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Benkos schlimme Party

Johannes Huber erklärt in seinem Gastkommentar, warum der Fall des Milliardärs Rene Benko so spektakulär ist.
Johannes Huber erklärt in seinem Gastkommentar, warum der Fall des Milliardärs Rene Benko so spektakulär ist. ©APA/dpa/Frank Rumpenhorst (Sujet)
Gastkommentar von Johannes Huber. Warum der Fall des Tiroler Milliardärs so spektakulär, vor allem aber auch gefährlich ist.

Das Ganze mutet ein bisschen an wie Filmszenen aus den goldenen 20er Jahren des vergangenen Jahrhunderts. Die Schönen und Reichen machen Party. Mitten unter ihnen ein Selfmademan, der mit 40 Milliardär war und zu den vermögendsten Österreichern zählt(e): René Benko, für Vertraute einfach nur René. Wenn er in Wien zum sogenannten „Törggelen“ lud, einem Südtiroler Brauch, bei dem es einfach nur darum geht, Wein zu trinken und gesellig zu sein, dann kamen fast alle: Jeweils amtierende Regierungschef:innen wie Sebastian Kurz (ÖVP) oder Brigitte Bierlein, Oppositionsvertreterinnen wie seinerzeit Pamela Rendi-Wagner (SPÖ), aber auch andere Promis, die man aus den Seitenblicken kennt.

Schlimm? Bis hierher exakt gar nicht. Schlimm ist vieles weitere: So schnell wie Benko reich geworden ist, sind seine Signa-Gesellschaften gewachsen. Auf ein solides Fundament ist dabei gepfiffen worden: Wie der deutsche Handelsexperte Gerrit Heinemann in einem ZIB2-Interview ausführte, wurde auf null Zinsen und überwertete Immobilien gesetzt. Sprich: Früher oder später musste es zum Kollaps kommen.

Das Problem ist, dass dafür auch Banken, die teilweise sogar in öffentlichem Eigentum stehen, Geld geliehen haben (Raikas und eine Hypo); und dass die Politik Benko und seinen Gesellschaften gerne „serviceorientiert“ zur Hilfe eilte, wenn sie darum baten (unter Kurz zum Beispiel beim Kauf des ehemaligen Leiner-Gebäudes in der Mariahilfer Straße). 

Ein moralisches Problem ist, dass sich ehemalige Politiker wie Ex-Kanzler Alfred Gusenbauer (SPÖ), Susanne Riess (FPÖ) und zuletzt Ex-Kanzler Kurz von Benko einspannen ließen, für ihn tätig zu sein. Das ist nicht strafbar, sondern ihr Recht. Sie durften dafür auch so viel verlangen, wie er bereit war zu zahlen. Das nennt sich Marktwirtschaft.

Heute ergeben sich aus alledem jedoch ein paar verhängnisvolle Eindrücke für die Allgemeinheit, wie man schwer widerlegen kann. Erstens: Wenn man sich um nichts schert, sondern einfach nur schaut, wie man zu Geld kommt, hat man Chancen, es wirklich weit zu bringen. Zweitens: Verhaberung lohnt sich. Drittens: Banken spielen mit. Genauso wie Investoren. Sie lassen sich ebenfalls blenden. Viertens: Kleine Leute sind die Dummen.

Man muss es in dieser Deutlichkeit sagen: Die Sache Signa/Benko ist ein Politikum. Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) mag es bestreiten. Er hat jedoch Angst, wegen Kurz in die Sache hineingezogen zu werden. Das darf keine Rolle spielen. Konsequenzen sind nötig: Unternehmerisches Tun muss Regeln gehorchen, deren Einhaltung streng kontrolliert wird, damit Vertrauen widerentsteht. Auch Politik braucht Regeln, wie sie mit Unternehmen umgeht. Für Regierungsmitglieder sollte es nach dem Ausscheiden aus dem Amt am besten eine „Cool off“-Phase geben, in der sie ihren Zugang zur Macht nicht zu ihrem Beruf machen und im Sinne des Bestbieters nützen dürfen.

Solche Schritte sind wichtig, damit ein gewisser Glaube an (Chancen-)Gleichheit und Gerechtigkeit für alle Bürgerinnen und Bürger, ob Selbstständige oder Unselbstständige oder auch Nicht-Erwerbstätige, wiederhergestellt wird. Dieser Glaube ist ramponiert. Das ist gefährlich. Anders ausgedrückt: Es braucht ihn, damit sich Demokratie halten kann.

Johannes Huber betreibt den Blog dieSubstanz.at – Analysen und Hintergründe zur Politik

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