AA

Besorgte Lehrkräfte resignieren – Hilferuf nach Randalevideo an Rankweiler Mittelschule

Eine besorgte Lehrkraft spricht über die Situation an ihrer Schule.
Eine besorgte Lehrkraft spricht über die Situation an ihrer Schule. ©Mayer/Canva
Joachim Mangard (VOL.AT) joachim.mangard@russmedia.com
Jugendliche stiegen in den Ostteil der Einrichtung ein, verwüsteten einen IT-Raum und stellten ein Video der Aktion online. Eine besorgte Lehrkraft spricht nun mit VOL.AT über erschütternde Zustände, mit denen die erfahrene Lehrerin beinahe täglich konfrontiert sei.
Video: Jugendliche randalierten in der Mittelschule

Nicht nur innerhalb des Lehrkörpers sorgen die im Netz kursierenden Aufnahmen jener Jugendlichen, die eine Spur der Verwüstung durch die Rankweiler Schule zogen, für Kopfschütteln.

Eine Lehrkraft, die aus nachvollziehbaren Gründen anonym bleiben möchte, zeichnet ein besorgniserregendes Bild von fehlendem Autoritätsbewusstsein, mangelndem Respekt und verbalen Übergriffen, gerade gegenüber weiblichen Lehrpersonen.

Wertebewusstsein bleibt offenbar auf der Strecke

"Dass sich immer weniger Personen für unseren Berufsstand entscheiden, kann ich angesichts der aktuellen Tendenzen in unserer Gesellschaft gut nachvollziehen. Schuld sind aber weniger die Kinder, sondern insgesamt eine Zeit, in der das Wertebewusstsein auf der Strecke bleibt", schildert die erfahrene Lehrkraft, die in Rankweil unterrichtet, im Gespräch mit VOL.AT.

Wenige Tage nach Bekanntwerden der Aufnahmen, die besonders dreiste Jugendliche zeigen, wie sie Schulinventar, Computer-Bildschirme oder Stühle mutwillig zerstören, ist der Clip auch innerhalb des Lehrcorpus Gesprächsthema Nummer eins. "Die Namen der auf dem Video zu sehenden Schüler habe man bereits wenig später gekannt. Abgesehen von der sinnlosen Zerstörungswut haben wir uns alle gefragt, ob sich die Jungen nicht bewusst waren, dass sie erwischt würden, oder ob es ihnen schlichtweg egal gewesen sei", führt die seit Jahren unterrichtende Lehrerin weiter aus.

"Uns sind die Hände gebunden"

Respektlosigkeiten, gerade gegenüber weiblichem Schulpersonal, kenne sie nur zu gut, auch wenn sie nicht alle Schüler und Schülerinnen über einen Kamm scheren wolle. "Man wirft uns oft vor, gerade in Bezug auf Disziplin zu wenig konsequent durchzugreifen. Aber uns sind die Hände gebunden, denn mehr als die betroffenen Schüler zum Schulpsychologen oder Schul-Sozialarbeiter zu schicken, bleibt uns nicht viel übrig", erzählt die Pädagogin. Und bis es zu einer Suspendierung oder gar einem Schulverweis komme, bedürfe es viel.

"Gerade als Frau muss man sich viel gefallen lassen, da gewisse Schüler eine prinzipielle Abneigung gegenüber weiblicher Autorität entwickelt haben. An einer Schule, an der ich vorher unterrichtet habe, ging das Ganze so weit, dass man es mit der Angst zu tun bekam", zeichnet die Lehrerin ein erschreckendes Bild. Die Schuld liege aber nicht bei den Kindern und Jugendlichen selbst, sondern habe viele Gründe: "Schulischer Druck, eine extrem schnelllebige Gesellschaft und die fehlende Zeit der meist beiderseitig berufstätigen Eltern für ihre Kinder lasten schwer auf dieser Generation. Und dann kommt noch Social Media dazu, das den Schülern und Schülerinnen auch aufgrund fehlender Einschränkungen ein vollkommen falsches Wertesystem vermittelt." Außerdem sei der Verlust der Ausdrucksfähigkeit in der deutschen Sprache ebenfalls ein direktes Resultat daraus.

Die Schule ist in einen West- und Ost-Flügel unterteilt. ©Mayer

"Aggressivität, Ausgrenzung und herablassende Kommentare"

Das weitaus größere Problem, das ebenfalls durch die neuen Medien befeuert würde, sei aber Mobbing. "Aggressivität, Ausgrenzung und herablassende Kommentare gegenüber jenen, die sich nicht wehren, unterstreichen einmal mehr, dass es den Kindern an einem moralischen Kompass fehlt. Und hier wird uns dann auch gerne vonseiten der Eltern der 'Schwarze Peter' zugespielt und das Fehlverhalten eines Kindes auf die mangelnde Kompetenz der Pädagogen zurückgeführt", kritisiert die an der Einrichtung tätige Lehrperson.

Das Video von der Rankweiler Schule sorgte für Schlagzeilen. ©Mayer

"Sorgen mache ich mir um die
Entwicklung unserer gesamten Gesellschaft"

An der in den Ost- und Westflügel unterteilten Mittelschule in Rankweil käme es auch auf den Pausenhöfen zu Auseinandersetzungen. "Natürlich gehen wir Lehrkräfte dazwischen, dann handelt es sich laut den Beteiligten aber meistens nur um 'Spaßkämpfe'", führt sie gegenüber VOL.AT aus. Dass es unter den rund 400 bis 500 Schülerin und Schülerinnen, die in den beiden Einrichtungen unterrichtet werden, mal zu Reibereien kommen würde, sei an sich nicht ungewöhnlich. Und sie würde auch nie auf die Idee kommen, die gesamte Schülerschaft zu verteufeln, obgleich sie sich Sorgen um die Zukunft macht: "Auch wenn es einzelne Härtefälle gibt, gestaltet sich das Schulleben in Rankweil im Großen und Ganzen harmonisch. Sorgen mache ich mir eher um die Entwicklung unserer gesamten Gesellschaft, in der für Moral, Anstand und Respekt offenbar nicht mehr viel Platz bleibt."

Am Schulhof komme es gelegentlich zu Auseineinadersetzungen. ©Mayer

(VOL.AT)

  • VOL.AT
  • Vorarlberg
  • Besorgte Lehrkräfte resignieren – Hilferuf nach Randalevideo an Rankweiler Mittelschule