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Brüssel: Metro-Attentäter offenbar nicht alleine unterwegs - AKW im Visier?

Bei dem Anschlag in einer U-Bahn in der Station Maelbeek mitten im EU-Viertel kamen am Dienstag nach jüngsten Angaben 20 Menschen ums Leben.
Bei dem Anschlag in einer U-Bahn in der Station Maelbeek mitten im EU-Viertel kamen am Dienstag nach jüngsten Angaben 20 Menschen ums Leben. ©AP
Drei Selbstmordattentäter von Brüssel sind identifiziert. Die drei Belgier sollen alle Verbindungen zu den Pariser Terroristen gehabt haben. Bilder einer Überwachungskamera sollen nun auf einen weiteren Metro-Attentäter hinweisen. Unter höchster Warnstufe laufen die Ermittlungen weiter. Indes berichtet eine Zeitung, das Brüderpaar El Bakraoui hatte auch belgische Atomkraftwerke als Anschlagsziel im Visier.
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Der Selbstmordattentäter in der Brüsseler Metro war nach Informationen des belgischen Senders RTBF nicht alleine unterwegs. Auf Bildern einer Überwachungskamera sei ein zweiter Mann mit einer großen Tasche zu sehen, berichtete der öffentlich-rechtliche Rundfunk Donnerstag früh. Unklar sei, ob der Verdächtige bei der Explosion getötet wurde oder ob er auf der Flucht sei.

Brüssel. Die Staatsanwaltschaft äußerte sich zunächst nicht zu dem Bericht. Sie wollte im Laufe des Tages eine Pressemitteilung zum Stand der Ermittlungen veröffentlichen.

Bei dem Anschlag in einer U-Bahn in der Station Maelbeek mitten im EU-Viertel kamen am Dienstag nach jüngsten Angaben 20 Menschen ums Leben. Weitere elf Personen starben bei von zwei anderen Selbstmordattentätern ausgelösten Explosionen am Flughafen.

Zeitung: El-Bakraoui-Brüder hatten AKW als Anschlagsziel

Nach Informationen der Zeitung “La Derniere Heure” vom Donnerstag handelt es sich bei den beiden Personen, die einen belgischen Nukleardirektor per versteckter Videokamera filmten, um die Brüder Ibrahim und Khalid El Bakraoui.

Beide sprengten sich am Dienstag bei den Terroranschlägen in Brüssel mit mehr als 30 Toten und 300 Verletzten selbst in die Luft, einer am Flughafen und der andere in der U-Bahn. Die Zeitung nennt in ihrem Bericht keine Quelle. Das Video zeigt heimliche Aufnahmen vor dem Zuhause eines belgischen Nuklearforschungsdirektors. Es sei von den beiden Männern kurz nach den Pariser Anschlägen vom 13. September 2015 aufgenommen worden.

Ermittler hatten bei einer Hausdurchsuchung in der belgischen Hauptstadt nach der Terrorserie in Paris im November 2015 ein verdächtiges Video gefunden. Darauf war der Direktor des Zentrums für Nuklearenergie im belgischen Mol zu sehen. Es umfasste zehn Stunden und dokumentierte den Tagesablauf des Mannes. Obwohl der Forscher nicht direkt mit einem Atomkraftwerk in Verbindung stehe, sei die Existenz dieses Videos “ziemlich heftig”, sagte der Sprecher der Atomaufsichtsbehörde AFCN am Mittwoch.

Gesuchter Attentäter sprengte sich am Flughafen in die Luft

Nach den Terroranschlägen in Brüssel mit mindestens 31 Toten sind drei Selbstmordattentäter identifiziert. Alle sind in Belgien geboren und hatten Verbindungen zu den islamistischen Drahtziehern der Anschläge von Paris. Es handelt sich um die Brüder Ibrahim (29) und Khalid (27) El Bakraoui und Medienberichten zufolge um den 24-jährigen Najim Laachraoui. Noch gefahndet wird nach einem Komplizen, der vom Flughafen geflüchtet sein soll. Die Türkei will Belgien im Sommer offiziell vor einem der drei gewarnt haben, doch hätten die Behörden den Mann freigelassen.

Laut Staatsanwalt Frédéric Van Leeuw waren die Brüder El Bakraoui belgische Staatsbürger und wegen verschiedener nicht terroristischer Taten polizeibekannt. Der Ältere, Ibrahim, sprengte sich auf dem Flughafen Brüssel in die Luft, nach Berichten belgischer Medien ebenso wie Laachraoui, der im Zusammenhang mit den Pariser Anschlägen gesucht wurde. Der jüngere Bruder, Khalid, zündete seine Bombe in der Metro-Station Maelbeek.

Attentäter reißen 31 Menschen mit in den Tod

Verletzt wurden nach jüngsten Angaben 300 Menschen, darunter auch mehrere Deutsche und rund ein Dutzend US-Bürger. Es ist zu befürchten, dass sich die Zahl von 31 Toten noch erhöht. Aus Sorge vor neuen Anschlägen blieb die höchste Terror-Warnstufe in Kraft. Der Flughafen Zaventem bleibt bis einschließlich Freitag weitgehend geschlossen.

Fahndung nach weiterem Beteiligten läuft weiter

Auf einem Foto einer Überwachungskamera im Flughafen wurde einer von drei abgebildeten Männern von der Staatsanwaltschaft als Ibrahim El Bakraoui identifiziert. Einer der beiden anderen dürfte Laachraoui sein. Dies wurde von den belgischen Behörden aber zunächst nicht bestätigt. Der Dritte aber entkam und ist bislang unbekannt. Das Trio war gemeinsam per Taxi zum Airport gekommen.

