Dort hat der gebürtige Vorarlberger zwei junge argentinische Boxer begleitet, die in einem Bunker unter dem Bahnhof für ihre Chance auf ein besseres Leben kämpfen. Eine “herzzerreißende Passionsgeschichte” habe ihn nicht interessiert, so der Regisseur in einem Zeitungsinterview, “denn das sind ja grade Leute, die sich als Kämpfer neu entwerfen wollen”. Also bleibt er in “Boxeo Constitucion” (ab Donnerstag im Kino) schön distanziert und dennoch immer nahe dran.
Boxen für die Chance auf ein besseres Leben
Im Zentrum des Films stehen Federico und Colo, die sich in der unterirdischen Boxhalle ihrer Lebensrealität völlig bewusst sind, aber diese Umstände auch ändern wollen – nicht naiv, vielmehr hingebungsvoll, leidenschaftlich und voller Hoffnung. Sie quälen sich zu ihrem Debüt im Ring hin, und selbst ein Erfolg verspricht noch lange keinen Ausweg aus der prekären Lebenswelt. Aber er bietet zumindest ein Fünkchen Hoffnung. “Mit Boxen kommst du zwar nicht aus der Armut raus, aber als Arbeiter bist du noch schlechter dran”, zitiert Weingartner den amtierenden Kontinentalchampion und verweist auf die krassen ausbeuterischen Strukturen in der Arbeits- und Boxwelt Südamerikas.
Neugierig und doch respektvoll
Seine Doku ist dabei politisch, ohne mit dem Finger auf Missstände zeigen zu müssen, ist persönlich, ohne die Armut seiner Protagonisten auszustellen, ist präzise und neugierig, ohne dabei respektlos zu werden. Es ist ein Porträt der beiden jungen Boxer und ihrer Träume ebenso wie der Stadt und ihrer Schattenseiten. Und der Sport ermöglicht den idealen Rahmen für den Einblick in eine soziale Schicht, der selten auf Augenhöhe begegnet wird. “Man kann dem Boxsport ja einiges vorwerfen, angefangen mit der Zelebrierung eines archaischen Machismo, aber Opfer sind die Jungs da unten in der Halle bestimmt keine”, so Weingartner. “Dass einige Ex-Boxer in diesem Szenario eine Boxergewerkschaft gründen, davor habe ich großen Respekt.”
Zur Person Jakob Weingartner
Der Regisseur, geboren 1979 in Feldkirch, studierte Dokumentarfilm an der Universidad del Cine in Buenos Aires und drehte dort auch seine ersten Kurzfilme, heute lebt er ebenso wie sein älterer Bruder Hans Weingartner (“Das weiße Rauschen”, “Die fetten Jahre sind vorbei”) in Berlin. Auch seine Schwester Katharina Weingartner war mit Dokus wie “Sneaker Stories” bereits in Erscheinung getreten. “Boxeo Constitucion” hatte 2011 bei der Viennale die Uraufführung gefeiert und lief seither bei mehreren Festivals weltweit. Aktuell beschäftigt sich Jakob Weingartner mit den Armenvierteln von Rio de Janeiro im Schatten von Olympia 2016. Mit dem Stoff gastierte er heuer beim Berlinale Talent Campus.
“Boxeo Constitucion”: Trailer zum Film
(APA; Trailer: boxeoconstitucion.com)
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