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Berufswelt 2.0 setzt Mitarbeiter unter Druck

Neue Informationstechnologien haben unsere Arbeitswelt dramatisch verändert.

Die rasanten Veränderungen in der Arbeitswelt – getrieben vor allem von der Informationstechnologie – und das Verschwimmen von Berufs- und Privatleben machen eine völlig neue Unternehmenskultur notwendig. Nur so könnte die Produktivität des Einzelnen gesteigert und gleichzeitig die Arbeitszufriedenheit erhöht werden, so Experten bei einer Diskussion der APA-E-Business-Community in Wien.

Produktivitätsverluste

„Alle elf Minuten werden wir durch eintrudelnde E-Mails, Telefonate oder Kollegen unterbrochen. Danach machen aber 40 Prozent der Mitarbeiter etwas anderes als zuvor, wodurch massive Produktivitätsverluste auftreten“, erklärte Josef Herget, Leiter des Zentrums für Wissens- und Informationsmanagement an der Donau-Universität Krems. Die „Always on“-Mentalität nehme zu und die Krankheitstage wegen Burn-out hätten sich in den vergangenen zehn Jahren verdoppelt. „Dieser Trend scheint nicht abzunehmen. Irgendwas läuft da falsch. Wir sind produktiver geworden, aber in vielen Bereichen auf Kosten der Menschen“, so Herget. Die Arbeit verfolge uns in die Freizeit. Erholungsphasen würden durchlöchert oder seien gar nicht mehr vorhanden. Die Autonomie im Büro gehe zurück, weil technische Systeme den Arbeitsablauf bestimmen und Wissens- zu Fließbandarbeitern machen würden. „Die totale Kontrolle ist – zum Beispiel im Call Center – Realität, wenn auf die Sekunde ausgewertet werden kann, wer wie viele Gespräche wie lange geführt hat.“

Ständige Erreichbarkeit

Betriebe und Führungskräfte müssten sich schleunigst etwas überlegen, sagte Silvia Hruska-Frank von der Arbeiterkammer. „Auch wenn es nicht angeschafft wurde, hat sich da viel eingebürgert. Welcher Chef hat früher am Wochenende am Festnetztelefon angerufen und ist davon ausgegangen, dass sofort abgehoben oder zumindest zurückgerufen wird?“, so Hruska-Frank. Die permanente Erreichbarkeit könne auch gesundheitliche Probleme mit sich bringen. Außerdem passe die finanzielle Gegenleistung zumeist nicht dazu, „dass Arbeitnehmer oft nicht einmal wissen, wann sie eigentlich Freizeit haben“. Die technologische Entwicklung biete aber durchaus auch Vorteile, zum Beispiel wenn sie die Vereinbarkeit von Beruf und Familie, die Effizienz und damit die Zufriedenheit im Job verbessere. „Die Unternehmen haben ja ein Interesse daran, dass die Mitarbeiter nicht ausbrennen. Die Gefahr wird aber größer“, meinte Gerhard Laga von der Wirtschaftskammer Österreich. Das müssten sowohl Arbeitgeber als auch Arbeitnehmer erkennen und gemeinsam Richtlinien erarbeiten, um Klarheit und Transparenz über Erwartungen und Verantwortlichkeiten zu schaffen. „Wenn neue Werkzeuge eingeführt werden, müssen auch alte wegfallen. Sonst findet eine Überforderung statt“, so Laga. „Die große Herausforderung auf dem Weg in Richtung Enterprise 2.0 liegt nicht auf einer technischen Ebene, sondern primär auf der Ebene der Unternehmenskultur“, gab sich auch Peter Rass von der A1 Telekom Austria AG überzeugt: „Man muss den Mitarbeitern Vertrauen und Wertschätzung entgegenbringen.“ Ziel sei, Know-how zu verknüpfen. Früher habe man versucht, Wissen aus Personen mittels Software und Datenbanken zu extrahieren. Das sei grandios gescheitert. (Vorarlberger Nachrichten)

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