AA

Brüssel: Anti-Terror-Razzia in Schaerbeek endet mit Festnahme

Anti-Terror-Razzia im Brüssler Stadtviertel Schaerbeek endet mit Festnahme.
Anti-Terror-Razzia im Brüssler Stadtviertel Schaerbeek endet mit Festnahme. ©APA/AFP
Brüssel. Bei einer groß angelegten Anti-Terror-Aktion im Brüsseler Stadtteil Schaerbeek ist am Freitag ein Verdächtiger verletzt und festgenommen worden. Nach Informationen des Senders RTBF hatte der Verdächtige einen Rucksack oder einen Koffer mit Sprengstoff dabei. Bei der Razzia habe es drei Explosionen gegeben, berichtete der Sender. Unterdessen bestätigten die Behörden, dass es sich bei dem zweiten Flughafen-Attentäter um Najim Laachraoui handelte.
Anti-Terror-Einsatz in Schaerbeek
Metro-Attentäter nicht allein
Terror im Herzen Europas
Belgien trauert um Opfer
Terror in Brüssel I
Terror in Brüssel II
Terror in Brüssel III

Die Polizei in Brüssel hat am Freitag insgesamt drei Personen im Zusammenhang mit den in Frankreich vereitelten Anschlagsplänen festgenommen. Zwei davon seien am Bein verletzt worden, teilte die Staatsanwaltschaft mit. Einer von ihnen sei beim Polizeieinsatz in Schaerbeek in Gewahrsam genommen worden. Von den sechs am Donnerstag festgenommenen Personen seien mittlerweile drei wieder auf freiem Fuß. Die Einsätze sollen in Verbindung mit den Anschlägen am Brüsseler Flughafen sowie in einer Metro gestanden haben, bei denen insgesamt 31 Menschen ums Leben gekommen und rund 300 weitere verletzt wurden.

Bei dem Anti-Terror-Einsatz in der Brüsseler Gemeinde Schaerbeek wurde am Freitag ein Verdächtiger verletzt und festgenommen. Die Umgebung wurde abgeriegelt, schwerbewaffnete und maskierte Einsatzkräfte sowie Armeefahrzeuge waren nach Angaben der Nachrichtenagentur Belga im Einsatz. Die Sprengungen seien “kontrolliert” gewesen, sagte der Bürgermeister der Gemeinde, Bernard Clerfayt, am Freitag dem öffentlichen Sender RTBF. Demnach soll auch ein Entminungsroboter zum Einsatz gekommen sein.

 

Schwer bewaffnete Polizisten und Soldaten riegelten ein Gebiet rund um eine größere Kreuzung in Schaerbeek ab. Der Sender RTL berichtete unter Berufung auf einen Augenzeugen, die Polizei habe eine Person an einer Bushaltestelle aufgefordert, ihre Jacke auszuziehen. “Sie wollten ohne Zweifel überprüfen, ob die Person einen Sprengstoffgürtel trug.”

Videos, die im Internet kursieren, zeigen, wie der später Verhaftete verletzt am Boden liegt und sich an eine Tasche klammert. Offenbar wurde ihm ins Bein geschossen. Anschließend wird er von Spezialeinheiten aus dem Bild gezerrt.

Die Ermittlungen stünden im Zusammenhang mit einer Anti-Terror-Aktion vom Donnerstagabend im französischen Argenteuil. Dort hatten Beamte eine Wohnung durchsucht und einen Verdächtigen festgenommen. Es handele sich um den 34-Jährigen Franzosen Reda Kriket, der wegen Beteiligung an einer terroristischen Gruppe zu zehn Jahren Haft verurteilt worden war, so die Staatsanwaltschaft.

Metrostation Arts-Loi evakuiert

Kurz nach der Polizei-Razzia in Schaerbeek ist am Freitag die Metrostation Arts-Loi zwischen der Innenstadt und dem Europaviertel evakuiert worden. Dies berichteten die Zeitungen “Le Soir” sowie “La Derniere Heure” übereinstimmend unter Verweis auf Journalisten vor Ort. Arts-Loi befindet sich nur einen Stop von Maelbeek entfernt, wo am Dienstag eine Bombe 20 Menschen tötete. Nach Medienberichten gab es später Entwarnung.

