemüter in den eigenen Reihen. Für Ärger sorgte etwa das Vorgehen des Verlags gegen illegale Kopien.

Wie viele Piraten tritt auch Schramm gegen die Vorstellung vom “geistigen Eigentum” ein, das die Grundlage für das bisherige Urheberrecht bildet. Nach der Sperrung von Kopien wurde der Autorin in zahlreichen Äußerungen bei Twitter Unglaubwürdigkeit vorgeworfen.

Illegale Kopien aufgetaucht

Unmittelbar nach der Veröffentlichung des Buches waren mehrere illegale Kopien im Internet aufgetaucht. Zeitweise war am Dienstag eine PDF-Version des Buchs sogar auf einer Webseite der Piratenpartei Deutschland zu finden. Bereits zuvor hatten Unbekannte Kopien auf anderen Plattformen im Internet bereitgestellt. Diese wurden nach wenigen Stunden aber wieder gelöscht.

Löschung beantragt

Auf der entsprechenden Webseite des Online-Dienstes Dropbox war nur noch in englischer Sprache der Hinweis zu sehen: “Diese Datei ist nicht länger verfügbar aufgrund eines Löschgesuchs von Julia Schramm, Autorin der Verlagsgruppe Random House, gemäß des Digital-Millennium-Copyright-Gesetzes”. Die Autorin sagte am Dienstagabend der Nachrichtenagentur dpa zu einer Twitter-Anfrage, diese Löschung bei Dropbox habe der Verlag veranlasst.

“Ich lebe im Internet

In ihrem Buch schreibt sie: “Mein Name ist Julia und ich lebe im Internet.” Sätze wie diesen haben Kritiker als Schülerzeitungsstil beanstandet. Vielleicht aber braucht die Autorin solche Aussagen, um sich in der neuen Endlosigkeit zu verorten, die das Netz ins Dasein gebracht hat.Für die “Politologin, Publizistin, Piratin im Bundesvorstand, Provokateurin, Privilegienmuschi und Feministin” – so der Klappentext – ist das Netz ein “Flechtwerk elektronischer Impulse”, in dem Gedanken zu Pixeln werden, jeden Tag neu, oft auch ohne Bezug zueinander. Die eigenen Äußerungen verselbstständigen sich als Teil der virtuellen Welt. Und damit stellt sich auch die alte philosophische Frage neu: “Wer bin ich?”

Julia Schramm lässt sich von Elend und Ungerechtigkeit anrühren, von den Nachrichten aus aller Welt, die das Netz in ihren Alltag spült, bleibt dazu aber “in seltsamer Distanz”. Man könne ja doch nichts weiter tun und sei nicht dafür verantwortlich, ob in der äußeren Mongolei Demokratie eingeführt werde oder nicht. “Aber ich kann zumindest für die Freiheit und Anonymität des Netzes eintreten.”

Warum das Netz so wichtig ist

Warum ist das Netz so wichtig? Weil ungehinderte Kommunikation das Leben ausmacht. Die Autorin spricht oft von den vielen Informationen und Wissensinhalten im Internet, manchmal auch von Erkenntnissen, kaum von Konsequenzen daraus. “Es gibt kein konsequentes Leben im falschen”, variiert sie den konsequenten Denker Theodor W. Adorno.

Und zieht dann doch eine Schlussfolgerung: “Übrig bleibt nichts. Außer der Angst vor dem Nichts und vor der Bedeutungslosigkeit.” Dem nihilistischen Elend ließe sich mit einem bewussten Leben begegnen, im Netz wie in der übrigen Welt – wenn nicht das Internet auch die Flüchtigkeit der eigenen Identitätsbildung erhöhen würde, wie Julia Schramm notiert.

Kampf gegen jegliche Obrigkeit

Die Flucht vor der Konsequenz, mitunter auch vor denen im Netz, die alles lächerlich machen, zieht sich wie ein roter Faden durch das öffentliche Psychogramm des Buchs. Bis zum Schluss. Da lässt die Autorin ihre Leser noch einmal an einer Szene aus dem realen Leben teilhaben, an der Räumung eines besetzten Hauses, die sie trotz ihrer Dramatik wie ein Spiel erlebt, vielleicht wegen der “High Heels, auf denen ich erstaunlich gut vor der Polizei fliehen kann”.

Der Anhang von “Klick mich” will noch einmal einen Anker werfen, ankommen in etwas Zuverlässigkeit und Beständigkeit. Hier findet sich nicht nur ein Glossar mit Erklärungen bekannter und weniger bekannter Netzbegriffe, sondern auch ein “Weltveränderungsmanifest” mit Positionen der Piratenpartei aus Sicht von Julia Schramm – und daher auch mit ihren Widersprüchlichkeiten. In einem Atemzug wird hier der Kampf “gegen jegliche Obrigkeit” verknüpft mit dem Eintreten “für einen offenen und nachvollziehbaren Staat”. Die Fortsetzung von “Klick mich” findet im Netz statt. Dort wartet bereits die nächste Version von Julia Schramm.

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