Bregenzer Fußgängerzone vor dem Aus? Wie Passanten und Händler reagieren

Nach der Diskussion um die Fußgängerzone in Bregenz wird geprüft, ob die Fußgängerzone rechtlich korrekt eingerichtet wurde. Bürgermeister Michael Ritsch kritisierte daraufhin die Rechtmäßigkeit der Fußgängerzonen in Dornbirn, Feldkirch und Bludenz. Er fordert eine umfassende Überprüfung aller Fußgängerzone, um mögliche Verstöße aufzudecken. Sollte die Bregenzer Zone aufgehoben werden, würde dies das Ende der Fußgängerzone in der Innenstadt bedeuten.

"Wenn die Höheren dran sind, nützt es meistens nichts"
Sigrid Hirschbühl aus Kennelbach kommt gerne nach Bregenz, wie sie im VOL.AT-Gespräch erklärt. "Ich bin schon für die Fußgängerzone, aber dann wäre ich auch dafür, dass die Fahrradfahrer langsamer fahren", verdeutlicht sie gegenüber VOL.AT. Auch Kinder seien hier unterwegs und es sei manchmal gefährlich. "Wenn die Höheren dran sind, nützt es meistens nichts", erklärt sie zur aktuellen Diskussion, die rund um die Fußgängerzone auch in der Bevölkerung geführt wird. Der Verfassungsgerichtshof müsse entscheiden. Die Leute, die in Bregenz wohnen, sollten laut Hirschbühel mit dem Auto zufahren können. "Um in die Apotheke zu gehen, muss man ja weiß ich nicht wo parken", so die Kennelbacherin. Auch für Personen mit Gehbehinderung sei es schwer.

Video: So reagieren Passanten auf die Diskussion

Rückbau als "wahnsinniger Mehraufwand"
Renate Wehrle aus Bregenz zeigt Verständnis für die Betreiber der Geschäfte und der Fahrschule: "Besser wäre eine Fußgängerzone, aber wenn da ein Geschäft ist, dass schon ewig lange da ist, muss man eine Lösung finden, wie die zufahren können", verdeutlicht sie. "Eine Fahrschule kann man nicht einfach raus verlegen, das kostet ja auch Geld." Wenn die Fußgängerzone zurückgebaut werde, sei das ein "wahnsinniger Mehraufwand und unsinnig". "Obwohl: Im Klostertal hat man eine ganze Straße zweimal umgebaut", verweist sie aber auch auf die Umfahrung von Klösterle. "Wenn es rechtlich nicht in Ordnung ist, gehört es wieder umgebaut." Die Fußgängerzone bei der Rathausstraße würde sie nicht vermissen: "Da musste man nur einmal über die Straße gehen und man war am Kornmarktplatz."

"Es soll so bleiben und fertig"
Die Fußgängerzone sei eine tolle Sache, erklärt hingegen Erwin Liewert aus Bregenz. "Da kann man sich hier schön durchschlängeln und die ganzen Geschäfte anschauen", meint er. "Das ist richtig angenehm." Zur Diskussion erklärt er: "Es gibt immer Befürworter und Gegner und das sind halt wahrscheinlich die Gegner, die schauen, dass sie vielleicht doch noch recht bekommen." Liewert ist ein klarer Befürworter der Fußgängerzone: "Ich finde, es soll so bleiben und fertig. So was sollte man halt vorher ins Auge ziehen." Laut dem Bregenzer wäre es auch schade drum. "Das hier mit den Autos, das war ein Wahnsinn und mit den Abgasen sowieso", erinnert er sich. Es gebe viele Städte, in deren Inneren es Fußgängerzonen gebe. "Da kann man sich richtig erholen und gleich zum See, das finde ich toll", meint Liewert. Auch das Radnetz sei ein Traum.

Video: So sehen Händler die Diskussion

"Nicht wirklich Anrainer-freundlich"
Auch bei den Händlern in Bregenz sorgt die Diskussion für Wirbel. "Für mich war schon von Anfang an eigentlich das Thema, dass es eher eine Begegnungszone sein sollte", gibt Bernhard Kuster vom Spezialitätengeschäft "Vom Fass" zu verstehen. Seine Kunden würden oft größere Mengen einkaufen: "Ein paar Flaschen Essig, da kommen gleich mal ein paar Kilo zusammen", meint er. Auch bei Weinkartons sei es mühsam für die Kunden, alles tragen zu müssen, statt mit dem Auto vors Geschäft zu fahren: "Da war immer schon mein Zugang, dass man schnell herfahren kann", so Kuster. Die Entwicklung in der Stadt sei auch "nicht wirklich Anrainer-freundlich". Das Ganze wieder aufzurollen und zu prüfen, macht aus seiner Sicht Sinn. Es gebe zwar auch einen gewissen Gewöhnungseffekt, aber er sei nach wie vor für eine Begegnungszone. Diese würde auch die Zulieferung zu Geschäften erleichtern.

"Für den Markt ist es die falsche Politik"
Lisa Domingo Köhler aus Lindau ist seit 13 Jahren als Händlerin am Markt in Bregenz vertreten. Ihr Stand mit frischem Gemüse und Obst steht direkt an der Rathausstraße. Die Zuständigen müssen sich laut ihr überlegen, was für eine Stadt sie haben wollen: "Wenn man eine Innenstadt haben möchte, die dafür da ist, dass die Leute reinkommen, um ihre Freizeit hier zu verbringen, dann ist es genau die richtige Politik", meint sie gegenüber VOL.AT. Wenn man eine Stadt wolle, die für den Alltag der Menschen gemacht sei, dann sei es die falsche. "Und für den Markt ist es auch die falsche Politik. Ganz einfach, weil der Zugang zur Stadt erschwert wird", meint sie. In Lindau sei es genau so. Wenn sie schnell etwas erledigen wolle, mache sie es mittlerweile außerhalb der Stadt, so Domingo Köhler. "Früher haben die Leute fünf Kilo Orangen bei mir gekauft, jetzt sinds halt fünf Stück", verdeutlicht sie die Auswirkungen auf ihr Geschäft. Je weiter die Parkplätze weg seien, desto größer sei die Hemmung für Kunden, zu kommen. Man müsse sich anders organisieren – ob als Händler oder Bewohner.

Eines fiel beim VOL.AT-Lokalaugenschein in Bregenz auf: Viele der Händler und Passanten haben mittlerweile genug von der Diskussion um die Fußgängerzone. Mittlerweile zeigt sich so mancher Bregenzer – auch was die Händler angeht – geradezu genervt vom Hickhack und dem Hin und Her. Vor allem die Geschäftsbetreiber wollen sich aus der Diskussion heraushalten. "Das hätte man sich vielleicht vorher besser überlegen müssen. Man wird sehen, wo das hinführt", meint etwa eine Bregenzer Wirtschaftstreibende abseits der Kamera. Ihre Meinung habe sich nicht geändert. "Uns geht das jetzt nichts mehr an", erklärte auch einer ihrer Kollegen. Aus ihrer Sicht bleibt abzuwarten, wie der Verfassungsgerichtshof entscheidet.
(VOL.AT)
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