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Bombenhirn Laachraoui: Verbindungen nach Deutschland?

Der 24-jährige Najim Laachraoui stammt aus dem Stadtteil Schaerbeek, wo am Dienstag ein mutmaßlicher Unterschlupf der Attentäter ausgehoben wurde. Der Dschihadist soll im Februar 2013 nach Syrien gereist sein. Anfang September 2015 geriet er – mit falscher Identität unter dem Namen Soufiane Kayal – zusammen mit Salah Abdeslam und Mohamed Belkaid in eine Kontrolle an der Grenze zwischen Ungarn und Österreich. Abdeslam und Belkaid gelten als mutmaßliche Beteiligte der Pariser Anschläge, bei denen im November 130 Menschen getötet wurden.

Laachraouis DNA soll auch auf Sprengstoff gefunden worden sein, der bei den Anschlägen in Paris verwendet wurde. Er war erst vor kurzem identifiziert und zur Fahndung ausgeschrieben worden. Möglicherweise gibt es bei ihm auch eine Verbindung nach Deutschland. Wie Bayerns Landespolizeipräsident Wilhelm Schmidbauer sagte, hat inzwischen gefasste Abdeslam im September in Bayern übernachtet. Er sei damals mit zwei anderen Männern im Landkreis Kitzingen in einem Gasthof gewesen. Geprüft werde, ob einer der beiden Laachraoui gewesen sei.

Auch war er gemeinsam mit Laachraouis an der ungarisch-österreichischen Grenze kontrolliert und nicht festgenommen worden. Anschließend reisten sie belgischen Sicherheitsbehörden zufolge durch Österreich.

Türkei will Belgien vor El-Bakraoui-Bruder gewarnt haben

Der türkische Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan sagte in Ankara, einer der Brüsseler Angreifer sei im Juni festgenommen und ausgewiesen worden. Die belgischen Behörden seien am 14. Juli informiert worden. Laut Medienberichten handelte es sich um den älteren Bruder Ibrahim, der aber von den belgischen Behörden freigelassen wurde.

Brüssel weist Vorwurf  der Fahrlässigkeit zurück

Der belgische Justizminister Koen Geens wies den Vorwurf der Fahrlässigkeit zurück. El Bakraoui habe in Belgien keine terroristischen Straftaten begangen, sagte er dem Sender VRT. Seines Wissens sei El Bakraoui auch nicht nach Belgien, sondern in die Niederlande abgeschoben worden.

Testament und Bombenwerkstatt in Schaerbeek gefunden

Nach dem Hinweis eines Taxifahrers wurde im Brüsseler Stadtteil Schaerbeek ein Laptop mit Bakraouis Testament gefunden. In einer nahen Wohnung entdeckten Ermittler weitere 15 Kilogramm Sprengstoff und anderes Material zum Bau von Bomben. Dort fand sich auch eine Flagge der Terrormiliz Islamischer Staat (IS), die sich zu den Anschlägen bekannt hat.

Enge Verbindungen zwischen Pariser und Brüsseler Attentäter vermutet

Der jüngere der beiden nun identifizierten Brüder soll unter falschem Namen auch eine Wohnung angemietet haben, die zur Vorbereitung der Anschläge von Paris genutzt wurde. Gleiches gilt für eine Wohnung im Brüsseler Stadtteil Forest, wo es bereits vor einer Woche bei einer Hausdurchsuchung zu einer Schießerei mit der Polizei kam. Ein mutmaßlicher Terrorist kam ums Leben, zwei Verdächtige flüchteten.

Trauer um Opfer in Belgien

In Belgien gilt noch bis Karfreitag eine dreitägige Staatstrauer. Am Mittwoch gab es eine landesweite Schweigeminute. Aus Solidarität wurden Wahrzeichen vieler anderer Metropolen in den Nationalfarben Belgiens angeleuchtet. Dazu gehörten auch das Brandenburger Tor in Berlin und der Eiffelturm in Paris.

Terrorangst in Europa

In ganz Europa herrscht seit den Anschlägen Terrorangst. Vielerorts wurden Sicherheitsvorkehrungen verschärft. Die US-Regierung warnte ihre Bürger angesichts der jüngsten Anschläge vor Gefahren bei Reisen nach Europa.

Länderspiel soll stattfinden

Der deutsche Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) geht davon aus, dass das Länderspiel der deutschen Fußball-Nationalmannschaft gegen England am Samstag in Berlin stattfinden kann. “Wir haben keine Hinweise auf eine Sicherheitsgefährdung, und wir wollen – wenn es irgendwie geht – unser freiheitliches Leben nicht durch den Terror beeinflussen lassen”, sagte er dem “RTL Nachtjournal”. Kurz nach den Anschlägen von Paris war ein Länderspiel Deutschland gegen die Niederlande in Hannover kurzfristig abgesagt worden.

Sondertreffen der EU-Minister in Brüssel

Nach dem Terror von Brüssel wollen die für Innere Sicherheit zuständigen EU-Minister an diesem Donnerstag zu einem Sondertreffen zusammenkommen. EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker wies darauf hin, dass konkrete Vorschläge für mehr Sicherheit in Europa seit Monaten auf dem Tisch liegen. (red/APA/dpa)

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