Gerade hat er es wieder getan: Der Schlinser Martin Rauch hat ein Haus gebaut. Für das wohl berühmteste Kräuterbonbon Europas, Ricola, hat er ein Gebäude aus Erde, genauer gesagt aus Lehm, gestampft. Entworfen wurde es von den Architekten Herzog & De Meuron, die in den vergangenen Jahren mit Gebäuden wie dem „Schwalbennest“ in Peking oder der Philharmonie in Hamburg für Aufsehen sorgten. Aber auch im Land gibt es eine Arbeit von Rauch, an welcher fast jeder Vorarlberger einmal im Leben vorbeikommt. Darauf ist er schon stolz. Gemeint ist die Lehmwand im Landeskrankenhaus Feldkirch, seinem Schlüsselprojekt: „Das war 1990 der Startschuss für meine eigene Werkstatt.“
Uralte Bauweise
Seitdem hat der Lehmbaukünstler nicht nur in Vorarlberg und jetzt im schweizerischen Laufen Wände aus dem Boden gestampft und zahlreiche Preise gewonnen. In Berlin hat er die Versöhnungskirche gebaut, den Künstler Olafur Eliasson bei seiner Installation im Kunsthaus Bregenz unterstützt, in Saudi-Arabien Bauherren beraten, mit Harvard-Studenten Lehmwände vor der Universität hochgezogen.Lehm ist der älteste Baustoff der Welt. Jedes dritte Haus ist weltweit daraus gebaut. Hierzulande kann man sie an einer Hand abzählen. Die uralte Bauweise ist mit der Zeit verlorengegangen. Rauch hat sie wieder ausgegraben. Das Material, das er verwendet, wird nicht von weither angekarrt. „Lehm ist ein unbegrenzter Rohstoff, den es überall gibt“, schwärmt er. Das Material stammt aus der Region, oftmals wird es direkt am Baugrund ausgehoben. Nachhaltigkeit ist für Rauch nicht nur ein Schlagwort, sondern Lebenseinstellung.
Lehm fasziniert den Schlinser seit vielen Jahren. In der Werkstatt seines Vaters, der als Künstler arbeitete, konnten sich die sieben Geschwister früh austoben. Mit 16 schmiss Rauch das Gymnasium und wechselte an die Keramikerschule im Burgenland. Den Ton zu brennen, machte für ihn aber irgendwann keinen Sinn mehr. „Während alle anderen die Temperatur nach oben geschraubt haben, habe ich sie hinuntergedreht“, erzählt er. So lange, bis er schlussendlich ganz auf den Ofen verzichtete und beim ursprünglichen Baustoff ankam. Nach dem Studium an der „Angewandten“ in Wien zog es ihn nach Vorarlberg zurück.
Ohne Zusätze
An permanente Skepsis hat er sich gewöhnt. Schließlich verwendet er ein prinzipiell wasserlösliches Material, das ohne Zusätze und Chemie auskommt, das von Menschen zusammengestampft wird. Sein erster Auftraggeber war sein Bruder. Den musste er nicht lange überzeugen. Auch Martin Rauchs Haus ist aus Lehm gebaut. Das Material wurde direkt am Bauplatz ausgehoben. Der 56-Jährige schwört darauf, dass man in Lehmbesser lebt. „Die Wände gleichen das Raumklima aus. Sie vermitteln Geborgenheit. Ein Haus ist schließlich die dritte Haut des Menschen.“ Teurer ist es, das streitet er nicht ab. Der Aufbau ist schließlich arbeitsintensiv. Aber es lohnt sich.
Jedes Projekt ist für ihn ein neues Experiment. „Es braucht viel Erfahrung“, erzählt er. Würde man nur einen Bruchteil der Forschungsgelder in den Bereich investieren, wäre noch viel mehr möglich. „Aber Lehm hat leider keine Lobby.“
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