Dabei sind etwa die Hälfte aller Herzinfarkte und 75 Prozent der Schlaganfälle darauf zurückzuführen, warnten am Mittwoch Fachleute bei einer Pressekonferenz in Wien. Der Anlass für die Aktivitäten ist der bevorstehende Welt-Hypertonie-Tag (17. Mai). Der Präsident der Österreichischen Gesellschaft für Hypertensiologie, der Wiener Kardiologe Jörg Slany: “Die Menschen haben Angst vor den Nebenwirkungen der Medikamente und Schwierigkeiten mit der Unsicherheit der Blutdruckmessung, aber keine Angst vor den (eigentlichen, Anm.) ‘Nebenwirkungen’ der Hypertonie.” – Eben Herzinfarkt, Schlaganfall, schleichendes Nierenversagen und Herzinsuffizienz.
Bereits ein Drittel der österreichischen Bevölkerung leidet an einem erhöhten Blutdruck. Im Laufe ihres Lebens betrifft die Hypertonie in den westlichen Industriestaaten 90 Prozent der Menschen. Der internationale Zielwert beim Blutdruck liegt bei einem Wert von 140/80 mmHg (systolischer Wert während der Pumpphase des Herzens/diastolischer Wert während der Ruhephase des Herzens).
Eine Beobachtungsstudie unter 546 Wiener Arbeitern zeigte deutliche Mängel in der Therapie: Knapp 65 Prozent der diagnostizierten und per Medikament behandelten Hypertoniker hatte weiterhin einen zu hohen Blutdruck. Slany: “Bei uns spricht man von einem unter Kontrolle gebrachten Blutdruck, wenn der systolische Wert bei 150 mmHg liegt.” Das ist viel zu hoch. Bei der Selbstmessung zu Hause sollte der Wert immer unter 135/85 mmHg betragen.
Trotz aller Bemühungen dürfte das Bewusstsein über die Problematik in der österreichischen Bevölkerung sogar schwinden. Anita Rieder vom Institut für Sozialmedizin der Universität Wien: “In einem 20-jährigen Beobachtungszeitraum hat sich gezeigt, dass das Wissen um den eigenen Blutdruck und die Häufigkeit der Messungen wieder zurückgehen.”
Die Forderungen der Experten:
– Jeder Mensch sollte zu Hause einen Blutdruckmesser haben und diesen auch – selbst wenn er kein Hypertoniker ist – von Zeit zu Zeit benutzen.
– Für die genaue Diagnose ist eine 24-Stunden-Messung notwendig. Dies wird aber derzeit in der niedergelassenen Praxis nur von den Gebietskrankenkassen in Salzburg und in der Steiermark in eingeschränktem Maß bezahlt.
Kaum in der Öffentlichkeit bekannt: Die Hypertonie ist der bedeutendste Risikofaktor für die Entstehung eines chronischen Nierenversagens, das mit Dialyse oder Transplantation bzw. dem Tod endet. Experte Bruno Watschinger: “Die Zahl der Dialysepatienten steigt in Österreich pro Jahr um fünf Prozent.” Auch das sei die Folge des Bluthochdrucks als Volksseuche. Im internationalen Vergleich dürfte Österreich ausgesprochen schlecht liegen. Aus den Daten über die Zahl der jährlichen rund 20.000 Schlaganfälle und 4.000 bis 5.000 Todesfällen ergibt sich, dass die Alpenrepublik bei der Häufigkeit des nicht ausreichend kontrollierten Bluthochdrucks mit Finnland an der Spitze liegt.
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