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"Ausgebildete Studenten wieder fürs Land gewinnen"

Anna Hilti im W&W-Sonntagstalk.
Anna Hilti im W&W-Sonntagstalk. ©Sams
Anna Hilti (34), neue Vorstandvorsitzende der Jungen Industrie und GF bei Hilti & Jehle, über Herausforderungen der Wirtschaft, "Expats", warum sie Elon Musk und Greta Thunberg zum Essen einladen würde und welche schwedische Punkrock-Band ihr Favorit ist.

WANN & WO: Seit Juli bist du im Vorstand der Industriellenvereinigung und Vorsitzende der Jungen Industrie. Schon oft mit Martin Ohneberg (IV-Präsident) telefoniert?

Anna Hilti: Noch nicht (lacht),  aber es werden bestimmt einige Telefonate folgen.

WANN&WO: Wofür steht die Junge Industrie und welche Themen
stehen an?

Anna Hilti: Wir sind in erster Linie eine Interessensvertretung und ein JungunternehmerInnen-Netzwerk. Es gibt verschiedene Formate wie Be­­triebsbesichtigungen, Mittagsstammtische oder Afterwork-Treffen. Mitglieder sind Jungunternehmer­Innen aus der Industrie und aus industrienahen Unternehmen bis zu einem Alter von 40 Jahren. Ein Schwerpunkt ist das Thema Kinderbetreuung. Darum müssen wir uns dringend kümmern. Es gibt in Vorarlberg noch zu wenig Betreuungsplätze. Zudem starten wir ab Herbst in Kooperation mit der Jungen Wirtschaft ein Mentoringprogramm. Dabei kommt es zum Austausch mit spannenden Persönlichkeiten aus der Wirtschaft. Am 16. September geht dann unsere Netzwerk-Veranstaltung „Vibe“ im Conrad Sohm über die Bühne.  

WANN & WO: Vor welchen Heraus­forderungen steht die Industrie?

Anna Hilti: Neben dem Kostendruck bei den Rohstoff- und Energiepreisen ist ein zentrales Thema der Industrie bzw. generell des Standortes Vorarl­berg, dass viele junge Menschen das Land für ihr Studium verlassen und nicht mehr zurückkehren. Diese „High Potentials“ fehlen folglich am heimischen Arbeitsmarkt. Wir müssen sie für unsere Unternehmen zurückgewinnen. Diesbezüglich gibt es bereits eine Kooperation mit der Hochschule St. Gallen. Mehr Initiativen folgen. 

©Sams

WANN & WO: Eine andere Möglichkeit an Fachkräfte zu kommen, ist der von der „IV“ favorisierte „Expat“-Service. Österreich ist allerdings nicht bei allen hochqualifizierten Arbeitskräften aus dem Ausland die erste Adresse.

Anna Hilti: Leider hat Österreich in einer aktuellen Studie von „InterNations“ bezüglich „Expats“ (Anm. „Expatriate“, meist hochqualifizierte Fachkräfte) in verschiedenen Bereichen nicht gut abgeschnitten. In Sachen Freundlichkeit liegen wir von 52 Ländern sogar nur auf dem vorletzten Rang. Wir machen diesen Punkt zwar mit der Lebensqualität etwas wett, aber es gibt die dringende Notwendigkeit, dass wir für ausländische Fachkräfte als Standort attraktiver werden. Hier setzt der „Expat“-Serivce der „IV“ an. Das Netzwerk der Jungen Industrie  kann beim „Onboarding“ dieser „Expats“ in Vorarlberg mithelfen, damit diese im Land besser integriert werden. Wir sind eine junge Truppe, jeder kann sich bei uns melden.

WANN & WO: Vor welchen weiteren Herausforderungen stehen aktuell JungunternehmerInnen?

Anna Hilti: Neben der Arbeitskräfte-Suche geht es auch um standort­politische Faktoren, sprich Betriebsgenehmigungen, An­­­siedelungen oder Behördenverfahren, die zu lange dauern. Natürlich sind auch hier die Preissteigerungen und dabei vor allem der Kostendruck bei Rohstoff- und Energiepreisen akut.  

WANN & WO: JungunternehmerInnen sollten auch gute Führungskräfte sein. Was ist diesbezüglich wichtig?

Anna Hilti: Dass die Führungskraft Ziele und Visionen hat, an denen man sich orientieren kann. Es geht darum, die Mitarbeiter­Innen abzuholen und nicht nur eine Richtung vorzugeben. Es ist wichtig, dass man gesteckte Ziele gemeinsam erreicht.

WANN & WO: Zu Hilti & Jehle. Du bist in der fünften Generation für das Unternehmen tätig. Was sind deine Aufgaben?

Anna Hilti: Ich bin auf der Eigentümerseite in der Vermögensverwaltung beschäftigt. Zu meinen Aufgaben zählt mitunter die Projekt­entwicklung, etwa im Immobilienbereich.

WANN & WO: Zum Immobilienbereich zählt auch der Wohnbau. Welche Ansätze gäbe es, Projekte günstiger realisieren zu können?

Anna Hilti: Die Bürokratie ist sicherlich ein wichtiger Faktor. Es gibt viele Gesetze respektive Förderrichtlinien, die auch das Bauen teurer machen. Darüber hinaus ist in der Prozessoptimierung (von der Projektidee bis zur Fertigstellung) Luft nach oben. Im Bau haben wir beispielsweise das Problem, dass die Prozesse auf ganz viele Personen aufgeteilt sind und jeder nur seinen kleinen Teilbereich sieht. Hier kann man aus meiner Sicht den Ablauf nachhaltig verbessern. Desweiteren ist gerade in Vorarlberg der Qualitätsstandard sehr hoch. Das kostet Geld. Ein Beispiel: In fast jedem Gebäude gibt es einen Lift, der letztlich auch für hohe Betriebskostenabrechnungen verantwortlich zeichnet. Ja, man kann günstiger bauen, aber dann muss man auch die Wert- und Qualitätsdiskussion führen. Bei den Grundstücken braucht es eine aktive Bodenpolitik, im Rahmen derer man auch über Dichte und Höhe nachdenken muss.

Kurz gefragt

  • Du bist Gastgeberin für einen Abend. Welche zwei prominenten Gäste lädst du ein? Ich fände die Kombination Elon Musk und Greta Thunberg interessant. Thunberg will die Welt retten und Musk vertritt den Standpunkt, dass wir eh auf den Mars fliegen. Das wäre sicherlich eine spannende Diskussion.
  • Du darfst eine Band für ein Wohnzimmerkonzert bei dir einladen. Wen engagierst du? Es wird eine Band aus dem härteren Bereich. Die Wahl fällt auf die schwedische Punkrock-Band „Refused“.
  • Du verbringst einen Abend in Feldkirch. Wo hin geht es? Aufs Poolbar-Festival. Das ist jedes Jahr ein Muss.
  • Aktuell meist genutzte App? Meteo Swiss. Wetter beschäftigt uns im Bau und mich auch in der Freizeit, da ich gerne draußen bin.
  • Welche Serie streamst du? Ehrlich gesagt lese ich lieber Bücher und bin nicht sonderlich auf Streamingportalen unterwegs.

(WANN & WO)

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