Josef Muchitsch ist nicht irgendwer. Er ist Chef der „Fraktion Sozialdemokratischer GewerkschafterInnen“ (FSG). In der parteiinternen Hackordnung steht er beinahe auf der Höhe des Wiener Bürgermeisters Michael Ludwig, jedenfalls aber jener der Landeshauptleute Peter Kaiser (Kärnten) und Hans Peter Doskozil (Burgenland).
Seine Worte haben Gewicht: SPÖ-Vorsitzender Andreas Babler ist ihm zu links, wie er diese Woche über die „Kleine Zeitung“ wissen ließ. Babler dürfe „nicht als Schreckgespenst der Wirtschaft dastehen“. Außerdem sollte er bei seinen Forderungen nach einer 32-Stunden-Woche und einer Vermögensbesteuerung flexibel sein.
Muchitsch verlangt eine Kurskorrektur und ist damit nicht allein. Ludwig und Kaiser machen keinen Hehl daraus, dass sie gerne eine Regierungszusammenarbeit mit der ÖVP hätten. Etwas, was Babler eher widerstrebt. Doskozil wiederum betont, dass er eine Koalition mit der FPÖ „nicht per se“ ausschließen würde. Womit er wieder einmal deutlich gemacht hätte, dass er sich von Babler unterscheidet. Mit diesem ist eine solche Koalition grundsätzlich schwer vorstellbar.
Was Muchitsch und Genossen hier betreiben, ist nichts anderes als eine Demontage von Andreas Babler. Fragen der inhaltlichen Ausrichtung und dergleichen würden diesem obliegen. Das wäre hiermit jedoch bezweifelt.
Außerdem: Dass er ein Linker ist und gerne eine Regierungszusammenarbeit mit Neos und Grünen hätte, war schon vor seiner Wahl zum SPÖ-Vorsitzenden bekannt. Besser: Durch seine Wahl zum SPÖ-Vorsitzenden ist das in Kauf genommen worden. Darüber sollte man jetzt nicht hinwegtäuschen.
Wer jetzt ein Problem sieht, hat drei Möglichkeiten: A) Sich im Geheimen ärgern. B) Hinter verschlossener Tür ein ernstes Wort mit Babler reden und, wenn das nichts nützt, parteiintern eine Mehrheit für eine Ablöse suchen. Oder C) zulassen oder gar dafür sorgen, dass die Öffentlichkeit erfährt, dass man unzufrieden ist und es anders anlegen würde. Genau das ist jedoch das Letzte, es ist schlicht parteischädigend.
Die SPÖ steht wieder einmal da wie ein zerstrittener Haufen. Die Überraschung hält sich in Grenzen: Babler ist nicht zum Vorsitzenden gewählt worden, weil er ein Linker ist und eine Ampelkoalition anstrebt, sondern weil man durch ihn Doskozil verhindern konnte. Dieser hat das bis heute nicht verwunden und viele weitere Spitzenfunktionäre sind nie zu Babler-Fans geworden.
Der Traiskirchner Bürgermeister hätte Muchitsch, Ludwig und Co. erst für sich gewinnen müssen. Wie? Ganz einfach, aber halt doch verdammt schwer: Er hätte einen so starken Stimmungsumschwung zugunsten der SPÖ erreichen müssen, dass sie heute die Chance auf Platz eins und das Kanzleramt hätte. Dann hätte kein Genosse ein Problem mit ihm.
Dass ihm das bisher nicht gelungen ist, liegt schon auch an ihm selbst: Er hat viele einzelne Forderungen erhoben und teilweise, durch länger zurückliegende Aussagen zur EU etwa, halt auch verstört; er hat vor allem aber keine Erzählung für eine Masse gefunden, die diese zu SPÖ-Anhängern macht. Gerade er, der von der Basis kommt, hat noch keine Graswurzelbewegung zustande gebracht, die ihn unabhängig davon macht, was Kritiker aus den eigenen Reihen über ihn sagen oder einzelne Medien über ihn schreiben. Das ist seine Misere.
Johannes Huber betreibt den Blog dieSubstanz.at – Analysen und Hintergründe zur Politik
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