Drei Terrorverdächtige bleiben in Gewahrsam

Nach den Anti-Terror-Einsätzen in der Nacht zum Freitag hält die belgische Justiz drei der insgesamt sechs Festgenommenen in Gewahrsam. Unter ihnen sei ein Mann, der in unmittelbarer Nähe des Gebäudes der Staatsanwaltschaft in der Brüsseler Innenstadt aufgegriffen wurde, teilte die Staatsanwaltschaft in Brüssel mit. Die Ermittler äußerten sich nicht dazu, in welchem Zusammenhang dieser Mann zu den Anschlägen vom Dienstag mit mindestens 31 Toten steht. Spekulationen, wonach der Mann der noch flüchtige Verdächtige vom Flughafen-Terrorkommando sein könnte, wurden laut Medienberichten zunächst nicht bestätigt.

Bombenwerkstatt in Schaerbeek gefunden

Bei einer früheren Durchsuchung im Bezirk Schaerbeek hatte die Polizei nach den Anschlägen vom Dienstag mit mindestens 31 Toten in einer Wohnung eine Bombenwerkstatt gefunden. Dort sollen Terrorverdächtige Sprengsätze gebaut haben – mehr dazu hier.

Behörden bestätigen: Laachraoui zweiter Flughafen-Attentäter

Unterdessen bestätigten die Behörden die Identität des zweiten Flughafen-Selbstmordattentäters. Es handelte sich um den 24-jährige Najim Laachraoui. Damit bestätigte die Staatsanwaltschaft am Freitag offiziell die übereinstimmenden Berichte belgischer Medien der vergangenen Tage. Laachraoui war auf Bildern einer Überwachungskamera ganz links zu sehen.

SEARCHING-POLICE-BRUSSELS-ATTACKS
SEARCHING-POLICE-BRUSSELS-ATTACKS ©AFP/ Belgium Federal Police

Er gilt als Komplize des am vergangenen Freitag in Brüssel im Zusammenhang mit der Pariser Terrorserie vom November 2015 festgenommenen Salah Abdeslam.

Laachraoui reiste im Februar 2013 in den Bürgerkrieg in Syrien. Am 9. September 2015, zwei Monate vor den Anschlägen von Paris, tauchte er wieder auf: Zusammen mit dem späteren Paris-Attentäter Abdeslam wurde er an der österreichisch-ungarischen Grenze in einem Auto kontrolliert. Er zeigte einen falschen Personalausweis auf den Namen Soufiane Kayal. Ebenfalls in dem Mercedes: Mohamed Belkaid. Der wurde am 15. März bei einem Polizeieinsatz im Brüsseler Vorort Forest erschossen – drei Tage vor der Festnahme Abdeslams in Molenbeek.

Anschläge in Brüssel – Festnahmen in Deutschland

Einem Bericht des Magazins “Der Spiegel” zufolge gab es auch in Deutschland Festnahmen. Nach nicht näher bezeichneten Informationen griff die Polizei je einen Mann im Großraum Gießen und im Raum Düsseldorf auf, bei denen es Verbindungen zu einem der Brüsseler Attentäter geben soll. Art und Ausmaß dieser Verbindungen wurden demnach noch untersucht.

Bei dem am Donnerstagnachmittag von einem Spezialeinsatzkommando im Raum Düsseldorf Festgenommenen handelt es sich dem Bericht zufolge um Samir E., der dort der salafistischen Szene zugeordnet werde. Er sei ebenso wie der Brüsseler U-Bahn-Attentäter Khalid El Bakraoui im Sommer 2015 von türkischen Behörden im Grenzgebiet zu Syrien unter dem Verdacht aufgegriffen worden, für Islamisten dort kämpfen zu wollen. Beide seien nach Amsterdam abgeschoben worden, von wo sie in die Türkei aufgebrochen waren.

Bereits am Mittwochabend wurde demnach zudem im Raum Gießen ein Mann aufgegriffen, der zwei verdächtige SMS vom Tag der Brüsseler Anschläge auf seinem Telefon gehabt haben soll. Eines davon enthalte den Namen von Khalid El Bakraoui. Eine weitere Nachricht bestehe nur aus dem französischen Wort “fin” (deutsch: Ende) und sei drei Minuten, bevor sich Bakraoui in die Luft sprengte, gesendet worden.

