Bregenzer "Lucia di Lammermoor" als Belcanto-Psychogramm
Seit 20 Jahren wird jährlich eine Oper als Koproduktion von Landestheater und SOV aufgenommen, Neo-Intendant Alexander Kubelka setzt diese Tradition fort. Die Bregenzer “Lucia di Lammermoor” profitiert von der Hauptdarstellerin: Stimmlich und darstellerisch überzeugt in der Titelpartie die Schweizer Sopranistin Christiane Boesiger. Der in Vorarlberg ansässige deutsche Dirigent Dietfried Bernet sorgt mit präzis-animierender musikalischer Leitung am Pult für exzellente Leistungen im Graben und ermöglicht vokalen Glanz auf der Bühne. Der von Benjamin Lack einstudierte Bregenzer Festspielchor ergänzt das Vokalensemble vortrefflich.
Der französische Regisseur Olivier Tambosi holt die Story aus dem ritterlichen Schottland von Walter Scott in die Gegenwart und fokussiert die Handlung auf gesellschaftliche und häusliche Gewalt gegen Frauen – konkret auf Zwangsehen und familiäre “Ehrenmorde” an Töchtern bzw. Schwestern.
Lucia liebt Edgardo (Oscar Roa mit etwas indisponiertem Tenor) und versucht sich gegen die von Bruder Enrico (solider Bariton Boris Trajanov) durch List erzwungene Ehe mit Arturo (Tenor Michael Nowak) vergeblich zu wehren. Erzieher Raimondo (Bassbariton Allan Evans) und Dienerin Alisa (Mezzosopranistin Alesja Miljutina) versuchen ihr beizustehen. In der Hochzeitsnacht ersticht Lucia den aufgezwungenen Ehemann. Folgerichtig stirbt sie nach ihrer – wunderschön phrasierten – “Wahnsinnsarie” (begleitet von der Glasharmonika!) nicht einfach, sondern wird im Stil eines Feme- und Ehrengerichtes erschossen.
Im kargen Bühnenbild (Bernhard Rehn) und in Kostümen, die an Straßenkleidung gemahnen (Inge Medert), spielt sich die Tragödie der jungen Lucia ab. Sie steckt von Anfang an im großen Brautkleid, der Versuch misslingt, in Jeans und roten Stiefeln mit Edgardo aus der Zwangslage zu flüchten. Lucia wird vom Bruder – assistiert von Gefolgsmann Normanno (Neal Banerjee) – wieder ins weiße Kleid und folgerichtig in die Ehe mit Arturo gepresst. Im Schlussbild erinnert plakative Overhead-Projektion an Schicksale junger Frauen in unserer Zeit, die wegen der “Familienehre” ermordet wurden und werden.
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