Brüssel-Bomber Najim Laachraoui: Von der katholischen Schule in den Jihad

Das Fahndungsfoto Laachraouis, das einen freundlich aussehenden jungen Mann mit leichtem Lächeln zeigt, veröffentlicht die belgische Polizei am Vorabend der Anschläge von Brüssel. Gesucht wird der 24-jährige Belgier als mutmaßlicher Komplize der Attentäter von Paris: Seine DNA-Spuren sind auf Resten von in Paris gezündeten Sprengstoffgürteln gefunden worden. Seine Fingerabdrücke wurden zudem in zwei von den Paris-Attentätern genutzten Wohnungen in Belgien ausgemacht.
Am Tag nach der Veröffentlichung des Fahndungsaufrufs sprengt sich Laachraoui am internationalen Flughafen von Brüssel in die Luft. Auf dem von einer Überwachungskamera festgehaltenen Bild mit drei Verdächtigen läuft er neben dem zweiten Selbstmordattentäter Ibrahim El Bakraoui und schiebt einen Gepäckwagen.

“Ich wollte nicht glauben, dass er es war, aber man kann sich seine Familie nicht aussuchen”, sagt sein jüngerer Brüder Mourad. “Er hat hin und wieder Fußball gespielt, er hat gelesen.” Bis zu seiner Reise nach Syrien Anfang 2013 sei er ein “praktizierender” Muslim “in einer Familie praktizierender” Muslime gewesen; in seinem Verhalten habe er damals “keine Veränderung” gesehen.

“Sein Werdegang ist ganz normal”
“Ich weiß nicht, wie das passieren konnte”, zeigt sich auch Veronica Pellegrini schockiert. Sie leitet die katholische Schule Institut de la Sainte-Famille d’Helmet im Brüsseler Stadtteil Schaerbeek, an der Laachraoui 2009 seine Matura machte. “Er ist nie sitzengeblieben, sein Werdegang ist ganz normal.”
Weniger erfolgreich ist dann aber sein Studium der Elektromechanik. Das erste Jahr besteht er mit einer schlechten Note, später bricht er ab. Im Februar 2013 reist er in den Bürgerkrieg in Syrien. Er soll dort Jihadisten empfangen haben, in Belgien wurde ihm deswegen kürzlich in Abwesenheit der Prozess gemacht.
Am 9. September 2015, zwei Monate vor den Anschlägen von Paris, taucht er wieder auf: Zusammen mit dem späteren Paris-Attentäter Salah Abdeslam wird er an der österreichisch-ungarischen Grenze in einem Auto kontrolliert. Er zeigt einen falschen Personalausweis auf den Namen Soufiane Kayal. Ebenfalls in dem Mercedes: Mohamed Belkaid. Der wird am 15. März bei einem Polizeieinsatz im Brüsseler Vorort Forest erschossen – drei Tage vor der Festnahme Abdeslams in Molenbeek.
Laachraoui und die Verbindung nach Paris
Zwischen Laachraoui und den Paris-Attentätern gibt es viele Verbindungen: In einem von den Attentätern genutzten Haus im südbelgischen Auvelais werden seine Fingerabdrücke gefunden, ebenso in einer Wohnung in Schaerbeek, wo womöglich die Sprengstoffgürtel für den Anschlag vom 13. November hergestellt wurden. Auf den Resten von Sprengstoffgürteln, die vor dem Stade de France und in der Konzerthalle Bataclan detonieren, findet sich seine DNA.

Bombenhirn unter falschem Namen gesucht
Schon seit dem 4. Dezember wird nach dem Islamisten gesucht – allerdings noch unter dem falschen Namen Kayal. Die Ermittler gehen der Frage nach, ob der einstige Elektromechanik-Student womöglich die Sprengsätze baute. Er könnte auch eine Koordinierungsrolle gespielt haben: Am Abend der Anschläge von Paris steht er vermutlich in telefonischem Kontakt mit Angreifern.
Ex-Kommilitone: “Komplette Gehirnwäsche”
“Ich verstehe nicht, wie jemand in so kurzer Zeit einer kompletten Gehirnwäsche unterzogen werden kann”, schreibt ein früherer Kommilitone auf Facebook. “Was bedeutet das? Dass wir alle die Seiten wechseln und uns in die Luft sprengen können, während wir davor jedes Wochenende auf Frisbee-Turnieren waren?” (APA/red)
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