Aachenerin unter Brüsseler Todesopfern

Unterdessen wurde am Freitag bekannt, dass bei den Terroranschlägen von Brüssel auch eine Deutsche getötet worden war: Eine bisher als vermisst geltende Aachenerin sei nun als Todesopfer des Anschlags am Brüsseler Flughafen identifiziert worden, teilte die Aachener Polizei am Freitag unter Berufung auf die belgische Polizei mit. Der Ehemann der jungen Frau liege mit schweren Verletzungen in einem Brüsseler Krankenhaus.

Mindestens zwei Täter auf der Flucht

Bei den Anschlägen waren am Dienstag auch 300 weitere Menschen verletzt worden. Drei der Attentäter, die sich am Flughafen und in einer U-Bahnstation in die Luft gesprengt hatten, sind mittlerweile identifiziert. Nach mindestens zwei weiteren Tätern, die auf Überwachungskameras zu sehen waren, wurde noch gefahndet.

Unterschlupf von Salah Abdeslam seit 7. Dezember bekannt?

Unterdessen werden im Zusammenhang mit den Terroranschlägen von Brüssel und Paris immer mehr Pannen der belgischen Polizei bekannt: Wie die belgische Zeitung “La Derniere Heure” berichtet, war der Unterschlupf des am 18. März im Brüsseler Stadtteil Molenbeek verhafteten Top-Terrorverdächtigen Salah Abdeslam der Polizei seit 7. Dezember bekannt.

Aus einem vertraulichen Bericht an die Antiterrorzelle der Kriminalpolizei von Brüssel geht nach Angaben der Zeitung hervor, dass ein Polizist aus Mechelen seit dem 7. Dezember im Besitz der Adresse Rue des Quatre Vents 79 in Molenbeek war, wo Abdeslam Freitag vergangene Woche verhaftet wurde. Der vertrauliche Bericht sei nicht übergeben worden, er sei drei Monate von der Polizei in Mechelen zurückgehalten worden. Der Zeitungsbericht enthält keine offizielle Stellungnahme der belgischen Behörden.

Der Polizist in Mechelen wurde demnach von einem Kollegen mit Migrationshintergrund über das Versteck Abdeslams informiert, der zu dem Zeitpunkt im Krankenstand war. Dieser habe aus der Gemeinde in Molenbeek erfahren, dass der Sohn eines gewissen D’Jamilla Mohamed, Abid, viele Kontakt mit Abdeslam habe. Der Bericht führe an, dass der junge Mann mit einem schwarzen Citroen fahre und in der Rue des Quatre Vents 79 wohne.

“Ik ben Brussel”: Kerry sichert Brüssel Unterstützung zu

US-Außenminister John Kerry sicherte den Belgiern bei einem Besuch in Brüssel am Freitag die Unterstützung seiner Regierung zu. “Je suis Bruxellois” und “Ik ben Brussel”, sagte Kerry in den belgischen Landessprachen französisch und flämisch nach einem Treffen mit Premierminister Charles Michel. Er sei in die belgische Hauptstadt gereist, um “unser tief empfundenes Mitleid” zu übermitteln, erklärte Kerry. Die Anschläge mit 31 Toten in Brüssel verdeutlichten die Notwendigkeit, “den gewaltsamen Extremismus” zu bekämpfen und die Jihadistenmiliz Islamischer Staat zu besiegen.

Drei Tage nach dem Terroranschlag unter anderem in der U-Bahn fuhren auch einige Metros wieder. Allerdings könnten nur 38 von 69 Stationen angefahren werden, teilte die Verkehrsgesellschaft STIB am Freitag mit. Sicherheitskräfte seien an Ort und Stelle. Die STIB habe einen großen Andrang an den Stationen verzeichnet, auch weil der normale Fahrplan noch nicht eingehalten werden könne, berichtete die Nachrichtenagentur Belga. Auch Busse und Straßenbahnen sollten wieder fahren. (APA/dpa/red)

home button iconCreated with Sketch. zurück zur Startseite
  • VOL.AT
  • Politik
  • Brüssel: Anti-Terror-Razzia in Schaerbeek endet mit Festnahme